Der Moment der Zeugnisvergabe war einer der emotionalsten Momente der Abschlussfeier, mit der die Abiturienten des Gymnasiums Altlünen angemessen verabschiedet wurden. Nach einem schweren, von Corona bestimmten Schuljahr.

© Gymnasium Altlünen

Abitur in Coronazeiten am Gymnasium Altlünen: Jahrgang mit hoher Kompetenz

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Man könnte jammern und klagen, wenn man 2021er Abiturient am Gymnasium Altlünen wäre. Corona hat einiges nicht möglich gemacht, erschwert. Aber gejammert hat so wirklich niemand. Im Gegenteil.

Nordlünen

, 01.07.2021, 19:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ein komplettes Schuljahr unter erschwerten Bedingungen. Und mitten drin junge Frauen und Männer, die nicht normal daran arbeiten konnten, den höchsten deutschen Schulabschluss am Gymnasium Altlünen zu erwerben. Bleibt da was Negatives hängen? Sicher. Die Abschlussfeier jedenfalls ist aber offenbar etwas, das die jungen Menschen noch lange als positiv in Erinnerung behalten werden. Trotz Corona. „Es war wirklich eine wunderschöne Open-Air-Feier mit einer Zeugnisvergabe, einer anschließenden Feier mit einem großen Buffet und schließlich einer Party mit der Stufe und Immunisierten“, sagt Ruth Kirschbaum, Stufensprecherin der mittlerweile ehemaligen Q2.

Unter freiem Himmel, mit Coronaregeln, zu feiern, das war der angemessene Abschluss des Schuljahres. Insgesamt haben 72 jungen Menschen am Gymnasium Altlünen ihr Abitur bestanden. Für einen dreizügigen Jahrgang eine normale Zahl, sagt Michael Rausch-Holtermann, der stellvertretende Schulleiter. Wobei das Wort „normal“ nicht unbedingt zum Sprachgebrauch in diesem Schuljahr gehört haben mag. „Unter den obwaltenden Rahmenbedingungen haben wir ein sehr realistisches Abitur auf die Reihe gebracht“, erklärt Schulleiter Reiner Hohl. Von einem Corona-Abitur kann man also nicht sprechen, oder? „Ich sehe nicht, dass es im Bereich der Anforderungen, sei es im mündlichen oder schriftlichen Abitur, irgendwelche Nachlässe gegeben hätte. Es hat keinen Corona-Bonus gegeben.“

Kompetenzen auch für den Arbeitsmarkt

Was die Abiturienten geleistet haben, nötigt der Schulleitung Respekt ab: „Dieser Abiturjahrgang hat Kompetenzen erwerben müssen, die andere Jahrgänge in der Form nicht brauchten“, führt Hohl aus. Zum Beispiel soziale Kompetenzen, Selbstorganisation, Resilienz, Teamfähigkeit. Kompetenzen, die auch in der Arbeitswelt stark gefordert seien.

Diese Leistungskurslehrer erhielten für ihre Leistungen aus den Händen der Abiturienten den "OsGar".

Diese Leistungskurslehrer erhielten für ihre Leistungen aus den Händen der Abiturienten den "OsGar". © Gymnasium Altlünen

Die erschwerten Rahmenbedingungen - Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht, Anforderung aus dem Schulminsterium, die oftmals recht kurzfristig umzusetzen waren - haben im Grunde genommen eineinhalb Jahre das Geschehen auch am Gymnasium Altlünen bestimmt. Eine lange Zeit. „Wer hätte anfangs gedacht, dass sich das bis zu Abitur in diesem Jahr hinzieht“, sagt Reiner Hohl. „Zwischendurch haben wir uns schon Sorgen gemacht. Wir waren permanent mit Nachsteuern beschäftigt. Wobei ich der Meinung bin, dass bei allem, was nachteilig war, insbesondere in der sehr langen Lockdownzeit, es gerade dieser Jahrgang und der jetzige Q1-Jahrgang gewesen sind, die am meisten Präsenzunterricht hatten und dadurch auch eine vernünftige Mischung.“

Nicht alle zurückholen können

Welche Sorgen, Nöte und Ängste der Schüler sind denn bei der Schulleitung angekommen? „Es gab Einzelfälle, in denen Schüler aufgrund der pandemische Umstände, sprich: dem hohen Maß an Selbstorganisation und -verantwortung, die damit einher gingen, nicht klar gekommen sind“, antwortet Michael Rausch-Holtermann. „Da haben wir auch nicht alle zurückholen können.“ Es haben also nicht alle aus dem Jahrgang das Abitur geschafft. Sechs Schüler des 78 Schüler starken Jahrgangs haben die Fachhochschulreife erlangt. Kritik von Eltern an der Schulleitung habe es deswegen nicht gegeben. „Wir haben die Eltern immer frühzeitig mit ins Boot geholt, wenn es irgendwelche Probleme gegeben hat“, ergänzt Hohl.

Die Moderatoren der gelungenen Abschlussfeier des Gymnasiums Altlünen.

Die Moderatoren der gelungenen Abschlussfeier des Gymnasiums Altlünen. © Gymnasium Altlünen

Hat das Thema Emotionen auf irgendeiner Ebene eine Rolle gespielt? „Es hat durchaus Situationen der Verzweiflung gegeben, weil wieder etwas Neues auf uns zugekommen ist“, berichtet Rausch-Holtermann. Zudem habe es Verunsicherung, wegen politischer Vorgaben, „die dann mal so und mal so aussahen“. Das sei schon auch an die Nerven gegangen, „weil man permanent hinterher hecheln muss“. Das habe auch für Eltern und Schüler gegolten. Später, als sich eine gewisse Routine eingeschliffen habe, sei die psychosoziale Verfassung deutlich besser gewesen.

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Wobei man nicht vergessen dürfe, dass der 2021er Abiturjahrgang vieles verpasst habe, sagt Reiner Hohl. VoFi-Fete, Mottowoche, Berlin-Fahrt - Veranstaltungen, die zu einem runden Schülerdasein gehören. „Da gab es Enttäuschung, aber kein großflächiges Jammern. Es gab ein hohes Maß von Eigenverantwortung der Schüler, die Abschlussfeier zu organisieren.“

Wie bereitet sich die Schulleitung auf das neue Schuljahr vor, von dem man angesichts des Coronageschehens nicht voraussagen kann, wie es laufen wird? „Wir bereiten das Schuljahr als ganz normales Schuljahr vor“, antwortet der stellvertretende Schulleiter Michael Rausch-Holtermann. Wichtig sei aber insbesondere, die Spreizung in den Griff zu kriegen. Heißt: „Die besseren Schüler sind besser mit der Situation zurecht gekommen und die schlechteren schlechter. Das müssen wir durch Förderung und Ähnliches auffangen.“ Da gelte es auch, zu schauen, welches der Förderprogramme von Bund und Land in Frage kommen. „Und da würde ich mir wünschen, dass wir gefragt würden, was wir brauchen.“ Personal zum Beispiel, so dass Klassen oder Lerngruppen verkleinert werden können. Diese Wünsche sehe er in keinem der Förderprogramm verwirklicht.