Jürgen Klopp ist Trainer des FC Liverpool. Doch auch in der Kreisliga ist er zu finden.

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Er wird „Kloppo der Kreisliga“ genannt - und hält sogar Ansprachen vor Regionalliga-Spielern

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Eigentlich ist er Trainer eines Kreisligisten. Doch auch die Spieler des SV Lippstadt macht er vor Spielen heiß. Wie es dazu kam und was er mit Jürgen Klopp gemeinsam hat.

Nordkirchen, Lünen, Kamen

, 20.01.2021, 06:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Was könnten Jürgen Klopp und ein Kreisliga-Trainer gemeinsam haben? Nicht viel? Da würden die Spieler eines Kreisligisten widersprechen.

Denn es gibt etwas, das den Trainer des FC Liverpool und den Nordkirchener Patrick Linnemann von SuS Kaiserau II eint. Neben seinen Ausbrüchen an der Seitenlinie ist Klopp besonders für seine emotionalen Mannschaftsansprachen bekannt. Dafür ist auch Linnemann in seinem Team berüchtigt. Das brachte dem Trainer des Kamener Fußball-A-Ligisten den Spitznamen „Kloppo der Kreisliga“ ein.

Der Nordkirchener Patrick Linnemann ist Trainer des Kamener A-Ligisten SuS Kaiserau II.

Der Nordkirchener Patrick Linnemann ist Trainer des Kamener A-Ligisten SuS Kaiserau II. © Malte Woesmann

„Das ist ein großes Kompliment“, sagt er. „Das ist schon etwas, das mich auszeichnet. Ich bin mit Herzblut dabei. Ich bringe trockene taktische Themen emotional rüber. Ich spiele kein Bullshit-Bingo und benutze irgendwelche Phrasen.“

Seine große Stärke sprach sich sogar bis zum SV Lippstadt herum. „Das ist eine witzige Geschichte. Lippstadt wollte die Jungs vor einem Spiel besonders heiß machen und suchte dafür jemanden, der eine Kabinenansprache hält. Sie sollten mit Feuer rausgehen. Da bin ich dann ins Rennen gekommen.“

Der Kontakt nach Lippstadt kam über Marc Woller, Ex-Trainer des Lüner SV, der jetzt Co-Trainer beim Regionalligisten ist und mit Linnemann zusammen in Kaiserau war, zustande. „Wenn er nicht konnte, habe ich ihn als Trainer der Ersten in der Landesliga vertreten. Sein Schwiegersohn in spe spielt bei mir in der Zweiten.“

Und das Vitamin B zahlte sich aus: Die Ostwestfalen entschieden sich für Linnemann als Heißmacher. „Am Freitagabend kam der Anruf. Möchtest du nicht die Ansprache machen? Aufgrund von Corona sollte natürlich alles digital erfolgen. Aber mach mal eine Ansprache mit Jungs, die du nicht kennst.“

Patrick Linnemann bei der Videoansprache vor der Mannschaft des SV Lippstadt.

Patrick Linnemann bei der Videoansprache vor der Mannschaft des SV Lippstadt. © Patrick Linnemann

Doch er erreicht die Mannschaft anscheinend. Einen Tag nach der Zusage hielt er die Ansprache. Lippstadt, wo auch der Ex-Spieler des Lüner SV, Johannes Zottl spielt, gewannen anschließend am ersten Spieltag mit 2:0 gegen den VfB Homberg. „Das war geil.“ Aber danach hörte Linnemann lange nichts mehrt vom Verein. Bis sich die Lippstädter im Dezember 2020 wieder bei ihm meldeten.

Vor der Partie gegen Bergisch Gladbach war die Stärke des Kaiserau-Trainers wieder gefragt. „Es war wieder ein wichtiges Spiel. Schwups, sie haben wieder gewonnen.“ Mit 3:0 siegte der abstiegsgefährdete Regionalligist gegen den direkten Konkurrenten.

