
© Caritas-Verband
Corona-Pandemie bremst auch aktive Ehrenamtliche in Lünen aus
Corona-Krise
Ohne Ehrenamtliche geht vieles nicht. Aber in Coronazeiten sind viele Ehrenamtliche in Lünen ausgebremst - weil sie zur Risikogruppe gehören. Einige haben aber Alternativen gefunden.
Seit 20 Jahren ist Gertrud Brinkmann (Name auf Wunsch geändert) ehrenamtlich in Lünen aktiv. Und das ganz ökumenisch. Im Caritas-Altenzentrum St. Norbert hilft die 80-jährige Lünerin im Café beim Waffelbacken und kümmert sich um Bewohnerinnen. „Mit einer Dame gehe ich spazieren, die andere hole ich zum Café ab“, erzählt die Seniorin. Im Seniorenladen der Diakonie gibt sie beim Mittagstisch das Essen aus und bereut auch zwei alte Damen.
Dann kam Corona und mit der Pandemie die Zwangspause für die Ehrenamtliche. In ihrem Alter gehört sie selbst zur Risikogruppe, genau wie die Senioren, die sie bis März betreut hat.
„Meine Bekannten sagen alle, früher warst du immer unterwegs, jetzt bist du immer zuhause“, so Gertrud Brinkmann. Das Telefon ist auch ein wichtiges Kontaktmittel in der Pandemie geworden. „Inzwischen ist das bald eine Rufbereitschaft geworden, wir fragen regelmäßig die anderen Bekannten, wie es geht.“ Die engagierte Lünerin würde gerne wieder mit den Damen aus dem Seniorenladen spazieren gehen. „Eine Seniorin besuche ich weiter am Wochenende“, sagt sie.
Ehrenamtlich in der Hausaufgabenbetreuung
Etwas tun, trotz Corona, das will auch Gerhard Gunnemann. Als der heute 64-Jährige vor zwei Jahren in Altersteilzeit ging, wollte er „etwas zurückgeben“. Zuerst entdeckte er einen Aushang am Treffpunkt Neuland und schrieb eine Mail. Mit seinem Einverständnis wurde die Anfrage an den Caritasverband weitergeleitet. „Dann meldete sich eine Mitarbeiterin und so kam ich als Ehrenamtlicher zur Flüchtlingsunterkunft an der Heinestraße. Da hab ich Leute beispielsweise zum Arzt gefahren und wollte eigentlich auch eine Fahrradwerkstatt aufbauen.“ Das klappte nicht.
Dafür aber kam Gunnemann zur Hausaufgabenbetreuung in der Caritas-Boutique an der Jägerstraße. „Zusammen mit noch zwei anderen Helfern und meinem Nachbarn“, sagt Gunnemann. Bis zu zehn Kinder kamen immer zu den Terminen. „Es sind Grundschüler, aber auch Real- und Gesamtschüler“, so Ulrike Wesemann-Benkel. Die Sozialarbeiterin ist hauptamtlich in der Caritas-Boutique tätig.
Gerhard Gunnemann hat sich auch einmal in der Woche bei der Deutsch-Übungsstunde um erwachsene Flüchtlinge gekümmert. Doch aufgrund von Corona und weil er eben auch zur Risikogruppe gehört, muss er derzeit pausieren. Wie viele andere ältere Ehrenamtliche auch. „Als die Schulen ohne Mundschutzpflicht wieder geöffnet haben, sind mir fast alle Ehrenamtlichen weggebrochen“, so Ulrike Wesemann-Benkel.
Damit die Kinder, die noch kommen - derzeit sind es nur wenige - trotzdem Hilfe bei den Hausaufgaben erhalten, kam sie auf die Idee, das Ganze virtuell zu organisieren. Noch sind nicht alle technischen Voraussetzungen geschaffen. Aber wenn, dann sind die Ehrenamtlichen wie auch Gunnemann bereit, die Hausaufgabenbetreuung am Computer zu stemmen.
Im Frühjahr Betreuung per Telefon
Die Kinder sitzen dann in der Caritas-Boutique am Laptop, die Ehrenamtlichen bei sich zuhause. Als der erste Lockdown im Frühjahr kam und nicht nur die Schulen geschlossen waren, sondern auch die Caritas-Boutique, begleitete Gunnemann trotzdem einige seiner Schützlinge: „Die Kinder haben Aufgabenpakete von den Schulen bekommen. Wir haben dann viel telefoniert.“
Auch nach den Sommerferien lief die Hausaufgabenhilfe zuerst weiter, doch als die Infektionszahlen stiegen, setzten die älteren Ehrenamtlichen aus. Bis heute.
Neben der Hausaufgabenhilfe gibt es in der Caritas-Boutique noch viele andere Angebote - die aber derzeit nicht so genutzt werden wie vor Corona.
„Die Nachfrage nach Kleidung hat sich ein bisschen gelegt, die ältere Generation kommt momentan kaum in den Laden“, so die Sozialarbeiterin. Weniger Menschen als üblich berät die zweite hauptamtliche Mitarbeiterin Petra Nietschke derzeit im Laden beim Kleiderkauf.
Vor Corona gab es in dem Ladenlokal auch viele Gruppenangebote. Neben der Deutsch-Übungsstunde für Erwachsene, um die Pause zwischen den Kursen für die Geflüchteten zu überbrücken, fand ein Männertreff für Geflüchtete statt. „Zu den Übungsstunden kommen noch drei bis fünf Frauen, zwei Ehrenamtliche sind noch im Einsatz und kümmern sich darum“, sagt Ulrike Wesemann-Benkel.
Der Männertreff jedoch pausiert genauso wie das Frauenfrühstück, das alle14 Tage stattfand. Hier gab es vor der Pandemie Kontakte zwischen älteren alleinstehenden Frauen aus der Wattenscheider Siedlung und Geflüchteten. „Die Seniorinnen haben Krieg und Flucht ja auch mitgemacht, sie können Ansprechpartner für die geflüchteten Frauen werden.“
Hoffen auf Neustart
Auch seit dem Lockdown nicht mehr stattfinden können die Bingo-Gruppe, die einmal im Monat war, und das Café International, das alle sechs Wochen angeboten wurde. „Ich bin schon sehr traurig, dass diese ganzen Angebote wegen Corona ausfallen müssen. Aber vor allem die älteren Besucher und eben auch die älteren Ehrenamtlichen bleiben momentan lieber zuhause“, so die Sozialarbeiterin.
So geht es auch Gerhard Gunnemann und Gertrud Brinkmann. Sie hoffen auf einen Neustart nach Corona.
Gerade war Gertrud Brinkmann im Caritas-Altenzentrum St. Norbert. Weil eine Dame aus der Frauengemeinschaft von Herz Jesu, die dort lebt, Geburtstag hatte. In normalen Zeiten hätte Gertrud Brinkmann ihr das Geschenk persönlich überreicht und gratuliert. Nun musste sie es an der Pforte abgeben. „Ich möchte schon gerne nach Corona wieder ehrenamtlich tätig sein. Hoffentlich geht das dann noch eine Weile.“
Beate Rottgardt, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit 1972 Lünerin. Nach dem Volontariat wurde sie 1987 Redakteurin in Lünen. Schule, Senioren, Kultur sind die Themen, die ihr am Herzen liegen. Genauso wie Begegnungen mit Menschen.
