Annette Goebel (l.), hier im Gespräch mit einer Lüner Seniorin - das Foto entstand vor Corona - kennt das Problem, dass sich Senioren einsam fühlen. Verstärkt durch die Corona-Krise. © Beate Rottgardt (A)

Coronavirus in Lünen

Corona-Krise: Lüner Senioren fürchten sich zunehmend vor Vereinsamung

Ältere Menschen sind eine Corona-Risikogruppe und müssen geschützt werden. Doch das bringt die Gefahr mit sich, dass sie isoliert und einsam werden, warnt die Lüner Koordinatorin für Altenarbeit.

Lünen

, 10.11.2020 / Lesedauer: 3 min

Eine alte Dame macht sich Sorgen. Die Lüner Seniorin lebt allein, fühlt sich einsam. Eigentlich hat sie Kontakt zu ihren Nachbarn, aber wegen Corona sollen ja Kontakte möglichst eingeschränkt werden. Ihre Sorgen schildert sie Annette Goebel am Telefon. Die Koordinatorin für Altenarbeit der Stadt Lünen kann die Seniorin beruhigen. Sie kann sich mit ihrer Nachbarin zum Spaziergang verabreden, zu zweit dürfen sie sich draußen ohne Probleme treffen. Die alte Dame ist erleichtert.

Viele Senioren fürchten sich in dieser Zeit vor zweierlei - vor Infektion mit Covid 19, aber auch vor Vereinsamung, weil Kontakte stark eingeschränkt werden. Ein Teufelskreis, den Annette Goebel und eine Kollegin aus ihrem Berufsalltag kennen. Annette Goebel und Barbara Eifert, wissenschaftlichen Beraterin der Landesseniorenvertretung NRW am Institut für Gerontologie in Dortmund, haben sich Gedanken gemacht, wie eine drohende Vereinsamung von Senioren trotz der Corona-Auflagen verhindert werden kann.

Menschen brauchen auch Kultur

Im Frühjahr, nach dem ersten Lockdown, hatte es kleine Konzerte in den Höfen von Pflegeheimen und Service-Wohnanlagen in Lünen gegeben, aber auch Konzerte von Musikern in ihrer Nachbarschaft. Nun kommt die kalte und dunkle Jahreszeit, da wird so etwas schwieriger. Dabei hat diese Aktion große Resonanz gefunden, denn „Menschen brauchen auch Kultur“, so Barbara Eifert und Annette Goebel. Doch Theater und Konzerte oder Kino fallen wegen Corona nun auch bis mindestens Ende November ganz weg.

Das Telefon ist da ganz wichtig gerade für Senioren. „Wenigstens die Stimmen seiner Lieben hören, das ist eine Kontaktform, die manche vergessen haben“, sagt Barbara Eifert. Aber auch die digitale Welt ist für Senioren wichtiger geworden, von denen sich immer mehr „trauen“, sich auch mit Computern zu beschäftigen. Annette Goebel: „Das, was vor März oft ein Rätsel war, nämlich Videoanrufe oder ähnliches, spielt eine zunehmend größere Rolle bei denjenigen, die sich dafür öffnen.“

Allerdings wird es schwierig, die Grundlagen zu schaffen, wenn vor Corona kein Interesse bestanden hat. Barbara Eifert: „Corona bringt da etwas an den Tag, das schon vorher nicht gut gelaufen ist.“

Zum Glück, so Annette Goebel, gibt es in den Pflegeheimen nicht mehr solche Regelungen wie beim ersten Lockdown. Das liege auch an den vielen Tests, die bei Bewohnern und Personal durchgeführt werden: „Man hat viel dazu gelernt und erlebt auch, dass das Personal kreative Lösungen findet, um einer Vereinsamung der Bewohner entgegen zu wirken. Davor ziehe ich den Hut, auch angesichts des knappen Personals.“ Denn leider sei das Personal in den Einrichtungen nicht automatisch aufgestockt worden.

Barbara Eifert ist wissenschaftliche Beraterin der Landesseniorenvertretung. © Eifert

Vereinsamung ist ein wichtiges Thema eben in diesen schwierigen Zeiten, denn sie hat gefährliche Folgen, wie Barbara Eifert verdeutlicht: „Vereinsamung kann Depressionen auslösen und die Menschen förmlich lähmen.“

Ein großes Problem sind dementiell erkrankte Menschen, die zuhause oder auch in Heimen gepflegt werden, und aufgrund ihrer Erkrankung mit der Situation nicht klar kommen. „Man kann ihnen kaum erklären, warum vertraute Menschen nicht mehr zu Besuch kommen oder auch, warum sie sie nicht mehr umarmen“, sagt Barbara Eifert. Denn gerade das Haptische, der körperliche Kontakt, ist bei Demenzkranken wichtig.

Auch vor Corona gab es das Thema Einsamkeit im Alter, macht Barbara Eifert klar: „Wir müssen sehen, dass durch Corona nicht noch mehr Menschen auf der Strecke bleiben.“ Ganz wichtig sei es, dass ein Mensch mindestens einmal am Tag von anderen Menschen wahrgenommen werde. Da kann auch schon ein Telefongespräch helfen oder eben der Spaziergang mit der älteren Nachbarin. „Das ist soziale Arbeit für eine solidarische Gesellschaft und daran sollten möglichst viele mitwirken.“

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