Dachdecker-Azubi Louis Schrinner (23) schwärmt von Ausbildung im Handwerk

Von Kevin Kohues
Dachdecker-Azubi Louis Schrinner schwärmt von Ausbildung im Handwerk
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Louis Schrinner hat in seinem Leben beruflich schon einiges ausprobiert, arbeitete in der Pflege, beim Gesundheitsamt und als Fachinformatiker. Mit 23 Jahren ist er nun Auszubildender im ersten Lehrjahr im Dachdeckerbetrieb von Gregor Weigelt in Schwerte – und rundum zufrieden. „Ich hatte schon mein Praktikum im 10. Schuljahr in dem Betrieb gemacht“, sagt Schrinner, „dachte dann aber, dass es vielleicht nicht das Richtige für mich ist.“

Bei ihm war es also eine Art Liebe auf den zweiten Blick, denn was Schrinner über seinen Ausbildungsberuf berichtet, klingt sehr erfüllend. „Ich bin viel draußen und sehe nach der Arbeit, was ich geschaffen habe. Wenn ich mit Freunden durch eine Straße gehe und ihnen zeigen kann, dass dieses oder jenes Dach von mir ist, macht mich das stolz.“

Ein starkes Team (v.l.): die Dachdecker-Azubis Louis Schrinner und Julian Bartlau mit "ihren" Meistern Gregor Weigelt (Inhaber Firma Dachdecker Weigelt) und Nils Wimper.
Ein starkes Team (v.l.): die Dachdecker-Azubis Louis Schrinner und Julian Bartlau mit „ihren“ Meistern Gregor Weigelt (Inhaber Firma Dachdecker Weigelt) und Nils Wimper. © Kevin Kohues

Sorgen um seine berufliche Zukunft muss sich Louis Schrinner nicht machen. Die Auftragslage im Betrieb ist gut und sie wird es absehbar auch bleiben. „Viele denken ja, wir legen nur Pfannen aufs Dach“, sagt Dachdecker-Meister Nils Wimper (27). Doch weit gefehlt: Dachdecker sind auch bei Dämmung, Dachbegrünung und Photovoltaik-Anlagen gefragt und damit in Zeiten der Klima- und Energiekrise immer stärker.

Wimper ist einer von 14 Mitarbeitern im Familienbetrieb von Dachdecker-Meister Gregor Weigelt. Der 55-Jährige hat seit der Gründung seiner Firma 1996 bereits über 20 jungen Menschen den Start ins Berufsleben ermöglicht und bildet aktuell mit Julian Bartlau (drittes Lehrjahr) neben Louis Schrinner einen weiteren Azubi aus. Fachkräftemangel kennt der Obermeister der Dachdecker-Innung Unna also zumindest in seinem eigenen Betrieb nicht.

Karriere im Handwerk: „Da guckt manch ein Studierender dumm aus der Wäsche“

Doch insgesamt, das weiß natürlich auch Weigelt, sieht es im Handwerk nicht ganz so rosig aus. Es gebe weiterhin einen starken Trend zum Studieren, Eltern und Lehrer vernachlässigten oft den Wert einer dualen Ausbildung. „Dabei kann man gerade heute wie kaum je zuvor Karriere im Handwerk machen. Und gut verdienen kann man auch, da guckt manch ein Studierender dumm aus der Wäsche“, sagt Weigelt.

Sein junger Meister Nils Wimper pflichtet ihm bei: „Jeder versucht heute Abi zu machen und meint, er müsse irgendwas studieren. Dabei funktioniert doch das Leben ohne Handwerk gar nicht.“

Stellten die Ausbildungszahlen im Handwerk vor (v.l.): Arbeitsagentur-Chef Thomas Helm, Kreishandwerksmeister Christoph Knepper und Detlef Schönberger, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe.
Stellten die Ausbildungszahlen im Handwerk vor (v.l.): Arbeitsagentur-Chef Thomas Helm, Kreishandwerksmeister Christoph Knepper und Detlef Schönberger, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe. © Kevin Kohues

Das sind Sätze, die man beim Dachverband des Handwerks in der Region, bei der Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe, natürlich gerne hört. Mehr Werbung machen, die Vorzüge des Handwerks besser herausstellen, das hat sich auch der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Detlef Schönberger, angesichts besorgniserregender Zahlen mehr denn je auf die Fahne geschrieben. Gerade einmal 312 Ausbildungsverträge wurden in diesem Jahr im Kreis Unna in Handwerksberufen neu abgeschlossen – ein Rückgang von 23,7 Prozent gegenüber dem Jahr 2021. Das Vorjahr erlebte zwar nach dem Corona-Einbruch 2020 auch einen pandemiebedingten Nachholeffekt, doch Fakt ist: Es gibt zu wenige Azubis im Handwerk, viele Betriebe in der Region suchen händeringend Nachwuchs.

276 freie Praktikums- und Ausbildungsstellen im Handwerk

Allein die Internet-Ausbildungsbörse der Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe verzeichnet aktuell 276 freie Praktikums- und Ausbildungsstellen. Einfach mal in einen Betrieb reinzuschnuppern, empfiehlt Dachdeckermeister Gregor Weigelt allen Schülern ab dem 8. Schuljahr. „So kriegst du einen persönlichen Kontakt, einen Bezug zu dem Beruf und siehst, ob es etwas für dich ist“, weiß Weigelt aus langjähriger Erfahrung.

Um zukünftig wieder mehr Schülerinnen und Schülern den Weg in eine Ausbildung zu ebnen, hat die Kreishandwerkerschaft die Zahl ihrer Ausbildungs-Coaches zwischenzeitlich von einem auf drei erhöht. Bao Bghi Nguyen, Jens Mayer und Dietmar Stemann sind erreichbar unter ausbildungsberatung@kh-hl.de. Schnell und unkompliziert kann ein Kontakt zum Ausbildungsbetrieb außerdem über die Dating-App „Passt!“ zustande kommen: www.passt-app.de.

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