Tausende Musikbegeisterte zog es am Freitag und Samstag zum 35. Brunnenfest in die Lüner Innenstadt. Am zweiten Veranstaltungstag waren es sogar so viele Besucher wie nie zuvor. Ob dieser Rekord einen Leser veranlasste, eine Beschwerde über den anonymen Briefkasten dieser Redaktion zu schreiben, ist nicht klar. Aber fest steht: Nicht jeder Lüner zeigte sich begeistert von dem Musikprogramm auf den zwei Bühnen, wie folgende Nachricht verdeutlicht: „Der Verantwortliche des Brunnenfests hat die Genehmigung eigenständig verlängert und die Veranstaltung einfach nicht beendet, obwohl dutzende Beschwerden bei der Polizei eingegangen sind. Einfach eine Frechheit. Konsequenzen null.“
Was ist dran an dieser Behauptung? Haben die Musikerinnen und Musiker wirklich länger als erlaubt beim Brunnenfest gespielt? Die Stadt Lünen verneint dies klar auf Anfrage. „Die Veranstaltungszeit bewegte sich an beiden Tagen im Rahmen der Ordnungsbehördlichen Verordnung. Die Regelungszeiten bezüglich der Musikbeschallung (1 Uhr) und der Sperrzeit (1.30 Uhr) wurden eingehalten“, erklärt Pressesprecher Alexander Dziedeck.
Weiter erklärt der Stadtsprecher, dass die Musik am Freitag bis 0.30 Uhr lief. Aufgrund des hohen Besucherandrangs habe es eine Zugabe von 15 Minuten mit stark reduzierter Lautstärke gegeben. Um 1 Uhr sei der Ausschank beendet worden. Bis 1.15 Uhr konnten Pfandbecher zurückgegeben werden. Anschließend wurde der Platz vom Sicherheitsdienst geräumt. Am Samstag wurde die Musik laut Dziedeck um 0.45 Uhr abgeschaltet. „An beiden Tagen wurde die Veranstaltung demnach noch vor der erlaubten Sperrzeit beendet. Eine Verlängerung über die in der ordnungsbehördlichen Verordnung festgelegten Zeit (1.00 Uhr) ist nicht möglich.“
Dass bei Veranstaltungen wie dem Brunnenfest in der Lüner Innenstadt bis 1 Uhr nachts Musik gespielt und bis 1.30 Uhr Bier und Ähnliches ausgeschenkt werden darf, wurde durch die Ordnungsbehördliche Verordnung vom Rat der Stadt 2009 beschlossen. „Also von den Vertreterinnen und Vertretern der Bürgerschaft“, erklärt Alexander Dziedeck.
Nach dieser Verordnung gibt es für vier Veranstaltungen in der Stadt Lünen eine Ausnahme von dem Verbot von Betätigungen, die die Nachtruhe stören könnten. Hierzu zählen neben dem Brunnenfest auch die Lünsche Mess, der Tanz in den Mai in der Innenstadt sowie das Oktoberfest in Lünen-Süd.
Regelverstöße gab es beim Brunnenfest also laut Stadt nicht. Die Beschwerden, die der Leser in seiner Nachricht beschreibt, sind aber existent. Dziedeck erklärt, dass eine solche Mitteilung aus dem Geistviertel beim Ordnungsamt der Stadt Lünen eingegangen ist. „Die Person hat sich über einen besonders lauten Auftritt am Freitagabend beschwert. Die restliche Lautstärke sei ,okay‘ gewesen.“ Auch das Beschwerde-Management (Bürgertelefon) musste sich am Montag (10. Juli) um die Nachwirkungen des Brunnenfestes kümmern. Hier seien laut dem Stadtsprecher fünf Beschwerden über die Lautstärke eingegangen.
Weiterhin wüsste man von einigen Beschwerden, insbesondere aus dem Geistviertel und aus Alstedde, die direkt bei der Polizei eingegangen sind. Das bestätigt auch Polizeisprecher Felix Groß auf Anfrage. Die Beamten aus Dortmund seien demnach am Freitag und am Samstag insgesamt achtmal wegen Ruhestörungen im Zusammenhang mit dem Brunnenfest gerufen worden.
Eine Userin auf Instagram, die am Tobiaspark wohnt, schreibt via Direktnachricht, dass es durch das Brunnenfest so laut gewesen sei, dass „die Fenster vibriert (...) und Fußböden vibriert haben“ und Fernsehschauen nicht mehr möglich war. Sie schlägt einen anderen Standort vor, so dass die Bühne Richtung der Bahngleise zeigt. „Dann wäre das Umfeld an Anwohnern etwas verschont“, schreibt sie und fügt aber gleich an: „Aber den Spaß sollen die haben, die es möchten.“.
Lautstärke-Kontrolle mit Messgerät
Zur generellen Lautstärke auf dem Brunnenfest erklärt Alexander Dziedeck, dass das Kulturbüro „stets eine professionelle Technikfirma engagiert, die auf die Einhaltung der gesetzlichen Lautstärkegrenzen achtet“. Während der gesamten Dauer der Veranstaltung würde daher ein Dezibel-Messgerät mitlaufen. Dieses habe zu keinem Zeitpunkt während des Brunnenfestes die Lautstärkebegrenzung von 99 Dezibel überschritten. „Ab 23.00 Uhr gab es von Seiten des Kulturbüros sogar eine Beschränkung auf 96 Dezibel“, so der Stadtsprecher.

Aus Rücksicht auf Anwohnerinnen und Anwohner habe man zudem ausschließlich Cardioide Bässe genutzt. Sprich: Der Bassschall wird in eine gewünschte Richtung gelenkt (normalerweise nach vorne). „Sowas wird oft genutzt, um unerwünschte Bass-Frequenzen hinter oder seitlich der Lautsprecher zu minimieren – insbesondere bei Outdoor-Veranstaltungen, bei denen der Bass-Schall die nahegelegene Bevölkerung oder Umgebung stören könnte“, erläutert Alexander Dziedeck.
Die Stadt Lünen geht davon aus, dass die guten Wetterbedingungen „einen erheblichen Einfluss auf die Qualität und Reichweite des Schalls hatten“. Man nehme die eingegangenen Beschwerden ernst und bedauere, dass sich Bürgerinnen und Bürger durch die Lautstärke der Musik gestört gefühlt haben. „Die Rücksicht auf die Anwohnerinnen und Anwohner ist uns sehr wichtig und wir sind stets bemüht, ein Gleichgewicht zwischen dem Vergnügen des Festivals, das in diesem Jahr Rekordbesuche verzeichnet hat, und der Ruhe für die Bewohnerinnen und Bewohner zu finden“, fügt der Stadtsprecher abschließend an.
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