
© Axxis
Axxis wird 30: Als alles begann, waren lange Haare und Metal in Lünen noch verpönt
Interview
Vor 30 Jahren bekam die Band „Axxis“ ihren ersten Plattenvertrag. Der Lüner Bernhard Weiß prägt die Band mit seiner unverwechselbaren Stimme. Er weiß noch genau, wie alles begann.
Vor 30 Jahren brachten „Axxis“ ihre erste Platte raus. Damals schon am Mikrophon - der Lüner Sänger Bernhard Weiß. Der Lüner und seine Bandkollegen sind bis heute - in wechselnder Besetzung - als Heavy Metal Band international erfolgreich. Zehn Musiker haben die Band im Laufe der Jahre bereichert, sind aber wieder gegangen. Bernhard Weiß ist bis heute dabei.
Im Interview erzählt der 55-Jährige über die Anfänge, über Wacken- und Schiffs-Auftritte und wie das 30-Jährige gefeiert wird.
Wie war das ganz am Anfang der Band?
Die Band gab es schon, bevor ich dazu kam. Damals hatte sie einen Probenraum in Horstmar, im evangelischen Kindergarten. Ich war damals Teenanger, hab‘ die Musik aus dem Kellerfenster des Kindergartens gehört und wurde verjagt. Das wollten die Leute aus der Nachbarschaft nicht, dass da Jugendliche vor dem Probenraum standen. Die damaligen Verantwortlichen vom Jugendamt Lünen wollten die Band rausschmeißen - wegen der Heavy Metal-Musik und der langen Haare. Deshalb sind wir dann umgezogen nach Oberaden.
Waren Sie da erwünschter?
Das war kurios. Wir hatten in Lünen einen Raum gesucht und dann in Oberaden ein Schild gesehen: Funk-Club. Wir waren der Meinung, das bezieht sich auf die Musikrichtung Funk. Aber es waren tatsächlich Amateurfunker, die sich dort trafen. Den Raum haben wir trotzdem bekommen.
Wie ging es dann weiter?
Die Band hieß damals „Anvil“ und Anfang der 80er Jahre haben wir festgestellt, dass es auch in Kanada eine Band gleichen Namens gab und deshalb mussten wir den Namen in Axis ändern. Axis, das war kurz und konnte groß auf Plakaten gedruckt werden, außerdem klang es nach Rock und Heavy Metal. Erst zum Plattenvertrag mit der EMI Electrola 1989 wurde noch ein X in den Bandnamen eingefügt.

AXXIS: Das sind Bernhard Weiß – vocals, Harry Oellers – keyboards, Rob Schomaker – bass, Dirk Brand – drums und Matthias Degener - guitars © Foto Axxis
Wann haben Sie begonnen, Songs aufzunehmen?
In Kamen haben wir erste Demos aufgenommen, die sind jetzt auch als Bonus in unserer Goldbox zum 30-Jährigen, damit die Leute mal hören, wie wir damals geklungen haben - noch ohne Keyboard. Die nächsten Aufnahmen fanden dann in Pulheim statt.
Und wie kam es dann zum ersten Plattenvertrag vor 30 Jahren?
Wir haben in Düsseldorf gespielt, haben die Waltroper Stadthalle gemietet, um in der Region bekannter zu werden. Haben die ersten Demos an Plattenfirmen geschickt. Dann hab ich in Lünen einen Keyboarder kennengelernt. Keyboards waren damals im Rockbereich verpönt. Aber ich hab‘ einen Song geschrieben, den mit ihm aufgenommen und das Ganze heimlich vom Caritas-Altenzentrum St. Norbert, wo ich Zivildienst geleistet habe, zur Plattenfirmen geschickt. Denn die Bandkollegen fanden das Lied nicht gut. Aber die EMI Electrola wollte den Song und plötzlich mochten alle den Song. Wir haben dann einen Plattenvertrag bekommen.
Wollten Sie immer schon Berufsmusiker werden?
Wir haben alle damals noch in anderen Berufen gearbeitet. Ich hab Gießereitechnik in Duisburg studiert und war wohl der einzige Heavy Metal-Musiker, der auch sonst was mit Metall zu tun hatte. Aber nach drei Semestern hab ich das Studium wegen des Plattenvertrags abgebrochen.

