Von Hullern in die USA Mathis Neuhaus lebt seinen Traum - und räumt direkt mehrere Titel ab

Von Hullern in die USA: Mathis Neuhaus lebt seinen Traum - und räumt direkt mehrere Titel ab
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Was er am meisten an Deutschland vermisst? Mathis Neuhaus muss nicht lange überlegen. „Ich vermisse Omas Essen“, sagt er und fügt hinzu: „Und teilweise die Flexibilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln.“ Denn in Indiana, wo er seit August 2022 lebt und mit einem Stipendium Business Management und International Business im Zwei-Fach-Bachelor studiert, braucht er außerhalb des Uni-Campus immer ein Auto beziehungsweise jemanden mit einem Auto.

„Die Distanzen sind so groß, und hier ist nichts darauf ausgelegt, dass man außerhalb des Campus zu Fuß geht oder mit dem Fahrrad fährt“, erzählt der 19-jährige Hullerner. Schon immer fand er die Idee, irgendwann in die USA zu gehen, interessant.

Ein ZDF-Beitrag über eine Agentur, die Fußballer beim Schritt nach Nordamerika unterstützt, brachte den Stein dann ins Rollen. „Sport war schon immer sehr wichtig für mich“, so Neuhaus, der im vergangenen Jahr am Joseph-König-Gymnasium sein Abitur gemacht hat.

Starke Leistungen auf und neben dem Platz

2020 war er erstmals bei einer dieser Agenturen, im darauffolgenden Jahr unterschrieb er dann bei einer anderen. „Dann hat dieser ganze Vermittlungsprozess begonnen“, erzählt er. Englisch-Tests, sogenannte „Showcases“, bei denen sich Fußballspieler präsentieren können, und Gespräche mit Uni-Vertretern folgten.

Mit fünf Universitäten hatte er letztendlich engeren Kontakt, entschied sich dann für die Bethel University. Die Gespräche seien sehr gut gewesen und am Ende, sagt er ehrlich, gehe es natürlich auch ein wenig ums Geld beziehungsweise das Volumen des Stipendiums. Denn studieren ist in den USA alles andere als günstig.

Mathis Neuhaus mit dem Nationals-Pokal in Alabama.
In Alabama holte sich Mathis Neuhaus mit seiner Mannschaft den dritten Titel der Saison. © Privat

Mathis Neuhaus ist froh, dass am Ende alles geklappt hat. Und wer dem jungen Torhüter, der in der Jugend beim SV Hullern, der Spvgg. Erkenschwick, Eintracht Dortmund, dem TuS Haltern am See und zuletzt beim SC Münster 08 gespielt hat, zuhört, der merkt sofort, wie wohl er sich in seiner neuen Wahlheimat fühlt.

„Mir gefällt‘s hier total“, sagt er. Seinen gesamten Bachelor kann er dort absolvieren, die Regelstudienzeit beträgt vier Jahre. „Es gibt auch die Option, das Studium zu verkürzen, aber ich glaube nicht, dass ich das mache. Ich möchte die Zeit hier mitnehmen und so viel Fußball wie möglich spielen.“

Seine bisherige Zeit war auf jeden Fall mehr als verheißungsvoll - sowohl akademisch als auch sportlich. Sein erstes Semester hat der Hullerner mit einem 1,0er-Schnitt beendet. Und mit seiner Fußballmannschaft, den „Bethel Pilots“, hat er alles gewonnen, was er gewinnen konnte.

„Ich hätte gedacht, das fällt mir schwerer“

Mathis Neuhaus und seine Teamkollegen wurden Crossroads League Champions, Conference Tournament Champions und zum ersten Mal in der Geschichte ihrer Universität auch NAIA National Champion. Mehr geht auf diesem Niveau nicht. 23 ihrer 25 Spiele wurden gewonnen, nur eines verloren.

In zehn Spielen kam der 19-Jährige zum Einsatz. „Wir haben insgesamt vier Torhüter im Kader, ich war die klare Nummer Zwei, war aber immer dabei“, erzählt er. Die Hoffnung, in der kommenden Saison mehr zu spielen, ist groß. Denn der bisherige Stammtorhüter Finn Popescu, der in der Jugend des VfL Osnabrück spielte, ist bald mit seinem Studium fertig.

Mit der Rolle als zweiter Keeper kam Mathis Neuhaus aber bislang gut zurecht. „Ich hätte gedacht, es fällt mir schwerer, mich auf die Bank zu setzen“, sagt er. Das Verhältnis zu den anderen Torhütern sei sehr gut. Wie auch das zum Rest des Teams, in dem verschiedenste Nationalitäten aufeinandertreffen.

