
Das Autorenduo Dirk Husemann und Jutta Wieloch stellten den unter dem Namen Luca Fontonella veröffentlichten zweiten Band ihrer Toskana-Krimi-Reihe vor. © Foto Textoris
„Der Tote im Weinberg“: Autoren-Duo schafft bei Lesung besondere Atmosphäre
Literatur
Dort, wo hunderte Bücher stehen, gaben Jutta Wieloch und Dirk Husemann bei einer Lesung den zweiten Band ihrer Toskana-Krimi-Reihe zum Besten. Dabei spielte auch ein Holzlöffel eine wichtige Rolle.
Wolfram Kuschke - als Vertreter des westfälischen Literaturbüros Unna, dem Veranstalter des größten Europäischen Krimifestivals „Mord am Hellweg“ - brachte es mit einer rhetorischen Frage auf den Punkt: „Wann sind Sie zum letzten Mal bei Amazon zu einer Lesung eingeladen worden?“ Die Antwort war: „Noch nie.“ Darin unterscheidet sich der örtliche Buchhandel vom Internet-Verkäufer. Heidi Vakilzadeh und ihr Team hatten am Donnerstagabend (20. Oktober) zu einer Autorenlesung in ihre Lippe-Buchhandlung zum hautnahen Literatur-Erleben eingeladen - in eine Örtlichkeit, in der das Medium Buch mannigfach präsent ist und der Geist der Literatur durch den Raum weht.
Dass sich dieses Gefühl bei den Zuhörerinnen und Zuhörer einstellte, lag auch an dem Autoren-Duo Jutta Wieloch und Dirk Husemann, die unter dem klangvollen Namen Luca Fontanella den zweiten Band ihrer Toskana-Krimi-Reihe mit dem Titel „Der Tote im Weinberg“ präsentierten. Dirk Husemann, der den Lesepart übernommen hatte, verstand es, durch seine Vortragsweise und die ausgewählten Textstellen dem Publikum sehr schnell klar zu machen, dass dieser Roman viel mehr ist als ein herkömmlicher Krimi, dass die Krimistory ein Vehikel ist, um auch noch ganz andere Inhalte an die Leserinnen und Leser heranzubringen.
Buch spricht Gefühle und Geschmacksinne an
Hier wird nicht aus Effekthascherei ein kaltblütiger Mord an den anderen gereiht. Hier geht es um Charakter- und Mentalitätsbeschreibungen, sowohl bei den Haupt- als auch bei den Nebenpersonen der Handlung. Hier geht es um ethische Werte, wie den immer wieder auftauchenden Begriff „Vertrauen“ und um die Erkenntnis, dass auch auf die schiefe Bahn geratene Individuen eine zweite Chance verdient haben. Erstaunlich, wie es den beiden Autoren gelingt, trotz gleichgewichtiger, aber nicht zeitgleicher Arbeitsteilung beim Schreiben die Charaktere der Personen widerspruchslos zu entwickeln.

Beim Vorlesen regte Dirk Husemann Gefühle und Sinne der Zuhörer an. © Diethelm Textoris
Das Buch spricht aber auch Gefühle und Sinne an. Da geht es um das Verhältnis von Vater Angelo und Sohn Sergio Panda, um die tiefe Liebe zwischen Sergio und Julia, um Kollegialität und Kameradschaft. Die Geschmackssinne werden durch die beschriebenen Gerichte gereizt und besonders durch die mehrfach erwähnte Schokocreme als Dessert. Angesprochen werden auch die Reiselust und die Sehnsucht, die Toskana und besonders die mittelalterliche Stadt Volterra einmal persönlich kennen zu lernen.
Leser profitieren von Besuchen in Italien
Das Autorenduo hat diesen Ort mehrfach besucht, manchmal für mehrere Wochen, und dabei auch am örtlichen Leben teilgenommen. Davon profitieren die Leserinnen und Leser, denn sie bekommen detailgetreue Ortsbeschreibungen, Stimmungsbeschreibungen aus der Trattoria und Einblicke in die in diesem Ort üblichen Spitznamen für die Bewohner.
Durch das Vorlesen ergibt sich noch ein weiterer Effekt. Wenn man selbst lesend dem Spannungsbogen folgt, kann man sehr schnell Feinheiten überlesen. Husemann machte durch seine Vortragsweise, manchmal mit Geräuschkulisse mit Hilfe eines Holzlöffels, gerade auf diese Textpassagen aufmerksam.

Zuhörerinnen und Zuhörer - wie hier Erika Eschert - nahmen ein signiertes Exemplar vom "Toten im Weinberg" mit nach Hause. © Textoris
Auch die ausgewählten unterschiedlichen Schauplätze wie eine verfallene Ruine und Handlungsabläufe bis hin zu einer stuntreifen Verfolgungsjagd machten dem Vortrag so interessant, dass bei einer Veranstaltungsdauer von mehr als zwei Stunden zu keiner Zeit Langeweile aufkam. Und auch danach blieb noch ausreichend Zeit zur Fragenbeantwortung und für kurze Gespräche, denn schließlich war es für das Autorenduo mit den Lüner Wurzeln ein Heimspiel, bei dem sie viele alte Bekannte begrüßen konnten.