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Abpfiff für die Schiedsrichter? „Befürchte, dass einige nicht mehr wiederkommen“
Fußball
Nicht nur die Spieler, auch die knapp 300 Schiedsrichter im Kreis vermissen den Spielbetrieb im Amateurfußball. Wir haben mit dem Schiri-Obmann über die Auswirkungen der Zwangspause gesprochen.
Wenn sie nicht auffallen, ist das am besten. Das ist eine Schlussfolgerung, die wohl nur in wenigen Fällen positiv ausgelegt werden kann. Doch für die Schiedsrichter im Amateurfußball ist es ein großes Lob, sind damit doch häufig eine unaufgeregte Spielleitung und wenige strittige Entscheidungen verbunden.
Doch auch in der aktuellen Situation fallen die Schiedsrichter kaum auf – allerdings dieses Mal nicht in positiver Hinsicht. Denn trotz ihrer besonderen Bedeutung wird derzeit häufig vergessen, dass die anhaltende Zwangspause auch immense Veränderungen für die Schiedsrichter im Fußballkreis Dortmund bedeutet. Während einer normalen Saison verbringt ein Schiedsrichter im Amateurbereich einige Stunden am Wochenende auf dem Fußballplatz. Das fällt seit Monaten aus.
Im Interview mit dieser Redaktion spricht der Schiedsrichter-Obmann des Fußballkreises Dortmund, Markus Schanz, daher unter anderem über die aktuelle Zusammenarbeit mit den Offiziellen, der Sorge davor, dass einige ihre Schiedsrichter-Karriere nun frühzeitig beenden könnten und den bewussten Verzicht auf Anwärter-Lehrgänge.
Herr Schanz, die Fußball-Mannschaften versuchen derzeit vor allem über Videokonferenzen und Online-Formate Kontakt zu halten. Wie sieht es da bei Ihrer „Schiedsrichter-Mannschaft“ aus, kann man den Kontakt überhaupt aufrechterhalten?
Zu unserem Kreis zählen momentan knapp 300 Schiedsrichter, da ist es natürlich schwer, mit jedem regelmäßig in Kontakt zu stehen. Trotzdem versuchen wir, uns schon mit unseren Schiedsrichtern auszutauschen. Man muss aber sicherlich eingestehen, dass das aufgrund der Länge der Pause in den letzten Wochen etwas weniger geworden ist.

Markus Schanz ist als Kreisschiedsrichterobmann für knapp 300 Schiedsrichter verantwortlich. © FLVW
Die Schiedsrichter sind es ja in den meisten Fällen gewohnt, an den Wochenenden regelmäßig auf dem Fußballplatz zu stehen. Wie wird damit umgegangen, dass diese Routine jetzt seit Monaten wegfällt?
Das ist natürlich eine komplizierte Situation, weil man plötzlich viel mehr Zeit am Wochenende hat. Das ist vielleicht manchmal auch gar nicht schlecht, aber mittlerweile haben die Schiedsrichter auch einfach wieder Lust, am Wochenende unterwegs zu sein. Deshalb werden wir auch häufig angerufen und nach dem aktuellen Stand gefragt. Oft sind es vor allem die Älteren, die wissen wollen, wann es endlich wieder los geht.
Wenn Sie sagen, es ist eine komplizierte Situation – wie viele Spiele absolviert ein Schiedsrichter im Fußballkreis Dortmund denn durchschnittlich am Wochenende beziehungsweise in einer ganzen Saison?
Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt die Regel, dass jeder Schiedsrichter mindestens 15 Spiele pro Jahr leiten sollte. Dann gibt es aber auch Leute, die teilweise jeden Samstag zwei Spiele in der Jugend pfeifen und am Sonntag dann noch bei den Senioren auf dem Platz stehen. Da kommen dann schon ganz andere Zahlen zustande, aber pauschalisieren kann man das nicht. Letztlich es auch eine Typ-Frage.
Es ist oftmals zu hören, dass die Corona-Pandemie dazu führt, dass sich viele Schiedsrichter vom Fußball abmelden und es nach der Pause ein großes Defizit geben könnten. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?
Also wir haben glücklicherweise bislang keine einzige Abmeldung verzeichnet und sind auch schon im letzten Jahr davon verschont geblieben. Ich habe auch schon gehört, dass andernorts knapp 20 Prozent der Schiedsrichter aufhören. So eine Entwicklung stellen wir auf jeden Fall nicht fest.
Dennoch befürchte ich, dass nach der Pause einige Schiedsrichter nicht mehr wiederkommen werden. Das könnten vielleicht dann auch die älteren Schiedsrichter sein, die jetzt gemerkt haben, dass man den Sonntag gar nicht unbedingt auf dem Fußballplatz verbringen muss.
Da wären wir auch schon bei der nächsten Schwierigkeit: Auch die Ausbildung von jungen Schiedsrichtern ist aktuell ja sicherlich schwerer. Können derzeit überhaupt neue Leute an das Schiedsrichtertum herangeführt werden?
Momentan findet natürlich alles über Online-Schulungen statt. Wir haben aber beispielsweise den letzten Anwärter-Lehrgang im Herbst veranstaltet und anders als andere Verbände seither darauf verzichtet, weil wir glauben, dass es keinen Sinn macht, jetzt neue Schiedsrichter auszubilden, die dann aber monatelang keine praktischen Erfahrungen machen können. Da würde man dann wieder von vorne anfangen. Deswegen liegt das aktuell auf Eis.
Welche Konsequenzen könnte das für den Schiedsrichter-Nachwuchs haben?
Im letzten Jahr haben bei uns 19 neue Schiedsrichter angefangen. Wir sind sogar schon vor dem Lockdown dazu übergegangen, die Teilnehmerzahl bei den Lehrgängen zu deckeln, weil wir so viele Anwärter hatten. Wir können also trotz der derzeitigen Situation keine gravierenden Nachwuchs-Probleme feststellen. Genug Schiedsrichter gibt es aber natürlich nie.
Vor einiger Zeit aus dem Osnabrücker Land nach Dortmund gezogen und seit 2019 bei Lensing Media. Für die Ruhr Nachrichten anfangs in Dortmund unterwegs und jetzt in der Sportredaktion Lünen tätig – mit dem Fußball als große Leidenschaft.
