Die Vorwürfe gegen die „Woodstyle360 Store GmbH“, ein Fachgeschäft für Echtholzmöbel und Zubehör, wiegen schwer. Es geht hierbei vor allem um Betrug - gleich vier Fälle werden im Sommer vor dem Amtsgericht in Dortmund verhandelt. Über das Bewertungstool bei Google beschweren sich viele weitere Kundinnen und Kunden über nicht gelieferte, aber bezahlte Produkte. Nachdem sich der Geschäftsführer zunächst nicht zu den Betrugsvorwürfen, seinen Insolvenzen, den schlechten Rezensionen und der Zukunft seines Geschäftes an der Cappenberger Straße in Lünen äußert wollte, hat er mittlerweile doch ein Statement abgegeben. Dieses liegt der Redaktion im Wortlaut vor.
Vor allem die vielen Betrugsvorwürfe und die vier Anklagen belasten den Firmenchef schwer. Dazu bezieht der Woodstyle-Chef folgendermaßen Stellung: „Zunächst einmal möchte ich wirklich klarstellen, dass ich niemals vorsätzlich Kunden warten lassen oder gar nicht beliefern wollte. Es war eine extreme Zeit mit vielen Höhen und Tiefen seit der Gründung 2017 von Woodstyle360.“
Zu Beginn habe er „alles alleine gemacht“. Als die Aufträge dann mehr wurden, seien die ersten Angestellten gekommen. Er berichtet in seiner Erklärung außerdem von „vielen Problemen beim Versand und der Beschaffung von Komponenten wie Gestelle“. Auch die Pandemie habe die Sache erschwert: „Als Corona voll zugeschlagen hat, mussten wir Kurzarbeit anmelden und zum Schluss sogar die Insolvenz. Trotzdem gab ich nicht auf, da ich so fest an das Projekt glaube.“ Weiter schreibt er: „Ich bin kein Betrüger, wie Sie die Anschuldigungen formuliert haben, sondern einfach jemand, der etwas aufbauen möchte und mit vielen Hürden zu kämpfen hatte.“ Diese Redaktion hat den Woodstyle360-Chef nicht als Betrüger bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft hat in den Fällen ermitteln und bringt die Betrugsvorwürfe zur Anklage.
Gleichzeitig räumt der Unternehmer ein, „sicherlich die ein oder andere falsche Entscheidung getroffen“ zu haben, was die Planung angeht. Sein Ziel sei es nie gewesen, „Kunden zu enttäuschen oder auf ihre Waren warten zu lassen, sondern (...) Designs und Produkte (...) zu fertigen, mit denen (die Kunden, Anm. d. Red.) viele schöne Erinnerungen verbinden werden“. Leider sei ihm das „in einigen Fällen nicht gelungen“. Ihm tue es leid, dass sein Unternehmen es nicht geschafft habe, alle Kunden zur vollen Zufriedenheit zu beliefern.
Stadt wusste von Insolvenzen
Als Grund für die langen Wartezeiten der bestellten Produkte nennt er unter anderem die Insolvenz-Verfahren. Der Insolvenzverwalter habe ihm „die Auslieferung untersagt, genau wie die Erstattung“. Rechtsanwalt Sebastian Fricke erklärt auf Anfrage, dass ein Insolvenzverwalter tatsächlich die Befugnis erhält, „nach seiner gerichtlichen Bestellung über das Vermögen des Schuldners zu verfügen“. Nach dem Insolvenzeröffnungsbeschluss würde demnach die Beschlagnahme des schuldnerischen Vermögens eintreten.
Das Insolvenzregister zeigt gleich mehrere Einträge für den Namen des Woodstyle-Chefs. In seiner Erklärung bestätigt er zunächst einmal die Insolvenzen und erklärt außerdem, dass die Stadt Lünen darüber vor der Immobilien-Vergabe Bescheid wusste. Über das Programm „Erlebnis.Raum“ hatte die Verwaltung das Unternehmen bei den Mietpreisen für das Bürohaus Brauch finanziell unterstützt.
Auf Anfrage stimmt die Stadt Lünen dieser Aussage zu: „Im Rahmen jeder Antragstellung innerhalb des Verfügungsfonds Anmietung werden unter anderem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Antragstellenden, bestehende Verbindlichkeiten gegenüber Dritten und die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Nutzung geprüft. Das ist natürlich auch in diesem Fall geschehen.“
Die Stadt sei daher auch über die Insolvenzen informiert gewesen. Das war jedoch kein Grund, dem Unternehmer abzusagen. „Grundsätzlich wird bei der Antragsbearbeitung eine Einschätzung zur Leistungsfähigkeit anhand des beabsichtigten Unternehmenszwecks vorgenommen. Im Entscheidungsgremium – bestehend aus Stadtentwicklung, Liegenschaften/WZL und dem Büro Stadtmanufaktur – wurde die Geschäftsidee mit hochwertigen Holzangeboten positiv beurteilt“, erklärt die Verwaltung weiter.
