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Colani-Ufo in Brambauer: Einzigartiges Symbol mit Schattenseiten
25. Geburtstag
Weit über Lünen hinaus bekannt und doch umstritten: Das Colani-Ufo in Brambauer wird 25 Jahre alt. Zum Geburtstag blickt ein ehemaliger Mieter auf das einzigartige Symbol des Strukturwandels.
Man muss es nicht erst betreten - das Colani-Ufo packt einen bereits früher: „Schon wenn man darauf zufährt und weiß, da geht es gleich hoch - das ist einzigartig“, sagt Maximilian Püschel. Der Unternehmer ist vielen Lünern als Vorstandsmitglied des Vereins „Pro Lünen“ und damit als Mit-Organisator des Kinofestes ein Begriff. Seine eigene Geschichte ist eng mit dem Ufo verknüpft - er war einer der ersten Mieter des 44 Meter hohen Raums. Und einer der letzten.
Einzigartig - das Wort fällt in dem Zusammenhang mit dem Ufo, das auch als „Colani-Ei“ bezeichnet wird, oft.
Zwar gibt es einige ähnliche Konstruktionen. Rund 70, um genau zu sein: So viele Exemplare des Futuro-Hauses, entworfen im Jahr 1968 vom finnischen Architekten Matti Suuronen, wurden nach offiziellen Angaben gebaut. Aber sie sehen dem Colani-Ufo nur ähnlich, haben den eigenwilligen Designer möglicherweise auch inspiriert. „Das passt zeitlich ja ganz gut in seine Phase, aus der er das runde und geschwungene Design mitgenommen hat“, meint Püschel.
Doch das Ufo auf dem alten Förderturm der Zeche Minister Achenbach ist tatsächlich einzigartig. Am 3. Mai 1995 hievte es ein 800-Tonnen-Kran auf das Fördergerüst der ehemaligen Zeche Minister Achenbach. Am 9. Mai 1995 eröffnete NRW-Wirtschaftsminister Günter Einert das neue Wahrzeichen von Lünen. Sein Urheber, der Designer Luigi Colani, besuchte es allerdings erst knapp einen Monat später, im Juni 1995.

Bei der Eröffnung am 9. Mai 1995 war Luigi Colani nicht dabei. Einen Monat später präsentierte er stolz "sein" Ufo. © Goldstein (A)
„Die Einzigartigkeit des Objekts nutzen“
1998 zog der damalige Jung-Unternehmer Maximilian Püschel mit einer Werbeagentur ins Ufo ein. Zuvor hatte bereits eine andere Agentur aus Bottrop dort residiert, sich dann aber für größere Räume entschieden. „Der damalige Lüntec-Geschäftsführer Michael Kuhn kam auf uns zu und sagte, er wolle dort oben einen Mieter aus einer Branche haben, der die Einzigartigkeit dieses Objektes nutzen kann“, erinnert sich Püschel. Da war es schon wieder, dieses Wort: Einzigartig.
Runder Schwung als Markenzeichen

Luigi Colani (1928 - 2019) © dpa
- Luigi Colani wurde am 2. August 1928 als Lutz Colani in Berlin geboren. Seine Eltern richteten ihm ein Bastelzimmer ein, in dem er Spielzeug bauen konnte - der Grundstein für die Designer-Karriere.
- Colani studierte an der Berliner Kunstakademie und an der Sorbonne in Paris. Der „runde Schwung“ wurde zu einem Markenzeichen
- Von 1972 bis 1981 unterhielt er eine Designfabrik auf Schloss Harkotten im Münsterland. Aus dieser Zeit stammt wohl auch einer seiner berühmtesten Entwürfe: Die TV-Liege „Relax“.
- Er gestaltete unter anderem ergonomische Computermäuse und einen Kameragriff für Canon, der mittlerweile Standard ist.
- 1992 entstand in Dortmund der Kontakt zu Lünen. Daraus entwickelte sich die Idee, ein Ufo auf den Förderturm von Minister Achenbach zu setzen.
- Luigi Colani starb am 16. September 2019 nach schwerer Krankheit in Karlsruhe.
Das nutzt Püschel auch, wenn man ihn nach seiner Erinnerung an das Ufo fragt: „Die Atmosphäre ist natürlich einzigartig. Man hat sich gerne dort hingesetzt und gearbeitet.“ Auch bei Kunden, selbst bei Lieferanten habe das ungewöhnliche Büro Eindruck gemacht: „Man musste sich nie über Smalltalk den Kopf zerbrechen. weil man immer sofort ein Gesprächsthema hatte.“
Auf diese Magie, so nennt es der Unternehmer heute, habe man als Agentur damals gesetzt: „Das Ufo erzeugt Kreativität, es macht es einfacher, Ideen rauszulassen und darüber zu sprechen.“
Natürlich bringt das runde Design - ein Markenzeichen des 2019 verstorbenen Colanis - auch Nachteile mit sich: „Der Schall wanderte durch die Kunststoff-Schalen wie in Ping-Pong-Ball hin und her.“ Zudem sind die Fenster-Scheiben von außen schwer zu reinigen. „Deshalb wurde der Ausblick mit der Zeit etwas milchig und eine Reinigung von aussen nötig.“

