
© Sebastian Reith
„Namen nennen!“ - Klubs erhöhen am Runden Tisch den Druck auf Herta nach Massenschlägerei
Fußballgewalt
Der SV Herta Recklinghausen nahm beim Runden Tisch teil, an dem auch Westfalia Vinnum saß. Das Thema: die Massenschlägerei von Vinnum. Dabei ging es kritisch zu. Herta verteidigte sich.
Die Erwartungen waren nicht gerade hoch, die Westfalia Vinnum an den Runden Tisch am Freitag in Recklinghausen hatte. Doch Vinnums Vertreter zeigten sich zufrieden mit dem Zusammenkommen. Zu der Runde hatte der Fußballkreis Recklinghausen nach der Massenschlägerei eingeladen, bei der Fans und Spieler des SV Herta Recklinghausen auf Vinnumer Zuschauer und Spieler einschlugen. Die Bilanz damals: acht Verletzte, zwei von ihnen schwer.
Michael Asemann, der in seiner Funktion als Geschäftsführer von Westfalia Vinnum am Freitagabend teilnahm, lobte am Montag die Gespräche. „Es war ein sehr offener, ehrlicher Austausch. Wie so oft bei solchen Diskussionen geht man aber nicht raus und hat die perfekte Lösung. So einfach ist es leider nicht. Mit der Einstellung sind wir aber auch nicht da reingegangen“, sagte Asemann. „Wir haben keine Beschlüsse gefasst“, bestätigte Kreischef Hans-Otto Matthey.
Immer wieder Konflikte mit dem SV Herta Recklinghausen
Asemann teilte mit, dass der Zuspruch der anderen Vereine in dem Raum der Wolfgang-Borchert Gesamtschule in Recklinghausen für die Vinnumer sehr hoch gewesen sei. Vereinsvertreter hätten auch deutlich gemacht, dass es bereits in der Vergangenheit Probleme mit dem SV Herta gegeben habe.
Neben dem Kreisvorstand und Vertretern aller Vereine der Kreisliga A2 Recklinghausen bis auf Borussia Ahsen (entschuldigt) waren auch der FLVW mit Präsidiumsmitglied Andree Kruphölter vor Ort sowie Vertreter der Stadt Recklinghausen. Kruphölter ist beim Westfälischen Verband für die Sonderaufgabe Sicherheit und Gewaltprävention zuständig.
„Es ist klar geworden, dass es ein gesellschaftliches Problem ist, das angegangen werden muss“, so Asemann. Kruphölter erklärte auf Anfrage, dass der Fußball sich mit gesellschaftlichen Problemen konfrontiert sieht. „Gewaltbereitschaft ist kein spezielles Problem des Fußballs, wird aber derzeit so wahrgenommen“, sagte der Jurist.
Vereine fordern Namen von Herta-Verantwortlichen
Kritik gab es am Kreis, aber auch am SV Herta, der für die Gewalteskalation in Vinnum am 15. September verantwortlich gemacht wird. Herta war mit Vereinschef Ahmed Omayrat und Ali Mahmoud, Kapitän der zweiten Mannschaft, anwesend. Aus der ehemaligen ersten Mannschaft, die sich fünf Tage nach der Massenschlägerei vom Spielbetrieb verabschiedete, war kein Vertreter gekommen. Matthey: „Die Herta-Vertreter sind aufgefordert worden, Täter zu nennen, endlich Tacheles zu reden und Namen kundzutun.“
Die Herta-Vertreter hätten versichert, bei der Aufklärung helfen zu wollen, baten aber, den Verein nicht vorzuverurteilen. Der Tenor: Zwischen erster und zweiter Mannschaft gebe es keine Schnittpunkte. Man solle in dem Verein nicht alle Mitglieder über einen Kamm scheren - nichts Neues also. Auch habe es Asemann zufolge ein Gespräch zwischen ihm und den Herta-Vertretern gegeben - der erste direkte Kontakt mit dem Klub seit der Schlägerei.
Hat der Kreis Recklinghausen schnell genug gehandelt?
Noch ein Vorwurf: Der Kreis hätte in der Woche nach der Massenschlägerei nicht hart und schnell genug durchgegriffen. „Manche Vereine sahen Wettbewerbsverzerrung. Es hätte sein können, dass Spieler im Nachgang gesperrt werden, obwohl sie in den darauffolgenden Spielen noch teilgenommen hatten“, erklärte Asemann - das ist sicherlich aber auch eine Folge der ansonsten sinnvollen Trennung zwischen Sportgerichten und Ausschüssen.
Matthey schilderte auch, wie aus Vinnumer Richtung kritisiert wurde, dass die Westfalia eine Stellungnahme nur wenige Tage nach den Vorkommnissen hätte einreichen müssen. Hier sei ihm vorgeworfen worden, dass das Mitgefühl für die Situation gefehlt habe. Matthey: „Oft hat sich herausgestellt, dass vermeintliche Täter später Opfer waren und umgekehrt. Bevor ich mein Gesicht wahre, halte ich mich lieber bedeckt.“
Fehlende Empathie? Matthey widerspricht: „Als ich davon erfahren habe, habe ich meiner Frau gesagt, dass ich hinschmeiße. Sowas ist in den ganzen Jahren nie passiert.“
Arbeitsgruppe erarbeitet Maßnahmenpaket für den Verband
Matthey warb für einen besseren Umgang: „Ich lege wert darauf, dass wir anders miteinander kommunizieren.“ Dazu gehört wieder mehr Respekt bei allen Beteiligten - auch bei Schiedsrichtern, Betreuern, Trainern und Zuschauern, nicht nur bei Spielern.
Ein Beispiel: „Wir müssen auch auf die Schiedsrichter einwirken. Wenn diese sich mit fast asozialem Verhalten konfrontieren sehen und sich wehren und Worte fallen, die nicht so schön sind, schimpfen die Leute noch mehr auf Schiedsrichter“, so Matthey. Aus diesem Teufelskreis müssten alle Beteiligten ausbrechen. Der Kreischef setzt auf Deeskalation und kündigte Lehrgänge zu dem Thema an. Und auch beim Verband soll sich was tun: Ein Fairplay-Arbeitskreis erarbeitet derzeit Handlungsempfehlungen und steht mit der Arbeit kurz vor der Veröffentlichung.
Sportler durch und durch, der auch für alle Sportarten außerhalb des Fußballs viel übrig hat. Von Hause aus Leichtathlet, mit einer Faszination für Extremsportarten, die er nie ausprobieren würde. Gebürtig aus Schwerte, hat volontiert in Werne, Selm, Münster und Dortmund.