Reaktion auf Google-Bewertungen
Auch die schlechten Google-Bewertungen für die Firmen „GU Marketing“ und „Woodstyle360 Store GmbH“ rücken den Unternehmer in kein gutes Licht. In seinem Statement äußert sich der Firmenchef wie folgt dazu: „Leider kenne ich dieses Problem und arbeite von Beginn an daran.“ Ihn würden die schlechten Bewertungen „wirklich sehr traurig“ machen. Weiter schreibt er: „Jedoch weiß ich, dass wenn man 30 schlechte Bewertungen sieht, obwohl es über 500 zufriedene Kunden waren, man lieber das Bild von mir als schlechten Menschen verkauft bekommt.“
Zudem seien einige Rezensionsschreiber beliefert worden, hätten aber ihre „Bewertungen trotzdem nicht korrigiert“. Bei anderen Bewertungen geht der Unternehmer davon aus, dass diese „einfach mit Fake-Accounts erstellt worden“ sind. Die beiden Aussagen kann diese Redaktion nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen.
Auch zu einer möglichen Verbindung zwischen „GU Marketing“ und „Woodstyle360 Store GmbH“ äußert sich der Unternehmer. Demnach würden die Firmen „nichts miteinander zu tun“ haben. Man habe „seinerzeit nur den Google-Account übernommen“. Gleichzeitig erklärt der Geschäftsführer, dass es sich bei „GU Marketing“ um ein vorheriges Einzelunternehmen von ihm handelt. Glaubt man den Google-Rezensionen, wurden über die zwei Firmen ähnliche Produkte angeboten und verkauft. Kurios hierbei: Seit Kurzem findet sich über Google kein Unternehmen mehr mit dem Namen „GU Marketing“, sondern nur eine Firma, die sich „Einzelunternehmen“ nennt und ihren Sitz in Dortmund hat.
Gründe für die Kündigung
Für die „Woodstyle 360 Store GmbH“ gibt es in Lünen aufgrund der fristlosen Kündigung (Räumungsfrist: 27. April) seitens der Stadt keine Zukunft. Die Verwaltung hat sich zu den Gründen bisher nicht geäußert. Der Firmenchef will darüber nun aufklären. „Der Umbau hat sehr viel Geld gekostet und daher war es uns nicht mehr möglich, die Kosten zu tragen. Daher kam es zu der Kündigung“, heißt es in seinem Statement.
Die finanziellen Sorgen führt der Unternehmer auch auf Missverständnisse bei der Finanzierung zurück. Über das Programm „Erlebnis.Raum“ wurde dem Fachgeschäft für Holzprodukte unter anderem die Umbaupauschale für die Herrichtung bewilligt. Laut dem Firmenchef habe man mit der Stadt Lünen die Vereinbarung getroffen, dass jedes Gewerk, welches erneuert und ausgeführt wird, auch bezuschusst wird. „Leider gab es die erste Zahlung erst nach drei Monaten. Zudem wurde das Ganze so gedreht, dass wir nur drei Gewerke von über zehn bezuschusst gekommen haben. Somit sind wir auf den Kosten sitzen geblieben.“
Die Stadt Lünen widerspricht dieser Aussage klar. Denn in den Rahmenbedingungen der Umbaupauschalen sei klar definiert, was gefördert wird. Wie in den Richtlinien zu lesen ist, können pro Ladenlokal lediglich drei Gewerke-Gruppen (Eingang und Fassade, Gebäudetechnik, Innenausstattung) in einer Höhe von jeweils 2500 Euro bezuschusst werden. Die Pauschalen sind miteinander kombinierbar, sodass eine Förderung von maximal 7500 Euro möglich ist. Die Stadt Lünen erklärt, dass die Auszahlung an „Woodstyle360 Store GmbH“ veranlasst wurde, als „die Belege vollständig vorlagen“.
Bis zum 27. April muss der Firmenchef mit seinem Unternehmen aus dem alten Bürohaus Brauch ausziehen. Man würde sich bis dahin um eine „Einigung mit dem Eigentümer bemühen“, heißt es in dem Statement des Geschäftsführers. Denn ihm zufolge sei vertraglich festgehalten, dass der Eigentümer einen „angemessenen Beitrag“ an den Woodstyle-Chef „zahlen muss“, falls er die „eingebrachten Sanierungen behalten möchte“. Die Stadt äußert sich auf Anfrage nicht zu dieser Aussage und gibt aus Datenschutzgründen den Namen des Eigentümers nicht preis.
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