Johannes Zottl (r.), hier noch im Dress des Lüner SV, spielt seit Januar 2020 beim SV Lippstadt.

Johannes Zottl (r.), hier noch im Dress des Lüner SV, spielt seit Januar 2020 beim SV Lippstadt. © Günther Goldstein

Die Erfolgsquote von Linnemanns Ansprachen beeindruckte die Verantwortlichen anscheinend. Er sollte sie auch mal live in der Kabine halten. Nach den üblichen Corona-Tests war es vor dem letzten Spiel des vergangenen Jahres gegen den SV Straelen so weit.

Dort gab es aber „nur“ ein 1:1. „Mit mir hat Lippstadt aber noch nicht verloren“, zeigt Linnemann sich selbstbewusst. „Danach habe ich mit den Verantwortlichen über Fußball philosophiert und wir haben gemerkt, dass es ganz gut passt. Da haben sie mich gefragt, ob ich das Trainerteam nicht unterstützen möchte. Seit Januar mache ich dort eine Art Praktikum.“

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Dabei nimmt er aber nicht nur eine beobachtende Rolle ein. „Ich bin total integriert. Ich habe meine eigene Trainingsgruppe. Da muss man auch nicht die Angst haben, dass nur fünf Leute beim Training sind“, sagt er und lacht.

Schwierigkeiten beim Eingewöhnen habe er als Kreisliga-Trainer bei den Spielern, die teilweise sogar Profi-Erfahrung haben, nicht gehabt. „Ich wurde super aufgenommen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es in der Regionalliga noch so familiär ist.“

Ein längeres Engagement in Lippstadt ist möglich

Aber noch ist Linnemann auch Trainer der zweiten Mannschaft des SuS Kaiserau - und das soll auch so bleiben. „Das Verhältnis ist erstmal unbefristet, solange wir Bock haben und im Amateurfußball nicht wieder gespielt wird. Aber wir sind dabei, andere Sachen auszuchecken.“

Ein längeres Engagement beim SV Lippstadt ist also nicht ausgeschlossen, aber: „Für mich steht fest, dass es nur eine Zwitter-Lösung geben kann. Ich will auch Trainer in Kaiserau bleiben.“

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Und vielleicht geht es für ihn ja noch höher hinaus in den Profi-Fußball. „Wen reizt das nicht? Aber das muss mit dem Umfeld vereinbar sein. Im Moment denke ich noch nicht so weit. Ich genieße das. Das ist ein Privileg. Ich nehme hier unfassbar viel mit, viele Erfahrungen, die wertvoll sind.“

Wie schnell alles gehen kann, beweise der Schalker Dreifach-Torschütze vom Bundesliga-Sieg gegen Hoffenheim, Matthew Hoppe. „Der hat in der Hinserie noch gegen Lippstadt gespielt.“

„Weg von diesem Felix-Magath-Stil“

Alter spiele sowieso keine Rolle mehr, sagt der 40-Jährige. „Das ist wie in einer Beziehung. Man muss sich verstehen.“ Ein Beispiel dafür sei Lippstadts Trainer Felix Bechtold, der erst 29 Jahre alt ist.

„Felix ist sensationell. Man muss weg von diesem Felix-Magath-Stil kommen, von oben zu herrschen. Alter spielt keine Rolle, wenn die Jungs merken, dass der Weg funktioniert.“

Patrick in Linnemann in der Kabine vor dem Spiel gegen Homberg.

Patrick in Linnemann in der Kabine vor dem Spiel gegen Homberg. © Patrick Linnemann

Deswegen sei Linnemann auch davon überzeugt, dass Lippstadt den Klassenerhalt schafft. „Sie haben die Qualität, um in der Liga zu bleiben.“ Im ersten Spiel des neuen Jahres gab es einen 3:1-Sieg gegen Homberg. Der Lauf des Nordkircheners geht also weiter.

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