Architekt Björn Schreiter und sein Team verzichten in Zukunft vorerst auf die Zusammenarbeit mit der Katholischen Kirche.

© Daniel Magalski

Architekt Björn Schreiter will kein Geld mehr von der Kirche

rnMissbrauchs-Skandal

Geld zu verdienen ist schön, aber auf das der katholischen Kirche verzichtet Architekt Björn Schreiter in Zukunft. Der Lüner und sein Team setzen nach den neuen Kirchen-Skandalen ein Zeichen.

Lünen, Dortmund

, 31.01.2022, 06:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das Läuten der dicken Glocken schallt am Samstagmittag bis in die Büroräume der Schreiter Architekten in Lünen. Vom Fenster des Konferenzraums schaut Chef Björn Schreiter direkt auf die Kirche Herz-Jesu. Die Katholiken sind hier am Ende der Innenstadt nicht nur „die nebenan“, sondern - so betont der Architekt - gute Nachbarn.

Schreiter ist sicher, dass sich daran auch in Zukunft nichts ändert, denn seine Kritik sei nicht an die Basis adressiert, sondern an die Institution katholische Kirche. An Menschen in hohen Ämtern, wie den Alt-Papst Benedikt XVI.

Fehlverhalten nach sexuellem Missbrauch

Ein Gutachten zum Umgang der katholischen Kirche mit sexuellem Missbrauch wirft ihm - der damals noch als Joseph Ratzinger Erzbischof von München und Freising war - und vielen anderen „Würdenträgern“ Fehlverhalten vor im Umgang mit sexuellem Missbrauch in Reihen der Kirche.

Ein Gutachten wirft auch Joseph Ratzinger, dem damaligen Erzbischof von München und Freising, Fehlverhalten nach sexuellem Missbrauch in der Kirche vor: Ratzinger wurde später Papst Benedikt XVI.

Ein Gutachten wirft auch Joseph Ratzinger, dem damaligen Erzbischof von München und Freising, Fehlverhalten nach sexuellem Missbrauch in der Kirche vor: Ratzinger wurde später Papst Benedikt XVI. © dpa

München ist nun weit entfernt von Lünen und Dortmund und doch bringt der Skandal hier ein schon bis zum Rand volles Fass zum Überlaufen. Schreiter Architekten verzichtet bis auf Weiteres auf Aufträge der katholischen Kirche.

Grund für den Entschluss sei nicht, dass es im Moment Trend sei, auf die katholische Kirche einzudreschen, sondern das Verhalten der Kirche als Institution im Laufe vieler Jahre. „Die Kirche hat eine Reihe von Problemen aufzuarbeiten und diese Prozesse dauern natürlich ihre Zeit, aber dass ein radikales Umdenken nicht stattfindet, zeigen die neuerlichen Vorfälle.

„Katholische Kirche kein Partner für Schreiter Architekten“

Björn Schreiter, selbst nicht Katholik sondern Protestant, ist es wichtig, dass der Entschluss, die Zusammenarbeit mit der Kirche zumindest vorerst ruhen zu lassen, differenziert betrachtet wird: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinden vor Ort, die im Haupt- und Ehrenamt fantastische Sozialarbeit leisten und damit auch zum Zusammenhalt der Gesellschaft beitragen, meinen wir nicht mit unserer Aktion, ebenso wenig die Gläubigen.“

Im Netzwerk Facebook schreibt er: „Die Tatsache, dass die Institution katholische Kirche jedoch gegen den Willen der Basis zum einen die Diskriminierung von Frauen, anderen Geschlechtern und gleichgeschlechtlicher Liebe aufrecht erhält und zum anderen Verbrechen begeht, vertuscht, verharmlost und duldet, führt dazu, dass sie kein geeigneter Partner für Schreiter Architekten ist.“

Der Entschluss sei kein Alleingang von ihm als Geschäftsführer des Architektur-Büros, sondern fiel laut Schreiter nach intensivem Austausch im Team. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen die Entscheidung mit, da habe ich große Rückendeckung.“

Gemeinde bekommt eine Absage

Das Schicksal stellt schon am Donnerstag, einen Tag nach dem Facebook-Post, auf die Probe, wie ehrlich und ernst es Schreiter meint: „Eine Gemeinde wollte, dass wir für sie in einem Innenstadt-Bereich einen Neubau des Pfarrhauses mit Büro realisieren“, berichtet Björn Schreiter.

Ein Projekt, das man sonst gerne umsetze, nicht aber in diesem Fall. Schreiter schickt der katholischen Gemeinde eine Absage, bittet um Verständnis - und verlinkt in der E-Mail den Text von seiner Facebookseite. Absagen dann tatsächlich schreiben zu müssen sei nicht schön, aber „das gehört mit zum aufrechten Gang.“

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Projekte für die katholische Kirche

Schreiter Architekten arbeitete in der Vergangenheit immer wieder mal für die katholische Kirche. In Lünen betreute das Büro den Umbau des Pfarrhauses von St. Marien. In Dortmund-Brackel entwarf und baute man in 2008 ein neues Pfarrheim für die Gemeinde St. Clemens. In Sachen Kita-Ausbau vertraute die Gemeinde ebenfalls den Architekten aus Lünen und auch in St. Josef in Asseln, setzte man bei der Kita-Erweiterung auf die Lüner.

In Lünen war das Architektur-Büro auch verantwortlich für den Neubau des Caritas Verbandes Lünen-Selm-Werne am Christinentor. Die Caritas steht der Kirche zwar nahe, ist aber auch nicht Ziel der Aktion. „Die Caritas haben wir als weltoffenen Partnern ohne jeden Ansatz von Ungerechtigkeit und Diskriminierung wahrgenommen“, sagt Schreiter.

Gleichberechtigung sei ein zweiter Punkt, der Anlass sei zur Kritik. Schreiter: „Wie Kirche dieses Thema behandelt, das passt nicht zu mir, nicht zu meinem Leben, nicht zu meinem Team.“

„Toleranz, Respekt und Fairness“

Gleichberechtigung komme bei Schreiter Architekten eine besondere Rolle zu: Die Hälfte des Teams sei weiblich, zwei von drei Team-Leitern sind Team-Leiterinnen. Frauen. Die Auszubildende, die mitten in der Corona-Pandemie ihre Ausbildungszeit zur Bauzeichnerin nicht nur um ein halbes Jahr verkürzte, sondern auch noch Jahrgangsbeste wurde, trägt Kopftuch.

Das Team, das in seinem Architektur-Büro arbeite, habe er wohl auch deshalb, weil er solche Werte lebe: „Schreiter Architekten stehen für Toleranz, Respekt, Fairness, Ehrlichkeit und Reflexion.“ Die Partner in der Zusammenarbeit wähle man nach eben Kriterien. Die katholische Kirche passt da - zumindest im Moment - eher nicht ins Bild.

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