Annika Paszehr: „Das mit Abstand größte Spiel meiner Laufbahn“

© Michael Dötsch

Annika Paszehr: „Das mit Abstand größte Spiel meiner Laufbahn“

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Die Schwerter Schiedsrichterin Annika Paszehr war beim DFB-Pokalfinale der Frauen an der Linie im Einsatz. Dabei konnte sie sich auf ihr Bauchgefühl verlassen.

Schwerte

, 05.07.2020, 18:40 Uhr / Lesedauer: 3 min

Annika Paszehr wusste es schon seit knapp zwei Wochen, der Öffentlichkeit gab der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Schiedsrichterinnen-Besetzung für das DFB-Pokalfinale der Frauen aber erst am späten Freitag bekannt.

Überraschend, auch für sie selbst, war Paszehr als 2. Assistentin der Bundesliga-Schiedsrichterin Nadine Westerhoff nominiert.

Nach 13 Sekunden wurde es zum Abenteuer

Das Endspiel zwischen dem VfL Wolfsburg und der SGS Essen im leeren Kölner RheinEnergie-Stadion wurde zum größten Spiel ihrer bisherigen Referee-Laufbahn – und nach 13 Sekunden auch zum Abenteuer.

Denn da stand Annika Paszehr plötzlich direkt im Fokus des Endspiels. Am Tag nach dem Finale haben wir mit der 28-Jährigen gesprochen.

Die Wolfsburgerinnen haben sich den Pokal in einem sehr spannenden Spiel im Elfmeterschießen gesichert. Könnt auch ihr Euch als Gespann über ein gelungenes Finale freuen?

Auf jeden Fall. Es war für alle ein spannendes Spiel, in dem es hin und her ging. Keine Mannschaft hat sich aufgegeben und durch das schnelle 1:0 ist ein richtig offenes Spiel entstanden. Unser Team war nach dem Spiel richtig glücklich. Wir hatten das Gefühl, ein gutes Finale gepfiffen zu haben und haben dann auch relativ schnell ein Super-Feedback bekommen. Da waren wir einfach happy, da so ein gelungenes Spiel auch für uns etwas sehr Schönes ist.

Nach wenigen Sekunden standest Du schon im Mittelpunkt: Essen erzielte blitzartig das 1:0. Die Vorarbeit des Treffers sah im ersten Moment durchaus wie eine Abseitsstellung aus. Du ließest die Fahne unten – korrekterweise. Was hast Du Dir nach diesem wilden Start gedacht?

(lacht) Wow! Glück gehabt, dass ich da schnell geschaltet habe. Mein Bauchgefühl hat mir aber direkt gesagt: Das war definitiv kein Abseits. Ich stand perfekt und war mir sehr sicher. Anhand der anderen Reaktionen habe ich dann auch schnell gemerkt, dass es die richtige Entscheidung war.

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Seit wann wusstest Du, dass du das Endspiel mitleitest?

Wir bekamen vor zwei Wochen Bescheid. Und das war schon sehr überraschend, aber auch eine besondere Anerkennung und Ehre für mich. Gleichzeitig genial, dass ich das gemeinsam mit Nadine (Anm.d.Red. Westerhoff) machen durfte. Ich begleite sie schon seit Jahren als Assistentin, sie ist eine tolle Schiedsrichterin. Übrigens wurden wir natürlich auch im Vorfeld auf Corona getestet. Erst als der Test negativ ausfiel, war auch klar, dass wir das Spiel leiten dürfen.

Konntest Du Freitagabend gut einschlafen?

Ich war schon sehr aufgeregt. Man denkt die ganze Zeit: Morgen ist der große Tag. Und mit dem Gefühl schläft man dann auch ein. Und als am Samstag dann der Wecker ging, stieg meine Aufregung von Stunde zu Stunde.

Mund- und Nasenschutz war Pflicht für Annika Paszehr (2.v.li.) und ihrem Team auf dem offiziellen Foto nach dem DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln.

Mund- und Nasenschutz war Pflicht für Annika Paszehr (2.v.li.) und ihrem Team auf dem offiziellen Foto nach dem DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln. © DFB

Wie hast Du den Samstag erlebt?

Während des Frühstücks haben wir uns im Team unterhalten. Über das, was an dem Tag so kommen könnte, vor allem aber auch über private Dinge. Im Team haben wir immer sehr viel Spaß, das ist auch sehr wichtig. Danach sind wir mit den Autos los. Am Stadion wurde es für mich realistisch, dass es in wenigen Minuten losgeht. Und obwohl keine Zuschauer ins Stadion durften, war es beim Einlaufen durch den Tunnel ein überragendes Gefühl.

Dein größtes Spiel?

Auf jeden Fall – mit großem Abstand.

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Kommt den Unparteiischen ein Spiel ohne Zuschauer eigentlich gelegen?

Das kann man gar nicht miteinander vergleichen. Ich selbst bin immer so im Tunnel und fokussiert, dass ich die Zuschauer meistens ausschalten kann. Für uns Schiedsrichter ist es also nicht negativ und nicht positiv. Jetzt waren wir mit diesem Geisterspiel bei so einem Jahrhundertereignis dabei. Klar ist es da schade, dass niemand zuschauen durfte. Ich möchte es schon mal erleben, dass in meinem Rücken 10.000 Menschen grölen, weil sie mit einer Entscheidung nicht zufrieden sind (lacht).

Du bewegst dich in aufregenden Wochen: Zuletzt der Aufstieg in die Männer-Oberliga, nun das DFB-Pokalfinale. Wie weit kann und soll es noch gehen?

Mein absolutes Ziel ist die 1. Frauen-Bundesliga. Es ist mein Anspruch, diesen Schritt noch zu packen. Gleichzeitig denke ich von Liga zu Liga und möchte mich nun auch erstmal in der Oberliga etablieren.