Innovatives Projekt
Bauen per XXL-Drucker: Mietwohnhaus der WBG Lünen setzt neue Maßstäbe
Nicht Hamburg oder München, sondern Lünen: Aus dem XXL-Drucker soll hier das bundesweit erste öffentlich geförderte Mehrfamilienhaus entstehen. So wird Lünen Mekka für Fachwelt und Forschung.
Noch wächst wildes Grün auf dem Grundstück der Lüner Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) an der Lippestraße. Schon im kommenden Jahr werden die 670 Quadratmeter bundesweit in den Blickpunkt rücken. Auf dem Gelände inmitten des ältesten Baubestandes der WBG wird ein innovatives Bauprojekt aufhorchen lassen: Ein 3D-Drucker im XXL-Format zieht das erste Sechs-Familienwohnhaus in Deutschland hoch. Ein Novum in mehrfacher Hinsicht.
Die WBG setzt auf eine öffentliche Förderung, damit die Miete bezahlbar bleibt. Für 6 Euro pro Quadratmeter sollen die sechs 42 und 67 Quadratmeter großen Wohnungen zu haben sein. „Einer muss mal anfangen“, begründet WBG-Geschäftsführer Rainer Heubrock seine Initiative für das Bauen im Betondruckverfahren. Er ist sicher, dass die Förderung nach Lünen fließen wird, denn Politik und Wirtschaft schauen mit Interesse hierher.
Noch sind Häuser aus dem 3D-Drucker, der mit einer Düse den Beton Schicht für Schicht aufspritzt, selten und teuer. In Beckum ist vor drei Jahren das erste Wohnhaus mit dieser Technik in Rekordzeit errichtet worden, in Capelle steht eine Europa-Premiere an: Die Gemeinde Nordkirchen und der SC Capelle planen mit dem neuen Vereinsheim das erste öffentliche Gebäude in Betondruck. Der Architekt ist Lothar Steinhoff. Er wird auch das Zukunftsprojekt in Lünen planen. Wie hoch die Baukosten hier letztlich sein werden, wird derzeit noch errechnet. Generell liegen sie 10 bis 20 Prozent über denen herkömmlicher Bauweise. Noch, denn die Preise für 3D-Technik auf der Baustelle sollen durch optimierte Planungsprozesse und ausgefeilte Technologie bezahlbarer werden.
Auf ihrem Grundstück an der Lippestraße will die WBG das Sechs-Familienhaus in Betondruckweise bauen. Das ist zurzeit wild bewachsen. © Quiring-Lategahn
Kontakt zu Handwerk und Berufskollegs
Nicht nur das interessiert Baubranche und Forschung. Es geht auch um ganz neue Berufe im Handwerk. Lothar Steinhoff sieht die Betondruck-Baustelle nicht nur als Showtermin, sondern auch als Wissenstransfer. Er sucht den Kontakt zu Handwerk und Berufskollegs. Die Technische Hochschule Köln wird die Projekte wissenschaftlich begleiten. Letztlich sollen Bauten aus dem Betondrucker Ressourcen und auch CO2 einsparen. In Lünen ist das Gebäude als Kfw-Effizienzhaus Stufe 40 geplant, mit Photovoltaik auf dem Dach. Das entspricht annähernd Passivhausbauweise, so Heubrock. Referenzgebäude hätten Kfw 100.
Im Juni bringt das Spezialunternehmen Peri den Drucker aus Süddeutschland nach Capelle. Er fährt auf Schienen an eigens aufgebauten Traversen. Dort sind auch Probeläufe für Lünen geplant, um neue Ansätze für das Projekt zu bekommen, wie Steinhoff erklärt.
Drucker spart Fenster und Steckdosen aus
An der Lippestraße wird der 3D-Drucker zwei Geschosse hochziehen. Darüber ist ein Dach geplant, möglicherweise in Holzbauweise. Das Gebäude hat keinen Keller, dafür aber einen Technikraum und Abstellräume in jeder Wohnung. Balkone werden vorgebaut, vielleicht klappt auch das per Drucker. Der ist so programmiert, dass er die Fenster und sogar einzelne Steckdosen ausspart. Die Vorplanung ist aufwendig, „daran sind alle Fachdisziplinen beteiligt, bevor der Druckpfad erstellt wird“, erläutert Steinhoff.
Das Verfahren koste am Anfang viel Kraft, weiß Rainer Heubrock. Am Ende würden die Prozesse beschleunigt. Der Drucker schafft einen Quadratmeter in fünf Minuten. Er könne 24 Stunden ackern, was allerdings so auf der Baustelle nicht durchgezogen werde. Es dürfe für den Betondruck nicht zu heiß, aber auch nicht zu kalt sein. Daher rechnet Rainer Heubrock witterungsbedingt mit einem Baustart im Frühjahr, je nachdem, wie schnell die Bewilligungen vorliegen. Schließlich seien auch die Bauanträge für Behörden ein Novum.
Es wäre schön, wenn das bundesweit erste öffentlich geförderte Mietwohnhaus Ende kommenden Jahres fertig sein würde, so Heubrock. Damit schlägt die 85 Jahre alte Wohnungsbaugenossenschaft in Lünen ein ganz neues Kapitel der Baugeschichte auf.
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