Fünf Jahre hat er getüftelt, sich den Kopf zerbrochen und schlaflose Nächte verbracht: Nadim Karsifi. Der 30-Jährige hört als Trainer des VfL Brambauer auf und wechselt in die Verbandsliga.
Ein Stück weit besessen ist er schon. Besessen von Weiterentwicklung, besessen von Erfolg. Nadim Karsifi, Noch-Trainer beim Handball-Landesligisten VfL Brambauer, ist ein Mensch, der Niederlagen hasst. Seine größte Angst? „Zu verlieren“, sagt er. Sein Motto: „Niemals aufgeben“, ergänzt Karsifi.
Der Brambaueraner, der seit vielen Jahren beim VfL Brambauer Mitglied ist, ist ein ehrgeiziger Mensch, ein Macher, der den Handballsport mit all seinen taktischen Möglichkeiten und Kniffen liebt. Dafür schlägt sich der ehrgeizige B-Lizenz-Inhaber gerne auch mal die Nächte um die Ohren. Die Gründe nach einer Niederlage sucht er immer zuerst bei sich. Mit einer Niederlage will er sich am Samstag von seinem Herzensklub jedoch nicht verabschieden.

Nadim Karsifi ist verrückt nach Handball: Seine nächste Station lautet PSV Recklinghausen. © Timo Janisch
Wenn Karsifi mit seinen Jungs, die am vergangenen Wochenende den Klassenerhalt in der Landesliga perfekt gemacht haben, am Samstag, 11. Mai, beim HTV Recklinghausen auf die Platte gehen, wird Karsifi sie zum letzten Mal coachen. Nach insgesamt fünf erfolgreichen Jahren als Seniorentrainer beim VfL (ein Jahr bei der Reserve, vier Jahre bei der ersten Mannschaft, Anm. d. Red.) verlässt Karsifi den VfL in Richtung Verbandsliga zum PSV Recklinghausen.
„Trennung fällt mir schwer“
„Natürlich fällt mir die Trennung schwer. Wir haben hier sehr erfolgreiche Jahre gehabt, sind gut gewachsen. Es hat sich eine Struktur etabliert und wir haben einen sehr guten Ruf bekommen“, sagt Karsifi. Erfolgreich war die Zeit gewiss. In seinem ersten Trainer-Jahr stieg er mit der VfL-Reserve 2015 von der 2. Kreisklasse in die 1. Kreisklasse auf. Danach wechselte Karsifi in die erste Mannschaft, die damals noch in der Bezirksliga spielte. Beinahe hätte der Aufstieg in die Landesliga schon im ersten Jahr unter Karsifi geklappt. Doch der VfL scheiterte damals im Relegationsspiel gegen Ferndorf. Ein Jahr später war es dann aber soweit. Der VfL spielte erneut eine überragende Serie, stieg verdient in die Landesliga auf. Das hatte es übrigens in der VfL-Historie zuvor nie gegeben. Ein Meilenstein.
Es folgten zwei solide Landesliga-Jahre, in denen Karsifi zwei Mal den Klassenerhalt sicherte. Kürzlich am vergangenen Wochenende gegen den TV Brechten, wo Karsifi früher ebenfalls aktiv war. „Bei diesem Spiel hatte ich gemische Gefühle, war voller Emotionen und im Gefühlschaos. Es war aber umso schöner, dass wir das Derby gewonnen haben. Es ist aber auch schön, dass Brechten die Liga ebenfalls hält“, sagt Karsifi nach dem 22:18-Sieg.

