860 Euro Vorkasse, ohne erfolgreiche Leistung Lünerin fühlt sich von Kammerjäger betrogen

860 Euro Vorkasse: Lünerin fühlt sich von Kammerjäger betrogen
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Getrappel auf dem Dachboden macht Erika Schmidt aus Lünen-Brambauer nervös. Die Frau, die ihren wirklichen Namen nicht veröffentlicht sehen will, vermutet Tiere im Gebälk: Vielleicht einen Marder, vielleicht aber auch Mäuse oder Eichhörnchen. „Wir werden nachts davon wach“, berichtet ihr Mann. Die Tiere sind hinter den Trockenbauwänden oder in den Zwischenböden. Man könne sie nicht sehen, aber hören.

Nach Absprache mit dem Vermietet war klar: Das ist ein Fall für einen Schädlingsbekämpfer. Erika Schmidt wollte schnelle Hilfe. Sie suchte im Internet. Als ersten Eintrag sah sie Kammerjäger Hermann, angeblich aus Lünen. Weil ihr die Seite professionell erschien, reagierte sie gutgläubig. In der Eile war ihr nicht aufgefallen, dass es dort nur eine Mobilnummer gab, die Adresse in Bielefeld ist und bei der Umsatzsteuer-ID keine Angabe steht, sondern nur der Satz „nach Anfrage aufgrund Missbrauch Gefahr von schwarzen Schafen in der Branche“. Heute ist sie schlauer und wäre fast um 860 Euro ärmer.

Nach zwei Tagen war ein Kammerjäger da, mit Einweg-Overall, Atemschutzmaske und Sprühflasche. Weil Erika Schmidt ängstlich ist, hat sie ihn allein auf dem Dachboden werkeln lassen. Nach einer halben Stunde sei er fertig gewesen, habe gesagt, dass er die Einstiegsöffnung nach zwei Tagen verschließen würde und sie solange nicht in das Zimmer sollte. Dann habe der Kammerjäger 860 Euro verlangt. Der Preis hinge von der Größe der zu benebelnden Fläche und von der des Nagetieres ab. Erika Schmidt hat mit Kreditkarte bezahlt. Noch immer hört die Familie tierisches Getrappel auf dem Dachboden. Wiedergekommen ist der Kammerjäger bis heute auch nicht.

Nicht mehr zu erreichen

Telefonisch sei der Schädlingsbekämpfer für die Schmidts nicht mehr zu erreichen gewesen. Ihr Glück: Erika Schmidt konnte die Kreditkarte nach einem Tag sperren und die Zahlung zurückbuchen lassen. Die Schmidts vermuten eine Betrugsmasche und wollen andere davor warnen. Sie erstatteten Anzeige bei der Polizei und wandten sich an die Verbraucherberatung.

Die Redaktion hat bei Kammerjäger Hermann angefragt. Dort hieß es, man sei nur der Vermittler und brauche den Kundennamen, um die ausführende Firma kontaktieren zu können. Von einer Vermittlung ist auf der Internetseite aber keine die Rede.

Jutta Gülzow, Leiterin der Lüner Verbraucherberatung, sieht in dem Vorgehen eine typische Herangehensweise, Notsituationen auszunutzen. Ähnlich wie bei Schlüsseldiensten oder Rohrleitungsproblemen würden Firmen dafür sorgen, dass sie im Internet ganz oben auftauchten und den Anschein erwecken, dass es sich um eine lokale Firma handele. Sie rät, sich genau über eine Firma zu informieren, auch für den Fall, dass man sie später bei möglichen Reklamationen wieder kontaktieren könne.

Über den Preis sollte vorher offensiv gesprochen werden. Habe man das versäumt, sollte man beim Bezahlen kühlen Kopf bewahren. Ist der Preis höher als vereinbart, sollte man nicht zahlen. Wenn derjenige dann die Wohnung nicht verlassen wolle, sollte man sich nicht scheuen, die Polizei zu rufen.

Zertifizierte Betriebe

 Kreditkarte
Per Kreditkarte hat die Lünerin bezahlt. Sie konnte die Karte sperren lassen. © picture alliance/dpa

Bei der Verbraucherberatung Lünen kämen Probleme mit Kammerjägern eher selten vor, zufällig in letzter Zeit aber schon zum zweiten Mal. Die Familie Schmidt hat sich inzwischen über den Schädlingsbekämpfer-Verband genauer informiert. Dort gibt es eine Liste mit zertifizierten Betrieben. Einen solchen haben sie jetzt gewählt. Der hat sein Kommen in nächster Zeit zugesagt. Er nimmt keine Vorkasse, sondern schickt die Rechnung direkt an den Vermieter.

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