Die Heavy Metal Band bei einer ihrer Metal-Kreuzfahrten. © Axxis
Mittlerweile sind Sie und Axxis nahezu weltweit bekannt. Wohin führten Sie schon die Tourneen?
Wir waren jetzt das erste Mal in Russland auf Tournee, davor auch in Bulgarien. Beim Festival in Wacken waren wir dieses Jahr zum dritten Mal. Wir haben auch schon „Full Metal Cruises“ gemacht, also Kreuzfahrten speziell für Heavy Metal-Fans mit Live-Bands. Da waren wir im Mittelmeer, aber auch schon von Fort Lauderdale bis Tahiti auf dem Meer. Jetzt gibt es für Januar schon wieder eine Anfrage - eine Metal-Cruise von Fort Lauderdale nach Mexiko.
Ihre markante Stimme ist das Markenzeichen von Axxis. Manche Sänger starten ja auch Solo-Karrieren. Haben Sie jemals darüber nachgedacht?
Nein. Sobald ich alleine unterwegs wäre und sagen müsste „ich bin Bernhard Weiß, aber nicht mehr von Axxis“ würde ich keine große Rolle mehr spielen. Anders als mit der Band.
Sind Sie noch oft in Lünen?
Sehr häufig, unser Firmensitz ist ja extra in Lünen. Und das Gute hier ist auch, dass dank des Lükaz, in das Martin Raudszus viele internationale Band geholt hat, Lünen auch eine internationale Nummer im Heavy-Metall-Bereich wurde. Gut war auch, dass Lüner Bands die Chance hatten, sich als Vorgruppen auch einen Namen zu machen. Da hat sich Lünen auch von den anderen Städten des Kreises abgehoben.

Bernhard Weiß (M.), Sänger der bekannten Hardrock-Band Axxis, ist nicht nur bekannt für seine hohe Stimme, sondern kann auch perfekt Gitarre spielen. Das stellte er beim Jeki-Abschlusskonzert mit jungen Nachwuchsmusikern unter Beweis. © Foto: Beuckelmann
Was bedeutet Ihnen der Lüner Kulturpreis?
Ich fand, das ist eine Wertschätzung und bin auch stolz darauf. Zumal nach der Vorgeschichte, dass wir damals aus unserem Probenraum raus sollten. Ich würde diese Auszeichnung auch gerne nutzen, um eine Metal-Szene in Lünen und Umgebung aufzubauen.
Wie feiert Axxis das 30-Jährige?
Wir wollten das Ganze gerne in Lünen feiern, aber das Lükaz ist ja wegen des Brandschadens immer noch geschlossen. Dann hatten wir an die Rundsporthalle gedacht, aber da gab es Probleme mit der Statik. Deshalb feiern wir am 29. Dezember in der Zeche Bochum mit Gästen.
30 Jahre zusammen Musik machen, auf der Bühne stehen, durch die Welt reisen - geht man sich da nicht mal auf die Nerven?
Das Wichtige an einer Band ist, dass sobald jemand keine Lust hat, müsste man sich trennen. Wir haben seit zwei Jahren einen neuen Gitarristen, Matthias Degener, der mit uns denselben Humor teilt. Harry Oellers, unser Keyboarder, ist seit 30 Jahren dabei, Rob Schomaker, unser Bassist, auch schon wieder 15 Jahre.
Die Rolling Stones sind ja schon längst im Rentenalter und machen noch Musik. Wie lange wird es Axxis noch geben?
Solange wir alle noch Lust haben und vor allem die Leute noch Lust haben auf uns, machen wir weiter. Wir haben unser eigenes Tonstudio und unser eigenes Label.
Wer sind denn Ihre Fans?
Unsere Musik mögen die Leuten generationsübergreifend - von zwölf bis 60. Teilweise bringen die Eltern auch ihre Kinder zu den Konzerten mit. Und wir haben festgestellt, dass unsere Fanclubs viele neue junge Mitglieder haben, die es toll finden, dass wir eine Band sind, die ohne Playback auskommt.
Beate Rottgardt, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit 1972 Lünerin. Nach dem Volontariat wurde sie 1987 Redakteurin in Lünen. Schule, Senioren, Kultur sind die Themen, die ihr am Herzen liegen. Genauso wie Begegnungen mit Menschen.
