Seine besten Zeiten hat das rote Backsteinhaus an der Münsterstraße 199 in Lünen-Wethmar hinter sich. Manche im Ortsteil sprechen inzwischen von einem Schandfleck. Die Anfang des 20. Jahrhunderts gebaute Immobilie mit wechselvoller Geschichte steht seit Langem leer, wie auch der Flachdach-Anbau an der rechten und der kleine Stall an der linken Seite. Die Natur hat sich Teile des 934 Quadratmeter großen Grundstücks zurückerobert. Es herrscht Wildwuchs. Ein Detail fällt auf: Vor dem Zaun steht ein Automat für Sexspielzeug.
Ein Edeka-Markt und eine Postfiliale waren mal in dem Gebäude, später ein Kiosk und auch ein Bordell. In die Schlagzeilen geriet der Komplex vor drei Jahren. Damals stand die Zwangsversteigerung an. Das Amtsgericht Lünen hatte Termine für zwei Objekte auf dem Grundstück festgesetzt. Unter den Hammer sollten die Gebäude „als Eigentumswohnung mit Einfamilienhaucharakter“ und als „Teileigentum, umgewandelt in eine Wohnung“ kommen. Der Automat für Sexspielzeug gehörte nicht dazu.
Unbezahlte Schulden sind der Grund für Zwangsversteigerungen. Sie werden von Gläubigern beim zuständigen Vollstreckungsgericht beantragt, in der Hoffnung, nicht leer auszugehen und mit dem Erlös soweit wie möglich die offenen Forderungen tilgen zu können.
Stadt ordnete Bauzaun an

Seit dem Termin beim Lüner Amtsgericht hat sich die Situation des verfallenen Hauses, an dem auf der B54 viele Pendler täglich vorbeifahren, nicht großartig geändert. Das stößt manchen angesichts von Wohnungsknappheit und fehlenden Baugrundstücken in Lünen sauer auf. Auf Anfrage der Redaktion erklärt die Pressestelle der Stadt Lünen, dass die Immobilie bekannt sei. Die Verwaltung sei in der Vergangenheit auch ordnungsbehördlich tätig gewesen. Zuletzt habe sie die Sicherung des Grundstücks mit einem Bauzaun veranlasst.
Auch die Stadt weiß von der Zwangsversteigerung vor drei Jahren. Damals sei ein neuer Eigentümer eingestiegen - mit großen Plänen. Die setzen den Abriss des roten Backsteinhauses samt der Nebengebäude voraus. Der neue Besitzer habe eine Baugenehmigung für ein neues Mehrfamilienhaus mit zehn Wohneinheiten eingereicht. Ein auffälliges Projekt.
Vor einem Jahr, im Oktober 2022, sei ihm die Genehmigung seitens der Baubehörde auch erteilt worden. Doch bis heute ist wieder nichts passiert. Die Stadtverwaltung bestätigt: „Diese Baugenehmigung wurde bisher noch nicht in Anspruch genommen.“

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