Drei Disziplinen – eine Familie

Triathlon

Triathlon: Bekannt ist Familie Jungesblut, weil alle vier Familienmitglieder Triathlon betreiben. Die Familie hält zusammen, will es aber nicht übertreiben mit dem Sport. Der Jahresurlaub ist trotzdem nach ihm ausgerichtet.

Olfen

von Sebastian Reith

, 22.12.2017, 15:05 Uhr / Lesedauer: 4 min
Bei der ersten Langdistanz 2016 in Köln kämpfte Frank Jungesblut auch mit dem schlechten Wetter.

Bei der ersten Langdistanz 2016 in Köln kämpfte Frank Jungesblut auch mit dem schlechten Wetter. © Foto: TriTeam Selm

Im Wohnzimmer von Familie Jungesblut in Olfen brennen die Kerzen am Adventskranz, der mit Tannenzweigen geschmückt auf dem großen Wohnzimmertisch steht. Frank Jungesblut (46) sitzt daneben. „Es musste damals irgendwie ein Wettkampf her“, erzählt der Familienvater von den Anfängen mit Triathlon vor 15 Jahren. Er hat die drei anderen Familienmitglieder nach und nach angesteckt mit dem Triathlon-Fieber. Feiertage und Triathlons haben etwas gemeinsam bei der vierköpfigen Familie: Es sind Tage, die die Familie zusammen verbringt. Jeder Triathlon wird automatisch ein Familienausflug.

Frank Jungesblut ist am längsten dabei: mittlerweile 15 Jahre. Über den Radsport kam er zum Triathlon. „Ich habe im Freibad in Erkenschwick einen Triathlon gesehen und mir gesagt: Die anderen beiden Sachen kannst du auch noch.“ Alleine begann er über die Volkstriathlon-Distanz. Die heißt nicht ohne Grund so. Sie gehört zu den kürzesten Triathlon-Distanzen, ist ein Wettbewerb für Einsteiger: 500 Meter Schwimmen, 20 Kilometer Fahrradfahren und 5 Kilometer Laufen.

Heute sagt Jungesblut: „Das hat sich eingebrannt und sich immer weiter gesteigert mit dem Sport.“ In seiner Heimatstadt Erkenschwick trat er vor elf Jahren den Triathleten des TuS 09 Erkenschwick bei. Dann kam die erste Mitteldistanz (1,9 Kilometer Schwimmen, 90 Kilometer Radfahren, 21,1 Kilometer Laufen). „Jedes Jahr ein bisschen mehr“, beschreibt er die Entwicklung.

Inzwischen ist er bei der Langdistanz angekommen mit 3,8 Kilometern Schwimmen, 180 Kilometern Radfahren und einem Marathon von 42,195 Kilometern zum Abschluss. Dass der Sport trotz Erfahrung unberechenbar bleibt, musste er feststellen: „Ich wollte es in der Liga krachen lassen. Aber ich habe so überzogen, dass ich das Schwimmen gar nicht überstanden habe“, erzählt Frank Jungesblut.

Ein Blick vier Jahre zurück: Damals begannen auch Sohn Simon (16) und später Mutter Martina (46) mit dem Sport. Simon Jungesblut schwamm beim Olfener Schwimmclub, probierte Fußball und Handball aus, begleitete dann seinen Vater zu ersten Wettkämpfen. „Ich freue mich, dass ich wieder beim Schwimmen dabei bin und dass es abwechslungsreich ist“, sagt Simon Jungesblut, der in der A-Jugend wegen seiner Wurzeln beim OSC zu den besseren Schwimmern gehört, obwohl klar ist: In der Regel machen die guten Läufer des Rennen.

Der älteste Sohn impfte dann auch seine Mutter: „Ich bin eigentlich nur dazu gekommen, weil Simon zu mir gesagt hat: Jetzt habe ich einen Triathlon gemacht und wann machst du einen?“ Martina Jungesblut raffte sich auf, hatte schon vorher mit Jogging angefahren. Schwimmerfahrung hatte sie auch schon – da fehlte nur noch das Radfahren. Da Simon und Martina Jungesblut auf ähnlichem Niveau sind, hat sich ein kleines Duell entwickelt. „Die beiden führen gegeneinander Strichliste“, sagt Frank Jungesblut und lacht – ein Vergleich, der 2017 an die Mutter ging. Noch, denn Simon Jungesblut dürfte 2018 durch seine Entwicklung gute Karten haben, seine Mutter regelmäßig zu schlagen. Und auch Vater Frank spürt den Atem des Sohnes: „Bei den Vereinsmeisterschaften war Simon vor mir aus dem Wasser. Er hatte sein Fahrrad schon in der Hand, als ich noch unterwegs war.“

Bei allem Eifer: Simon fühlt sich nicht unter Druck gesetzt. „Man hört ja oft, dass die Eltern ihre Kinder antreiben. Das ist bei uns nicht so“, sagt er. Extreme Auswüchse hat der Sport in der Familie bisher nicht genommen. Der Wettkampfplan ist mit acht Veranstaltungen pro Jahr übersichtlich, die Zielzeiten der Jungesbluts sind von einer Qualifikation für den berühmten Ironman auf Hawaii Stunden entfernt.

