Wie Pascal Formann die Corona-Krise beim VfL Wolfsburg erlebt

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Wie Pascal Formann die Corona-Krise beim VfL Wolfsburg erlebt

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Beim VfL Wolfsburg hat Pascal Formann das Training wieder aufgenommen - aber er trainiert nicht alle Torhüter des Klubs gleichzeitig. Wie das Training organisiert ist, erzählt er im Interview.

Südkirchen

, 02.04.2020, 13:44 Uhr / Lesedauer: 4 min

Pascal Formann verzichtet während der Corona-Krise auf Heimatbesuche. Der 37-jährige Torwarttrainer des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg trainiert mittlerweile wieder in Kleingruppen mit den Spielern. Im Interview bietet der Südkirchener einen Einblick in das Innenleben des Vereins - und auch bei ihm ist Gehaltsverzicht ein Thema.

Herr Formann, obligatorische Frage in diesen Tagen: Sind Sie und Ihre Familie gesund?

Ja. Frau und Kind, Eltern und nahe Verwandtschaft sind alle gesund. Alle passen sehr sensibel auf sich auf und sind darauf bedacht, die Hygienemaßnahmen einzuhalten. Man ist eingeschränkter in seiner Privatsphäre, aber wir halten uns daran, den Kontakt zur Außenwelt herunterzufahren. Wir besuchen derzeit auch nicht unsere Eltern. Wir wollen uns und auch die anderen keiner Gefahr aussetzen.

Haben Sie die letzten Wochen in Wolfsburg verbracht?

Ja, wir haben sehr viel Zeit mit unserem Kind zu Hause verbracht, waren viel im Garten – da waren wir zum Glück nicht ganz eingesperrt. Unser Sohn ist fast 8 Jahre alt – da kommt jetzt auch die Playstation etwas mehr ins Spiel. Er macht jeden Tag seine Aufgaben mit Bravour. Der Tag ist gefüllt, aber es ist nichts für die Ewigkeit. Ich hoffe, dass es nach Ostern eine Entscheidung gibt, wie es weitergeht. Gerade für die Kinder.

Wie haben Sie das Herunterfahren des gesellschaftlichen Lebens erlebt? Es ging ja innerhalb weniger Tage sehr schnell.

Wir haben der Bundeskanzlerin schon sehr genau zugehört, weil wir ja auch etwas Angst vor der Ausgangssperre hatten, die es in anderen Ländern gab. Trotzdem haben wir uns schon etwas darauf vorbereitet. Aber ich weiß auch nicht, was richtig oder falsch ist, was richtig erzählt wird oder nicht, welche Zahlen korrekt sind oder nicht. Man muss einfach für sich Verantwortung übernehmen und die Hauptregeln einhalten.

Wolfsburg hätte am 15. März, einem Sonntag, in Augsburg gespielt. Noch am Donnerstagabend (12. März) hat der VfL Wolfsburg in der Europa League gegen Schachtar Donezk gespielt (1:2) – einen Tag später wurde der Bundesligaspieltag abgesagt. Wie haben Sie die Nachrichten erreicht?

Es hieß lange, dass wir spielen, wahrscheinlich ohne Zuschauer. Es wusste aber keiner genau, was passiert. Am Freitagnachmittag, nachdem wir nach Hause gegangen sind, kam dann doch die erwartete Meldung, dass alle Spiele ausfallen. Wir waren topvorbereitet und hatten am Freitag mit der Prämisse das Trainingsgelände verlassen, dass wir uns Samstag treffen und nach Augsburg fliegen. Die Woche davor gegen Union Berlin war es schon an der Grenze, weil man mit vielen Leuten in Kontakt gekommen ist.

Wie haben Sie in den folgenden Tagen das Torwarttraining gestaltet?

Wir haben erstmal abgebrochen und den Jungs Trainingspläne für Zuhause mitgegeben. Ich bin auch zu Hause geblieben und nur sehr selten, wenn dann spätabends, zum Trainingsgelände gefahren, um meine Übungen zu machen, damit ich auch fit bleibe. Jetzt haben wir uns entschieden, in Kleingruppen im Kraftraum zu trainieren. Es kommt nicht zu Überschneidungen, die Gruppen sind isoliert. Es gibt verschiedene Kabinen und strikte Hygiene- und Präventionsmaßnahmen. Das ist alles perfekt organisiert.

