Kreuz- und Innenbandriss: Die Diagnose, die Paul Mantei am Dienstag bekam, ist niederschmetternd. Die erste Operation erfolgt schon am Donnerstag. Sogar ein Karriereende steht im Raum.
Paul Mantei (23), Verteidiger beim Bezirksligisten TuS Westfalia Wethmar, hat sich am vergangenen Sonntag im Kreispokalspiel beim SV Afferde einen Kreuz- und Innenbandriss zugezogen (wir berichteten). Der 23-Jährige wird damit wieder viele Monate ausfallen. Wir haben ihn am Platz des TuS Westfalia Wethmar getroffen mit ihm über sein Seelenleben, Unterstützung von Lüner Sportlern und ein mögliches Karriereende gesprochen.
Herr Mantei, wie geht es Ihnen?
Ich muss schon sagen, dass es dieses Mal schon ein bisschen mehr wehtut als beim letzten Mal. Am Anfang dachte ich, dass das vielleicht noch ein ganz gutes Zeichen sein kann, hat sich dann aber nicht bewahrheitet. Der seelische Teil ist auch nicht ganz einfach. Der Schock ist noch ein bisschen in den Knochen, aber man kommt zurecht.
Inwieweit haben Sie diese Verletzung schon realisiert?
Eigentlich ging das relativ schnell. In der Szene selber habe ich sofort gemerkt, dass es wieder das Kreuzband sein muss. Ich habe es knacken gehört. Mit dem Schmerz danach wird einem schnell klar, was das alles bedeuten kann. Das ist ein harter Moment. Wenn man abends zuhause ist, denkt man viel darüber nach, wie man jetzt weiter vorgeht.
Was waren nach der Szene Ihre allerersten Gedanken?
Der erste Gedanke war: Nie wieder Fußball. Man sollte keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber das ist ein Faktor, mit dem ich mich beschäftigen muss, weil andere Dinge im Leben auch wichtiger sind. Erstmal werde ich mich zurückkämpfen und alles dafür geben, wieder schnell auf den Beinen zu sein.
Wie hat Ihr Umfeld auf die schwere Verletzung reagiert?
Ich habe viele Nachrichten bekommen. Das war auch schon nach der ersten Verletzung so. Hier in Lünen unter den Sportlern ist das schon eine sehr gute Sache. Ob es Dennis Köse ist, der mir schon nach der ersten Knieverletzung Tipps gegeben hat. Oder ob es Daniel Mikuljanac ist, der das selber gut kennt oder auch Christoph Krziwanek. Auch die Mannschaft ist mir sehr nah, sie hat mir gute Besserung gewünscht und hofft, dass ich wieder zurück auf den Platz komme. Man kann mich nur ein bisschen bemitleiden.
Hilft das trotzdem?
Ja, na klar. Die Mannschaft steht hinter mir, gibt mir das Gefühl, für mich da zu sein und so viele Punkte wie möglich zu holen. Das ist schon ein schönes Gefühl für mich.
Die Diagnose haben Sie seit Dienstag. Welche Schritte stehen nun an?
Aktuell ist alles noch sehr instabil. Der Gegenspieler ist mir ja seitlich ins Knie gefallen, deswegen ist das Knie noch etwas krumm. Ich werde nächste Woche Donnerstag zum ersten Mal operiert. Da wird mir wieder der Meniskus hübsch gemacht. Danach muss das Innenband für sechs bis zehn Wochen ausheilen und der Meniskus muss intakt sein. Danach wird dann das vordere Kreuzband operiert. Es sind also wieder zwei Schritte wie beim letzten Mal.
Wie lange fallen Sie dann aus?
Das wird wieder eine lange Zeit dauern. Die letzte Verletzung hat mich ein Jahr rausgebracht, weil man natürlich auch nichts riskieren will. Ich wollte mir sicher sein, dass ich wieder fit bin und vom Kopf komplett da bin. Ich kann nicht genau sagen, wie lange es dauert. Aber dadurch, dass es wieder zwei Operationen sind, erfordert das schon eine Menge Zeit - mit einem Jahr kann man rechnen.