Die Familie hat sich ihren Triathlon als ambitionierten, aber gesunden Breitensport bewahrt. „Genau. Ein bisschen was muss man tun, aber nicht übertreiben!“, sagt Martina Jungesblut. „Das Wichtigste ist, dass wir uns ein schönes Wochenende machen“, sagt Frank Jungesblut. Mit dem Wohnwagen geht es dann beispielsweise zwei Tage an den Hennesee ins Sauerland, wo der gleichnamige Triathlon stattfindet. „Dann bilden wir auf dem Campingplatz eine Wagenburg und machen dann den Wettkampf. Das ist der Familien-Triathlon“, sagt Frank Jungesblut. Noch Jahre bevor auch Linus (11) seinen ersten Triathlon absolvierte, war die Familie zum TriTeam Selm gewechselt. „In Selm war es gleich ein bisschen anders. Es geht alles familiärer zu und die Vereinsmitglieder begleiten sich gegenseitig zum Wettkampf und feuern sich an“, sagt Frank Jungesblut.

Linus hat seine eigene Geschichte zu erzählen: die „Norderney-Story“. Bei seinem allerersten Wettkampf vor zwei Jahren hatten die Streckenposten die Radfahrer falsch geleitet. „Die waren alle zu weit gefahren und nur ich habe richtig gewendet“, sagt er. „Linus ist als Letzter auf das Fahrrad gestiegen und plötzlich kam er als Erster zurück und alle fragten sich, was los war“, fügt Frank Jungesblut hinzu.

Und so gewann Linus Jungesblut seinen ersten Wettbewerb auch gleich. Er trainiert inzwischen bei Olfens Leichtathleten mit, hat aber auch schon Schwimmerfahrung gesammelt. „Um den Wettkampf zu bestehen, ist er fit genug. Und Kinder kann man gar nicht erschöpfen“, sagt Frank Jungesblut. Um für seinen Jüngsten Veranstaltungen der Schülerdistanz (200 Meter Schwimmen, 2,5 Kilometer Radfahren, 1 Kilometer Laufen) zu finden, „muss man schon suchen. Da gibt es nur vier Wettkämpfe in Nordrhein-Westfalen“, sagt er.

Auf Sport ist der Jahresurlaub und auch die Woche in der Familie Jungesblut ausgerichtet: Bei sechs Trainingseinheiten liegt der Umfang der Eltern. Weil die Schule vorgeht, ist der Aufwand bei den Söhnen derzeit geringer. „Wir haben viele Klausuren. Da habe ich gerade nicht viel Zeit, das ist das Problem“, sagt Simon, der nur unregelmäßig trainieren kann, wie er sagt. Er besucht die Jahrgangsstufe zwölf der Olfener Gesamtschule. Das Ziel in der Ferne: „Vielleicht einmal eine Langdistanz. Irgendwann.“

Damit würde er dem Vater nacheifern, der 2018 in Moritzburg die nächste Langdistanz plant. In 11:58 Stunden absolvierte Frank Jungesblut seine erste Langdistanz 2016. „Ich will jetzt nicht auf den Putz hauen, aber ich kann mich deutlich verbessern. Jetzt weiß ich, wo der Hase langläuft. 11:15 Stunden ist schon das Ziel“, sagt er. Mutter Martina nimmt sich da erstmal kleinere Etappen vor: 2018 steht eine Olympische Distanz an (1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Rad, 10 Kilometer Laufen).

Aber es gibt Unterschiede zwischen Vater und Sohn: Während Simon sagt, dass er Disziplinen abhaken kann, widerspricht Vater Frank: „Das unterschreibe ich nicht. Ich lege das, was passiert ist, nicht ab. Wenn man ein Negativerlebnis hat, zum Beispiel im Gedränge am Start, ärgere ich mich fünf Stunden später noch drüber. Ich schleppe das mit mir rum. Der Kopf ist der größte Muskel.“

Günstig ist das Hobby Triathlon nicht. Ein Rad-Fuhrpark von mehreren Tausend Euro Ausrüstung steht bei Familie Jungesblut trotzdem nicht im Keller. Linus nutzt das alte Rad von Bruder Simon, Martina Jungesblut fährt ein Alurennrad, das die Familie gebraucht auf einer Fahrradbörse für 100 Euro gekauft hat und wieder triathlontauglich gemacht hat. „Wir sind keine Materialfreaks“, sagte Frank Jungesblut und gibt dann zu: 2018 will er sich doch ein Carbonrad zulegen. Leichter. Schneller. „Damit alle Zweifel ausgeschaltet sind“, sagt er. Weihnachten solle kein weiteres Equipment unterm Baum liegen.