Obwohl Ärzte nicht streiken dürfen, werden ihre Praxen am Mittwoch (15. November) in Lünen kollektiv geschlossen sein. „Wir dürfen zwar nicht streiken, aber es liegt uns frei, einen Fortbildungstag zu machen”, erklärt Dr. Arne Krüger, Vorsitzender des Ärztevereins. Diesen werden alle Ärzte aus Lünen an diesem Tag nehmen, um auf die Missstände der ambulanten Versorgung hinzuweisen.
„Wir müssen darauf hinweisen, dass die ambulante Versorgung in dieser Form nicht aufrecht gehalten werden kann”, so Krüger. Am Tag der Schließung werden Vertretungen organisiert, „aber die Patienten müssen weite Wege in Anspruch nehmen, um diese zu erreichen”, so der Arzt.
Wege, an die sich die Patienten gewöhnen könnten, wenn sich, laut Krüger, nichts ändert. „Die Politik forciert mit ihren Plänen leider genau das. Wenn sich nichts ändert, werden die Patienten immer lange Wege auf sich nehmen müssen, um zum Arzt zu gehen”, beklagt Krüger. Als Vertrauensärzte sind aktuell die Praxen von Mikos, Ganslmeier und Godeck geplant. „Es kann sich aber noch etwas ändern. Wer letztendlich die Vertretungen macht, wird an den Arztpraxen ausgehangen”, sagt Krüger.
Krüger kritisiert die Pläne der Bundesregierung, dass die Hausärzte mehr Aufgaben übernehmen sollen – die sie so gar nicht leisten können. „Wir sollen noch mehr Arbeiten übernehmen. Zum Beispiel sollen einige Operationen dann ambulant gemacht werden. Das können wir als Ärzte gar nicht zusätzlich leisten”, erklärt der Hausarzt.

Auch die Digitalisierung innerhalb des Medizinsektors sieht Krüger als unzureichend durchdacht an. „Ich muss alles doppelt machen. Sowohl digital aber eben immer noch auch auf dem Papier. Das stört alle Abläufe und ist jedes Mal doppelte Arbeit“, beschwert sich Krüger, dass die Digitalisierung nicht richtig durchgeplant und zu Ende gedacht sei.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die fehlenden Hilfen, die medizinischen Fachangestellten ordentlich zu bezahlen. „Uns fehlen die Mittel, medizinische Fachangestellte, die teilweise noch Zusatzqualifikationen haben, zu finanzieren. Durch die unzureichende Gegenfinanzierung hören sie auf. Und ohne Mitarbeiter sterben wir aus.“
Mit ihrem Vorhaben sind die Lüner Ärzte nicht alleine. Auch in Selm werden die Arztpraxen geschlossen sein. „Ich habe mit meinen Kollegen gesprochen. Wir werden diesen Weg gemeinsam gehen“, so der Lüner Arzt. Auch den Aussagen seines Kollegen Matthias Schröder kann Krüger nur zustimmen. „Er hat mit dem, was er gesagt hat, absolut recht.“
Auch Apotheken streiken
Doch nicht nur die Ärzte aus Lünen und Selm streiken. Auch Lüner Apotheken werden nicht öffnen. „Meine Apotheke bleibt geschlossen und ich gehe davon aus, dass auch die anderen Apotheken in Lünen geschlossen bleiben”, sagt Dagobert Ullrich, Apotheker aus Lünen. „Es muss ja eine konzertierte Aktion sein. Es bringt ja sonst nichts, wenn die meisten Apotheken aufbleiben", so Ullrich. So wird es zwar Notfallapotheken und einen Notfalldienst geben, da viele auf ihre Medikamente angewiesen sind. Aber die Patienten müssen teilweise weite Wege auf sich nehmen, um diese zu erreichen.
Auch Apothekerin Eva-Maria Gödde wird ihre Lüner Apotheke geschlossen lassen. „Wir protestieren, weil die Bundesregierung die Struktur der Apotheken vor Ort endlich stärken muss – ansonsten droht weiter eine massive Gefährdung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung“, erklärt sie. Gödde beklagt, dass der Festbetrag, den die Apotheker bekommen, seit zehn Jahren nicht mehr angepasst wurde. „Das Honorar der Apotheken besteht zu einem wesentlichen Anteil aus einem Festbetrag, der die laufenden Kosten abdecken soll, sie aber nicht mehr abdeckt.”
Auch die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach kritisiert Gödde scharf: „Karl Lauterbach will als erster Gesundheitsminister der deutschen Geschichte in der Arzneimittelversorgung ein Zweiklassensystem etablieren, in dem es Apotheken ohne Rezepturen, ohne Notdienste und sogar Scheinapotheken ohne approbierte Apothekerinnen und Apotheker geben soll.”
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