Krücken und eine Bandage begleiten Paul Mantei (r.). Im Interview hat er mit Sportredakteur Patrick Schröer über seine Verletzung gesprochen. © Timo Janisch
Sie verpassen die gesamte Saison - daneben auch das Derby am kommenden Wochenende. Wie schmerzhaft ist das?
Ja, das liegt mir sehr schwer in den Knochen. Ich war gut drin in den letzten Vorbereitungsspielen und habe gemerkt, man kommt immer besser rein. Das Gefühl, wieder in den Wettkampfmodus zu kommen und mit dem Derby zu starten, war schon gut. Ich habe persönlich in Brambauer noch nie gewonnen, auch das liegt mir schwer in den Knochen. Ich wollte alles dafür geben, dass es zum ersten Mal klappt. Jetzt ist es schade, dass ich nicht dabei sein kann, aber von außen werde ich die Jungs unterstützen.
Also schauen Sie sich das Spiel an?
Auf jeden Fall. Man kann es eh nicht ändern, dass ich verletzt bin. Es ist ein blödes Gefühl, aber ich weiß, dass die Mannschaft alles dafür geben wird, am Sonntag zu gewinnen - unabhängig von mir. Ich will einfach dabei sein, wenn es um Punkte geht. Dafür liebe ich auch den Sport zu sehr.
Wie sehr hadern Sie momentan mit der Welt?
Ich habe immer gelernt, dass man positiv denken muss. Natürlich ist es schwierig, immer bei guter Laune zu bleiben, jetzt wo ich ja auch wieder bewegungseingeschränkt bin und die Hilfe von anderen brauche - was Fahrereien und Arzttermine angeht. Natürlich vermisse ich auch den Sport.
Woraus ziehen Sie Kraft?
Die Mannschaft, der Verein, das Umfeld und die ganzen Sportler aus Lünen geben einem Kraft. Auch Freunde und Familie stehen natürlich hinter einem.

Trotz seiner Verletzung wird Paul Mantei am Sonntag sich das Derby gegen den BV Brambauer ansehen. © Timo Janisch
Was haben Sie aus der Zeit zwischen den beiden Kreuzbandrissen gelernt?
Ich habe gelernt, dass man den Sport schätzen muss und dass es extrem fehlt, wenn man nicht kann. Das ist total verrückt. Man weiß dann zu schätzen, was man an dem Sport hat - das ganze Teamgefüge, die Kabine, die Kabinenansprache. Das ist etwas, was gefehlt hat. Ich habe gelernt, dass ich dem Sport sehr nahe bin.
Ist die Bindung zum Verein noch einmal größer geworden?
Die Bindung zum Verein war mein Leben lang gegeben. In solchen Zeiten ist die Anteilnahme groß. Die Leute sprechen einen an und fragen, wie es weiter geht. Da rückt man natürlich enger zusammen. Da merke ich auch, dass ich mich nie in der Mannschaft getäuscht habe und dass es eine sehr feine Truppe ist.
Mit Blick auf die Zukunft: Kehren Sie noch einmal auf den Fußballplatz zurück?
Ich will mir das noch ein bisschen offenlassen. Man muss auch schauen mit den Operationen. Es gibt noch andere Dinge, die im Leben wichtig sind - wie die Arbeit. Es ist im Prinzip nur ein Hobby und deswegen beschäftigt man sich schon, wie es sein könnte, wenn man auf den Fußball verzichtet.
Wenn Sie als Spieler aufhören würden, bliebe ein Posten als Trainer. Hat so etwas schon einmal in Ihren Gedanken eine Rolle gespielt?
Das ist eine schwierige Frage, ich bin 23 Jahre alt und habe nie gedacht, mit 23 über das Aufhören nachdenken zu müssen. Ob ich an dem Trainerjob irgendwann mal Spaß haben würde, weiß ich nicht.

Kann schon wieder lachen: Paul Mantei (r.) im Gespräch mit Sportredakteur Patrick Schröer © Timo Janisch
Sie haben Daniel Mikuljanac angesprochen, der auch zwei Kreuzbandrisse hatte. Ein prominentes Beispiel ist auch Patrick Fabian vom VfL Bochum, der vier Kreuzbandrisse hatte. Beide sind auf den Platz zurückgekehrt. Macht das Hoffnung?
Ja. Ich habe mit Daniel ja auch privat viel zutun. Er gibt mir Tipps und ich kann ihn jederzeit fragen. Wenn ich jetzt sehe, dass er jetzt wieder auf dem Platz steht und sich voll reinknallt, dann motiviert das natürlich. Ein Fußballprofi hat noch einmal andere Behandlungsmethoden, denke ich.
Westfalia Wethmar hat jetzt ein Problem auf der Innenverteidigerposition, weil in Bastian Quiering ein weiterer Verteidiger mit Kreuzbandriss ausfällt. Wie lautet Ihre Prognose für Sonntag und für den Saisonstart?
In erster Linie kann ein Derby zum Start Aufwind bringen - genauso kann es aber auch in die andere Richtung gehen. Ich denke mal, dass sich da beide Seiten sehr ähnlich sind. Wir haben viele junge Spieler, die sehr ehrgeizig sind, sich reinhängen und die Ausfälle in gewisser Weise sehr gut kompensieren können. Wir sind in der Innenverteidigung mit Jonas Osterholz sehr gut aufgestellt, der ist in einer überragenden Form. Wir haben einen anderen Spirit im Team - jeder kann für den anderen laufen.
Ihr Tipp für Sonntag?
Es wird ein schwieriges Spiel wieder. Es wird sehr zur Sache gehen. Wir werden das mit 2:1 gewinnen.
Ist bereits seit Kindesbeinen an von Ballsportarten – insbesondere Fußball – fasziniert. Stets neugierig auf der Suche nach Geschichten, auch abseits des Ballsports. Die Liebe zum Journalismus entdeckte er über sein großes Hobby: Fotografie.