Maximilian Püschel war einer der ersten Mieter im Ufo - und einer der letzten. © Rottgardt (A)
Negative Erinnerungen in den Köpfen
Das allein dürften kaum die Gründe sein, warum das Ufo seit dem Auszug der Agentur - sie ging im Jahr 2003 in die Insolvenz, Püschel hatte sie bereits im Jahr 2000 verlassen - keinen neuen Mieter mehr hat. Die Entstehungsgeschichte des Ufos mit Kosten von 24 Millionen D-Mark, der gescheiterte Mietvertrag mit Luigi Colani und seiner Designerwerkstatt sowie der Streit um angeblich nicht umgesetzte Design-Ideen, Probleme mit den Baufirmen - das alles scheint vor allem in den Lüner Köpfen hängen geblieben zu sein.
Dabei ist das Ufo in den Augen von Maximilian Püschel das Symbol des Strukturwandels schlechthin: „Ein futuristisches Objekt auf einem Förderturm. Das war genau die richtige Idee zur richtigen Zeit.“ Entsprechend groß sei die Inspiration gewesen, die von Brambauer nach außen ging. „Auch für mich. Gäbe es das Ufo nicht, wäre ich nicht mehr in der Region.“ Schließlich waren die Büros in Dortmund oder Marl deutlich günstiger. „Aber hier konnten wir sagen: Wir sind im Ufo, im Lüntec.“
„Ufo wieder stärker nach außen tragen“
Dieser Satz könnte heute noch Gültigkeit haben, denn das Ufo steht nach wie vor zur Verfügung - als Business Lounge für Firmen und Betriebe. Mietpreis: 950 Euro am Tag, inklusive der Schalterhalle. Da das Ufo 2008/09 mit öffentlichen Mitteln umgebaut worden ist, darf es nur für diese Zwecke genutzt werden. Eine Hochzeit oder einen Geburtstag dort zu feiern, ist nach Aussage der Wirtschaftsförderung Lünen nicht möglich - zumindest nicht bis 2023, wenn die Förderung nach 15 Jahren ausläuft.
Püschel selbst hat mit dem Verein Pro Lünen bereits einiges versucht, um das Ufo wieder in den Mittelpunkt zu rücken - zum Beispiel als Motiv für das Kinofest. Auch Magazine wie der Stern oder überregionale Tageszeitungen wie die Süddeutsche Zeitung verwendeten Bilder vom Wahrzeichen aus Brambauer. Wann immer irgendwo von Luigi Colani die Rede ist, ist das Ufo nicht weit.
Der nun anstehende 25. Geburtstag des Wahrzeichens und seine Einzigartigkeit müssten in Püschels Augen für die Stadt Lünen und die Wirtschaftsförderung ein Anlass sein, das Ufo wieder stärker nach außen zu tragen „und stolz darauf zu sein“.
Journalist, Vater, Ehemann. Möglicherweise sogar in dieser Reihenfolge. Eigentlich Chefreporter für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen. Trotzdem behält er auch gerne das Geschehen hinter den jeweiligen Ortsausgangsschildern im Blick - falls der Wahnsinn doch mal um sich greifen sollte.
