Es gibt Aufregung um den Nikolaus in Lünen. Dass der City-Ring darüber nachdenkt, die Veranstaltung nicht zu organisieren, sorgt für Ärger. Tatsächlich liegt das Problem an anderer Stelle.
Helmut von Bohlen hatte betont, dass der Nikolaus in Lünen „eine super Sache ist, die nicht einschlafen darf“. Allerdings sind im City-Ring seiner Aussage nach immer mehr Mitglieder der Ansicht, dass es sich nicht lohnt, die Veranstaltung weiter zu organisieren - zu aufwendig mit Blick auf die Sicherheitsvorkehrungen, zu unwirtschaftlich mit Blick auf die Kosten-/Nutzenrechnung.
Dass der City-Ring den Nikolaus und auch den Martinszug - vielleicht - nicht mehr organisieren will, kann sehr wohl das Aus dieser Traditionen bedeuten. Muss es aber nicht, findet nicht nur von Bohlen. Die Lösung: Eine Stadtmarketing-Agentur. „Derzeit wird viel auf den City-Ring abgewälzt, was eigentlich Stadt-Aufgabe sein sollte“, so der Vorsitzende im Gespräch mit unserer Redaktion.
Mehr Werbung, mehr Netzwerkarbeit
Beispiel Kinofest: Auch hier gab es Kritik, dass diese Veranstaltung im Stadtbild nicht präsent genug war. „Hier brauchen wir ein effektives Stadtmarketing, dass sich um die Vermarktung und die Einbindung kümmert“, so von Bohlen.
Damit hat er zwei in seinen Augen bereits wichtige Aufgaben genannt: Mehr Werbung für Lünen und mehr Netzwerkarbeit. Letztere nicht nur mit den Kaufleuten, sondern mit allen Vereinen und Institutionen in der Stadt: „Wir sind eine Stadt mit fast 90.000 Einwohnern, verdammt nochmal. Da muss man doch was auf die Beine stellen können.“
Ob und in welcher Form man Aktionen - als Beispiel nennt von Bohlen eine „Drachen-Woche“ zum Drachenfest - in allen Stadtteilen spielen kann, müsse ebenso geprüft werden wie die Art eines solchen Stadtmarketings: „In Nachbarstädten gibt es entweder Vereine, oder man hat eine GmbH gegründet, die als hundertprozentige Stadttochter diese Aufgaben übernimmt.“
Personalengpass im Stadtmarketing
Beide Modelle hätten Vor- und Nachteile. Fest stehe jedoch: „Solange wir gar nichts in dieser Richtung haben, hat Lünen auch keine Chance, sich positiv zu entwickeln, und diese Entwicklung auch nach außen hin sichtbar zu machen.“
Es gibt zwar offiziell ein Stadtmarketing. Es ist der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation zugeordnet und verfügt laut Stadtsprecher Benedikt Spangardt über 3,7 Stellen. Problem: „Zwei Mitarbeiterinnen sind derzeit in Mutterschutz beziehungsweise Elternzeit.“ Eine Stelle werde befristet neu ausgeschrieben, die übrigen Aufgaben in der Abteilung verteilt.
Hauptaufgabe des Stadtmarketings ist tatsächlich - wie der Name schon sagt - die Vermarktung der Stadt. Dazu zählen unter anderem Plakate, Merchandising (Spangardt: „Reich werden wir dadurch nicht, aber man verdient schon was damit.“) oder auch die Organisation und Bewerbung von Festen und Veranstaltungen. Eine personelle Schnittstelle mit anderen Abteilungen wie der Wirtschaftsförderung oder auch dem Kulturbüro gibt es allerdings nicht.
Zu kompliziert - Fördermittel bleiben liegen
Und genau da sieht Helmut von Bohlen das Problem. „Wenn man auf die Homepage des Stadtmarketings Lünen blickt, findet man dort als Tätigkeitsbeschreibung eigentlich nur Werbung.“ Und das sei zu wenig, um auf die geänderten Anforderungen zu reagieren. Es gebe Leerstände in der Innenstadt und in den Stadtteilen, es gebe Vereine, die jeder für sich positive Akzente setzen, aber sich selten bis gar nicht absprechen.
Außerdem ließen sowohl Stadt als auch Vereine viele Fördergelder liegen. „Teilweise weiß man gar nicht, was es überhaupt für Möglichkeiten gibt“, so von Bohlen. „Und dann kann man auch nicht mal eben nebenbei einen Förderantrag stellen. Das ist kompliziert, dazu braucht es professionelle Unterstützung.“
Unterstützung, die eine wie auch immer geartete Stadtmarketing-Agentur lösen könnte. Einen entsprechenden Bürgerantrag hat der City-Ring bereits - im Einvernehmen mit der Aktionsgemeinschaft der Bramis und der Interessengemeinschaft Lünen-Süd (IGS) - im September gestellt, im November hat sich der Ältestenrat mit dem Thema befasst. „Aus der Politik kam sofort die Frage, wie viel Geld das wohl kosten wird“, weiß von Bohlen. Die Haltung sei eher skeptisch gewesen.
Erstmal prüfen, nicht zahlen
Dabei gehe es in diesem frühen Stadium gar nicht um Geld. „Wir beantragen, dass die Stadt erst einmal prüft, eine Stadtmarketing-Agentur einzurichten.“ Dazu gehöre natürlich auch die Analyse, wie viele Stellen ein solches Projekt am Ende benötigen würde. „Aber über Geld wollen wir hier noch gar nicht sprechen.“ Lünen solle erst einmal prüfen, was alles möglich ist. „Und dann schauen wir, was wir uns leisten können“, wünscht sich Helmut von Bohlen.
Ein Wunsch, den die Stadtverwaltung durchaus nachvollziehen kann: „Wir verstehen das Anliegen des City-Rings“, so Benedikt Spangardt. Man fasse den Antrag auch nicht als Kritik an der bisherigen Arbeit der Stadt auf - vielmehr gehe es hier um eine komplette Neuausrichtung und die Nutzung von Synergien. Beziehungsweise: Um die Prüfung des Ganzen.
Einfluss auf die Planungen für 2020?
Und darüber muss nun die Politik entscheiden - zunächst am 5. Dezember um 17 Uhr der Haupt- und Finanzausschuss, der das Thema im September noch verschoben hatte, und dann am 12. Dezember um 11 Uhr der Stadtrat.
Stimmt die Politik dem Antrag zu, könnte das am Ende ein positives Signal an alle sein - allen voran an den City-Ring Lünen. Die Perspektive auf eine Stadtmarketing-Agentur würde dann sicher auch Einfluss auf die Gespräche der Kaufleute nehmen, wenn es um St. Martin und Nikolaus im Jahr 2020 geht.
Journalist, Vater, Ehemann. Möglicherweise sogar in dieser Reihenfolge. Eigentlich Chefreporter für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen. Trotzdem behält er auch gerne das Geschehen hinter den jeweiligen Ortsausgangsschildern im Blick - falls der Wahnsinn doch mal um sich greifen sollte.
