
© Benjamin Konietzny
Beschwerden auf Höchststand: Lünerinnen und Lüner melden Fehler
Pandemie
Die Corona-Pandemie bereitet Menschen nicht nur Sorgen, sondern schärft offenbar auch ihren Blick für Fehler anderer. Die Zahl der Beschwerden hat in Lünen einen neuen Höchststand erreicht.
Ob es der Hinweis ist auf Maskenmuffel oder auf laute Musik aus dem Garten zwei Straßen weiter; die Beschwerde wegen zu weit über den Zaun hängender Äste, lockerer Pflastersteine, Falschparker vor der Haustür oder aber Fotos von wilden Müllkippen am Waldrand: Die Lünerinnen und Lüner beschweren sich in Zeiten der Pandemie so viel wie nie zuvor. Die Ursachen sind vielfältig.
„Grundsätzlich sehen wir einen Anstieg der Zahlen in 2020 im Vergleich zu den Jahren davor“, bestätigt Benedikt Spangardt, der Sprecher der Stadt Lünen. 2015 waren bei der Stadtverwaltung 474 Beschwerden eingegangen, fünf Jahre später im Coronajahr 2020 waren es 1542 - mehr als dreimal so viele.
Vielleicht hat das tatsächlich mit Corona zu tun: Wer unzufrieden ist mit der Gesamtsituation, ärgert sich schneller. Wer Angst hat vor Ansteckung, sieht Verstöße gegen Corona-Regeln besonders kritisch. Und wer im Homeoffice arbeitet, bekommt eher mit, was gerade vor seiner Haustür passiert. Mag alles sein. Spangardt will sich an den Spekulationen aber nicht beteiligen - auch weil er nicht nur einen Pandemie-Effekt bei den Meldungen erkennt, sondern eine kontinuierliche Entwicklung der letzten Jahre.
Bürgertelefon und App machen das Melden leicht
„Die Zunahme liegt sicherlich auch daran, dass wir den Service am Bürgertelefon immer weiter ausgebaut und auch aktiv beworben haben“, sagt der Stadtsprecher. Bürgerinnen und Bürger würden regelmäßig aufgefordert, unter Telefon 104-2020, per E-Mail und App Fehlentwicklungen zu melden, damit die Stadt entsprechend reagieren kann und sich der Zustand zum Wohle aller verbessert. Mit Denunziation habe das nichts zu tun, stellt Spangardt klar.
Der Aufschrei, der im Oktober durchs Land ging, als die Stadt Essen den Online-Dienst einrichtete, der anonyme Meldungen auf Corona-Verstöße ermöglichte - und bis heute ermöglicht -, klingt noch im Ohr nach. Wer den Lüner Mängelmelder nutzt, muss allerdings seinen Namen und seine Anschrift hinterlassen. Sonst lässt sich die Meldung nicht abschicken. Wer in Essen Corona-Verstöße mitteilen will, kann das auch anonym machen.
Für das laufende Jahr 2021 sind (Stand 20. April) 414 Meldungen eingegangen: eine Zahl, die sich nicht einfach hochrechnen lässt, weil das Beschwerdeaufkommen saisonalen Schwankungen unterliegt, wie es Spangardt ausdrückt. „Man kann aber abschätzen, dass wir Ende 2021 in etwa auf dem Niveau des Vorjahres landen werden“: also bei etwa 1500 Meldungen.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
