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Extremisten in Amateurklubs? „Solche Personen gehen in Vereine, um sich als Kümmerer zu platzieren“
Fußball
Ein Engagement von Extremisten in Amateursportvereinen ist keine Seltenheit. Die jüngsten Beispiele sind der BV Brambauer und der TuS Deusen. Laut Experte Dierk Borstel gibt es dafür klare Gründe.
Noch vor wenigen Wochen war es der TuS Deusen, der sich mit einem polizeibekannten Neonazi innerhalb des Vereins konfrontiert sah. In den vergangenen Tagen war es nun der BV Brambauer, der sich mit einer ähnlichen Thematik auseinandersetzen musste. Während es bei den Dortmundern um einen Spieler der Altherren ging, war es beim BVB ein Sponsor, der im Jugendbereich tätig wurde.
Dass extremistische Personen auf verschiedenste Art und Weise versuchen, sich in Amateursportvereinen zu verankern, ist laut Professor Dierk Borstel keine neue Entwicklung. Der Extremismusforscher lehrt an der Fachholschule Dortmund und sprach im Interview unter anderem über die Beweggründe solcher Akteure:
Herr Prof. Borstel, binnen weniger Wochen gab es nun zwei Fälle in der Region, bei denen polizeibekannte Neonazis in Amateurfußballvereinen für Aufsehen sorgten. Welche Beweggründe gibt es für solche Personen, sich in Vereinen zu engagieren und dort Kontakte zu knüpfen?
Wir kennen zwei grundlegende Motivationen: Den einen geht es um den Sport – viele spielen beispielsweise gerne Fußball und bringen sich dann da auch ein. Diese Gruppe ist zu unterscheiden von denen, die nur in die Vereine gehen, um sich da als Kümmerer zu platzieren. Deren Motivation ist dann die Politik. In der Praxis dürfte man aber recht schnell sehen, ob jemand Spaß haben will oder etwas ganz anderes möchte.
Was versprechen sich diese Akteure von einem solchen Engagement?
Das hängt von der Motivation ab: Sport oder Politik? Die Motivation der Sportler ist banal und unterscheidet sich nicht von der der Nicht-Rechtsextremisten. Nehmen wir die Politischen: Die wollen als die wahrgenommen werden, die sich kümmern. Dadurch sollen Vertrauen und Beziehungen wachsen, die dann politisch genutzt werden können, um beispielsweise für bestimmte Parteien oder Meinungen zu werben und diese mit dem Mantel, dass sie so doch ganz ‚normal‘ seien, zu umhüllen.

Professor Dierk Borstel von der FH Dortmund beobachtet regionale Unterschiede bei der Entwicklung des Rechtsextremismus im Amateursport. © dpa
Ist dieses Phänomen schon länger zu beobachten und gibt es möglicherweise regionale Unterschiede?
Die Strategie der kommunalen Verankerungsversuche – die Strategie der Politischen – ist nicht neu und kennen wir seit mehreren Jahrzehnten. Unterschiedlich ist nur der Grad des Gelingens. In Dortmund ist es der Szene zum Beispiel trotz intensiven Bemühens nicht gelungen, in Teilen des Ostens sieht das völlig anders aus.
Was kann es in den Vereinen bewirken, wenn bekannt wird, das extremistische Personen in ihrem Umfeld aktiv sind?
Das hängt sehr stark davon ab, wie stabil die Vereine sind und welche Strategie sie wählen. Sich von Rechtsextremen unterwandern oder finanzieren zu lassen, ist natürlich kein guter Weg und strikt abzulehnen. Ob man Einzelne aber mitspielen lässt, wenn sie sich im Verein nicht politisch engagieren, kann man durchaus diskutieren.
Entscheidend ist für mich dann das Votum derjenigen, die von rechtsextremer Seite oft bedroht werden. Fühlen die sich dadurch bedroht, geht da nichts. Sagen die jedoch, wir geben dem unter klaren Regeln – und die kennt der Sport – eine Chance und lassen uns die Butter nicht vom Brot nehmen, kann das auch ein Weg sein, der Deradikalisierung und Ausstiege vorbereitet, weil der Rechtsextremist neue Kontakte knüpft und andere Welten kennenlernt.
Wie können Vereine reagieren, um die Unterwanderung durch extremistische Kräfte möglicherweise schon im Vorfeld zu verhindern?
Die Vereine sollten ihre Satzungen prüfen und Mitgliedschaften auch an normative Werte des Vereins binden, die die Klubs formulieren sollten. Dazu gehören für mich das strikte Gebot der Gleichwertigkeit und Gleichbehandlung aller Mitglieder, der Fairness und der Gewaltfreiheit auf und jenseits des Vereinsgeländes.
Vor einiger Zeit aus dem Osnabrücker Land nach Dortmund gezogen und seit 2019 bei Lensing Media. Für die Ruhr Nachrichten anfangs in Dortmund unterwegs und jetzt in der Sportredaktion Lünen tätig – mit dem Fußball als große Leidenschaft.