Kurz vor seinem Abschied haben wir Nadim Karsifi noch einmal interviewt. © Timo Janisch
Bei all den positiven Schlagzeilen, die der VfL mit Karsifi schrieb, kann sich der Coach überhaupt nicht entscheiden, welcher Moment für ihn der schönste beim VfL war. „Wir haben riesen Erfolge gehabt. Mir war aber sehr wichtig, dass ich den Verein guten Gewissens verlassen kann und wir die Liga gehalten haben“, sagt der scheidende Coach, der den bittersten Moment seiner VfL-Zeit wohl damals nach der Niederlage gegen Ferndorf erlebte.
Das neue Abenteuer heißt nun Verbandsliga. Mit seinem neuen Klub PSV Recklinghausen wird er dabei unter anderem auch auf Oberliga-Absteiger SuS Oberaden treffen. „Wir wollen die Liga halten und uns stabilisieren. Ich möchte auch dort eine Struktur wie in Brambauer aufziehen. Wir setzen uns kleine Ziele“, sagt Karsifi, der parallel dazu aber auch dem VfL noch treu bleibt und die C-Jugend des VfL Brambauer gemeinsam im Gespann mit Timo Janisch coacht. „Die Koordination passt gut. Wir haben unterschiedliche Trainingszeiten mit den Vereinen“, sagt Karsifi, der hauptberuflich Fitnesstrainer und Vertriebler ist. In der Vergangenheit war er zudem auch als Lehrer aktiv. Ein Tausendsassa.

Mit dem VfL Brambauer feierte Karsifi zwei Aufstiege und zwei Mal den Klassenerhalt. © Goldstein
Mehrere Jobs, mehrere Vereine, wenig Zeit – wie händelt man das? Karsifi lebt neben seinen Qualifikationen auch von seinem gut strukturierten Team. „Ich habe sehr gute Mitarbeiter um mich herum, die mir den Rücken stärken. Dass alles so gut klappt, liegt nicht nur an mir selbst“, so Karsifi. Viel Freizeit bleibt ihm trotzdem nicht. Leute aus seinem näheren Umfeld nennen ihn häufiger mal Workaholic. „So würde ich mich aber noch nicht bezeichnen“, sagt Karsifi und lacht. Fakt ist jedoch, dass sich der 30-Jährige kaum Auszeiten gönnt. Wenn er am Sonntag – ein Tag nach seinem letzten Spiel mit dem VfL – in den Flieger nach Mexiko steigt, dann ist das Karsifis erster Urlaub seit langer Zeit.
Trotz der Zeitknappheit ist Karsifi ein Fan davon, sich ständig weiterzubilden und neue Qualifikationen zu sammeln. Aktuell verfügt er über die Trainer-B-Lizenz. Dabei soll es zunächst dann auch bleiben. „Die A-Lizenz ist jetzt gerade kein Thema für mich. Ich träume natürlich davon, aber dann müsste man andere Ziele anpacken. Das ist eher im Hauptberuf dann interessant. Nichtsdestotrotz will ich mich weiter fortbilden“, sagt er.
Karsifi schaut sich VfL-Spiele an
Ob er künftig auch beim VfL Brambauer etwas lernen kann, wenn er sich die Spiele als Zuschauer ansieht? Jedenfalls freut sich Karsifi auf die Zeit, wenn er sich ohne Druck seinen Herzensverein von außen in der Halle an der Diesterwegstraße ansehen kann. Der VfL wird übrigens ab der neuen Saison von Björn Grüter gecoacht, den Karsifi für einen „super Trainer“ hält. Dem VfL prognostiziert Karsifi eine gute Zukunft: „Ich glaube, dass der VfL die Liga halten kann. Wenn die Jugendspieler rauskommen, bringen sie richtig frischen Wind in die Mannschaft. Langfristig sehe ich, dass der Verein wachsen wird. Die Landesliga ist aber derzeit das Maximum“, so der Coach. Das Maximum, das Karsifi dem Verein beschert hat.
Ist bereits seit Kindesbeinen an von Ballsportarten – insbesondere Fußball – fasziniert. Stets neugierig auf der Suche nach Geschichten, auch abseits des Ballsports. Die Liebe zum Journalismus entdeckte er über sein großes Hobby: Fotografie.