Das ist auch im Uni-Alltag so. Aktuell lebt der Hullerner mit einem Bolivianer und einem US-Amerikaner in einem Dreierzimmer im sogenannten „Freshman dorm“. Nach der Sommerpause geht es dann mit drei Freunden in eine Wohnung, ebenfalls auf dem Campus. Die Unterbringungen, sagt er, sind tatsächlich so, wie es in vielen Filmen dargestellt wird.

Mathis Neuhaus startet früh in den Tag

„Das ist ein ziemlich cooles und einzigartiges Umfeld“, so Neuhaus. In vielen US-Filmen, die an Universitäten oder Colleges spielen, gibt es auch die ein oder andere Party - ist das auch auf seinem Campus so? „Es geht“, sagt er zuerst. „Bei unserer Uni ist das etwas schwierig, weil es eine christliche ist. Laut den Regeln dürfen wir nicht feiern gehen.“

Im Ort gebe es aber mehrere Universitäten. „Da geht das schon irgendwie mit dem Feiern“, sagt er und fügt mit einem Lachen hinzu: „Und wenn man mal feiern geht, ist es wie in den Filmen.“

Mathis Neuhaus (r.) mit Freunden in Indiana.
Mathis Neuhaus (r.) hat sich direkt ziemlich gut eingelebt in seiner neuen Wahlheimat. © Privat

Als Sportler mit einem sehr strikten Zeitplan geht das aber nicht allzu häufig. „Es ist alles eine Sache der Planung“, sagt Mathis Neuhaus. Aktuell ist sein Alltag etwas entspannter, da derzeit kein Ligaspielbetrieb stattfindet. Dennoch ist er früh auf. Um 6 Uhr geht es los, dann geht er im Athletikcenter trainieren, ehe um 8 Uhr die erste Vorlesung ansteht.

Am frühen Mittag ist er dann mit seinen Vorlesungen durch, beschäftigt sich danach entweder weiter mit seinen Kursen oder nutzt die freie Zeit, die er dann mal hat, für andere Sachen. Nachmittags steht noch eine Trainingseinheit an. „Da machen wir aktuell einen Mix aus Kraft- und Fußballtraining“, verrät er.

Vom Professor am Flughafen abgeholt

Wenn in der Liga gespielt wird, sieht sein Tag etwas anders aus. Zwei bis drei Mal die Woche finden dann Partien statt, an den anderen Tagen - bis auf sonntags - wird trainiert. Der Unialltag bleibe in etwa der gleiche, nur ab und an verpasst er mehrere Tage, weil er mit seiner Mannschaft ein Auswärtsspiel hat.

„Teilweise müssen wir zu den Spielen reisen und sind dadurch einige Tage weg. Dann müssen wir von dort aus den Uni-Kram machen.“ Bei den „Nationals“ war Neuhaus mit seinem Team beispielsweise zehn Tage lang in Alabama. „Da wurde alles online arrangiert, die Kommunikation mit den Dozenten ist auch sehr gut.“

Zu seinen Lehrern und Professoren pflegt er ohnehin ein sehr gutes, sogar freundschaftliches Verhältnis, was dort nicht ungewöhnlich sei. „Die gucken sich auch meist unsere Spiele an“, erzählt er. Einer seiner Professoren holte ihn sogar nach seinem Heimatbesuch an Weihnachten vom Flughafen ab, zuvor hatte er Neuhaus sowie einige weitere Studenten an Thanksgiving zu sich nach Hause eingeladen.

Titelverteidigung ist das große Ziel

Schon nach wenigen Monaten hat sich Mathis Neuhaus richtig eingelebt. Groß war aber auch die Freude, als er mal wieder bei seiner Familie war. „Ich mag Haltern sehr“, sagt er, gesteht dann jedoch auch: „Ich hatte mich aber auch gefreut, wieder rüber zu fliegen.“

Viel Zeit für Sightseeing hatte er übrigens noch nicht. Durch den Fußball kam er bislang aber schon durch viele Staaten. Wenn die neue Saison losgeht, ist das Ziel derweil auch schon klar: „Es wurde gesagt, dass schon viele einmal Champions waren. Unser Ziel ist es aber, das erneut zu werden.“

Mathis Neuhaus bei einem Football-Spiel.
Mathis Neuhaus' Start lief nicht nur sportlich gut, sondern auch akadamisch. © Privat

Der Titel soll erneut geholt werden, diesmal am besten mit ihm als Stammtorhüter. Das Niveau der Liga stuft er irgendwo zwischen Westfalen- und Regionalliga ein, es schwanke aber auch je nach Gegner. In seiner Mannschaft beispielsweise gibt es auch Spieler, die in ihren Heimatländern schon im professionellen Bereich gespielt haben.

Und auch seine Teamkollegen aus Deutschland wurden top ausgebildet. „Ich bin der einzige Deutsche im Kader, der nicht in der Junioren-Bundesliga gespielt hat“, erzählt Mathis Neuhaus. Umso erstaunlicher, wie weit er es bereits geschafft hat.

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