Mit wem befinden Sie sich in einer Gruppe?

Mit Torwart Pavao Pervan. Wir haben die Gruppen auch nach Position aufgeteilt. In jeder Gruppe befindet sich ein Torhüter. Wenn mal ein Torwart ausfallen sollte, haben wir noch Ersatz. So können wir das Bestmögliche herausholen. Aber ganz einfach ist es natürlich nicht, auch wenn die Jungs mit sehr viel Power und Enthusiasmus mitziehen. Wir sehen aber das gute Wetter draußen und können nicht auf den Platz und unserem Beruf nachgehen.

In der Mixed Zone, wo eigentlichen Journalisten und Spieler aufeinandertreffen, absolvieren Kevin Mbabu und Ismail Azzaoui eine Fitnesseinheit - mit Sicherheitsabstand zueinander. Die Vorsichtsmaßnahmen beim VfL Wolfsburg sind hoch.

In der Mixed Zone, wo eigentlichen Journalisten und Spieler aufeinandertreffen, absolvieren Kevin Mbabu und Ismail Azzaoui eine Fitnesseinheit - mit Sicherheitsabstand zueinander. Die Vorsichtsmaßnahmen beim VfL Wolfsburg sind hoch. © VfL Wolfsburg

Wir kann man in die Übungen in den eigenen vier Wänden und in Kleingruppen torwartspezifisches Training einbauen?

Natürlich gibt es ein paar Sachen, die man auf der Bodenmatte durchführen kann. Aber ich habe die Spieler auch in Ruhe gelassen, weil sie mit den Gedanken bei ihren Familien sind und kleine Kinder haben. Da darf man nicht zu viel Input geben. Da sind uns auch die Hände gebunden.

Wie nehmen Sie die Stimmung im Umfeld des Klubs wahr?

Wir hoffen schon, dass bald wieder gespielt werden kann und gehen davon auch aus. Alle sind froh, aus dem Alltag zu Hause rauszukommen und Sport zu treiben. Wie gesagt: Das ist unser Beruf. Das Wichtigste ist, dass man optimistisch rangeht. Ich glaube schon, dass wir diese Saison noch einmal Fußball spielen werden.

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Dann wahrscheinlich aber nur als Geisterspiele. Kennen Sie das?

Das ist natürlich nicht schön. Fußball lebt von Emotionen und von Zuschauern. Das macht wenig Spaß. Aber das ist auch nicht immer die Frage, sondern andere Faktoren entscheidend, wenn man über Sponsorenverträge und Fernsehgelder spricht. Wir müssen das so annehmen. Jeder Verein in Deutschland hat da die gleichen Voraussetzungen. Gegen Schachtar Donezk haben wir einen Vorgeschmack bekommen, das war nicht so prickelnd. Aber wenn es so ist, dann ist es so.

Glauben Sie, dass die Europa League – Wolfsburg muss das Achtelfinal-Rückspiel noch bestreiten – noch einmal anläuft?

Es wird schwierig, die Spiele umzusetzen. Vielleicht gibt es einen anderen Modus. Ganz entscheidend ist der nationale Wettbewerb. Darauf pocht jeder Verband.

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Können Sie verstehen, dass es viele kleine Vereine gibt, die Zukunftssorgen haben?

Auf jeden Fall! Für ganz viele Vereine kann es existenzbedrohend sein, wenn auf Dauer nicht mehr gespielt wird. Es häng viel daran, dass der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Es hätte verehrende Auswirkungen, wenn es nicht weitergeht. Ich kann mich glücklich schätzen, beim VfL Wolfsburg zu arbeiten, auch wenn es natürlich für uns keine leichten Zeiten gerade sind.

Es gibt in vielen Vereinen Maßnahmen wie Kurzarbeit in der Verwaltung und Gehaltsverzicht von Lizenzspielern und Trainerstab. Gibt es so etwas in Wolfsburg auch?

Ja natürlich. Auch hier verzichten Mannschaft und Trainerstab sowie die Geschäftsführung auf einen Teil ihrer Gehälter. Es sollte aber nicht nur die Fußballer, die viel Geld verdienen, betreffen, sondern viele gut bezahlte Angestellte bei großen Firmen sollten ebenfalls darüber nachdenken, zu verzichten. Es geht nicht nur um den Fußball. Alle sollten mitmachen und symbolisch etwas zurückgeben, weil es uns in der Gesellschaft sehr gut geht.