
Vitus Schulze Wethmar hat auf seinem Hof auch mit steigenden Energiepreisen für die Lebensmittelproduktion zu kämpfen. © dpa/Schulz-Gahmen
Biohof in Lünen zur Kostenexplosion: „Versuchen Preise günstig zu halten“
Lebensmittel
Die steigenden Preise sorgen auch bei den Landwirten für höhere Kosten. Ein Biohof in Lünen will die Verkaufspreise dennoch halten. Dabei könnte auch eine geplante Investition helfen.
Der Krieg in der Ukraine und die steigende Inflation lassen aktuell nicht nur die Energiepreise nach oben schnellen. Auch im Supermarkt machen sich die gestiegenen Preise schon längst bemerkbar. Ein Lüner Biohof versucht dagegen zu halten – und will sich fit für die Zukunft machen.
„Das ging ja Ende letzten Jahres schon los mit den steigenden Kosten“, berichtet Vitus Schulze Wethmar im Gespräch über die aktuelle Situation. Sein Biohof verkauft die Erzeugnisse an den Großhandel und direkt im eigenen Hoffladen. Auf beiden Wegen merkt Schulze Wethmar eine Veränderung aufgrund der aktuellen Lage. Die Erlöse, die der Hof über den Großhandel erzielt, gingen immer weiter zurück. Das liege aber nicht daran, dass der Hof weniger produziere, sondern an den Preisen, die durch den Handel immer weiter gedrückt würden.
Im Hofladen sollen die Preise trotz höherer Kosten möglichst konstant bleiben: „Die Preise für die Direktvermarktung versuchen wir so günstig zu halten, wie es geht.“ Mit der Folge, dass sie laut Schulze Wethmar bisher noch auf dem Niveau des Vorjahres liegen.
Durch gezielten Einkauf von günstigen Eigenmarken-Produkten der Hersteller sollen auch die Preise bei den Waren niedrig bleiben, die nicht direkt auf dem Hof produziert werden.
Weniger Spontankäufe
Vitus Schulze Wethmar merkt ein verändertes Einkaufsverhalten bei den Kundinnen und Kunden des Hofladens. „Die Kunden kaufen gezielter ein. Sie arbeiten einfach ihren Einkaufszettel ab und lassen sich nicht mehr so vor Ort inspirieren“, umschreibt Schulze Wethmar die Spontankäufe, die es noch vor wenigen Monaten häufiger gegeben habe.
Dass die Kundinnen und Kunden die Preisbemühungen des Hofes aber zur Kenntnis nehmen, weiß der Landwirt auch zuletzt durch Gespräche mit der Kundschaft bestätigt: „Da sagte jemand zu mir, dass das Gerücht umgehe, wir seien günstiger als der Supermarkt.“
Dennoch sei im Hofladen ein leichter Kundenrückgang bemerkbar. Die Stammkundschaft bleibt dem Hof treu, weiß Schulze Wethmar. Er vermutet einen Rückgang bei denjenigen, die seit Beginn der Pandemie auf regionale und ökologisch erzeugte Lebensmittel gesetzt haben – und nun wieder zu günstigeren Alternativen greifen.
Autark mit Photovoltaik
Sollte es zu einer finanziellen Entlastung von Gaskunden kommen, würde auf dem Biohof davon wahrscheinlich nichts ankommen: „Wir verbrauchen selbst gar kein Gas, dafür aber viel Strom.“ Und auch der ist bereits teurer geworden. Wohnräume werden mit Hackschnitzeln statt mit Gas geheizt. Aber auch eine Verteilung von Finanzmitteln nach dem Gießkannenprinzip würde nur kurzzeitig helfen, glaubt Schulze Wethmar.
Die bereits vorhandene Photovoltaikanlage soll in Zukunft noch deutlich erweitert werden. Künftig will der Biohof seinen Strombedarf mit der auf den Dächern produzierten Energie decken. „Wir müssen autark werden“, ist Vitus Schulze Wethmar überzeugt. Nicht nur für kommende Projekte auf dem Hof wünscht sich der Landwirt: „Behörden müssen viel schneller reagieren.“
Regional mit kurzen Wegen
Schulze Wethmar ist trotz des leichten Kundenrückgangs überzeugt, dass sich das Konzept der regionalen Produktion und der kurzen Transportwege bezahlt macht: „Damit können wir punkten.“ Der Ukraine-Krieg habe gezeigt, dass man sich bei der Nahrungsmittelproduktion nicht nur von Dritten abhängig machen dürfe.
„Lebensmittel wachsen ja nicht im Supermarkt. Hinter jedem Lebensmittel steckt ein Landwirt“, merkt Schulze Wethmar an. „Ich hoffe, dass jetzt jedem bewusst ist, wie wichtig lokale Erzeugung ist.“
1989 im Ruhrgebiet geboren, dort aufgewachsen und immer wieder dahin zurückgekehrt. Studierte TV- und Radiojournalismus und ist seit 2019 in den Redaktionen von Lensing Media unterwegs.
