Schulte-Lünzum mit Höllenritt in 36 Stunden

Radsport: Mountainbike

Zwei Mountainbikefahrer, 406 Kilometer, 36 Stunden: Auf Halterns Markus Schulte-Lünzum wartet ein Höllenritt – er will in anderthalb Tagen über die Alpen.

HALTERN

, 22.09.2017, 12:41 Uhr / Lesedauer: 3 min
Über 400 Kilometer will Markus Schulte-Lünzum in anderthalb Tagen zurücklegen.

Über 400 Kilometer will Markus Schulte-Lünzum in anderthalb Tagen zurücklegen.

Lange habe Schulte-Lünzum für seine Entscheidung nicht überlegt, als ihn sein Team Focus FX fragte, ob er sich vorstellen könne, innerhalb von 36 Stunden über die Alpen zu fahren. „Ich war sogar ziemlich euphorisch“, sagt der 26-Jährige. Doch nach und nach sei auch der Respekt gestiegen. „Und ich dachte mir, worauf haben wir uns da eingelassen“, sagt er. Zusammen mit seinem Teamkollegen Florian Vogel geht er aber Montagmorgen mit einem E-Mountainbike in Oberstdorf an den Start und von da aus über die Heckmaier-Route bis nach Riva del Garda (Italien) – 406 Kilometer und rund 13 500 Höhenmeter in anderthalb Tagen. Eine Strecke, die normalerweise sechs Tage dauert.

Nur kurze Pausen, die Anstrengungen an der körperlichen Grenze, der größte Feind das Schlafdefizit. „Auf der Skala von eins bis zehn ist diese Tour eine Zwölf“, sagt sein Vater Werner Schulte-Lünzum. Mit „verrückt“ beschreibt er die nächste Etappe seines Sohnes, der eigentlich Mountainbike im Weltcup, also Crosscountry fährt. Diese sei eine ganz andere Herausforderung, die Strecke nicht komplett befahrbar. „Ich weiß gar nicht, wann Markus das letzte Mal sein Fahrrad getragen hat, außer aus dem Keller“, sagt er. Ausgerüstet mit einem GPS-Empfänger ging es für seinen Sohn und Florian Vogel über die unbekannte Strecke. „Da gibt es auch Faktoren, die man nicht berechnen kann“, ergänzt er. Ratschläge habe Markus sich bei ihm aber nicht geholt. Denn 2011 wurde Werner Schulte-Lünzum bei einer Fahrt über die Alpen Achter, legte knapp 22 000 Höhenmeter zurück. Gefahren wurde damals auch zu zweit.

„Super Typ“

Ein Vorteil, dass sich Markus Schulte-Lünzum und Mitfahrer Florian Vogel gut verstehen, wenn sich beide Hinterrad an Vorderrad durch Dunkelheit und möglicherweise etwas Schnee über Wanderwege und schmale Trails quälen. „Der Flo ist ein super Typ“, sagt der Halterner, „und hat viel Erfahrung. Da kann ich sicher noch etwas lernen.“ Auch auf die Gefahr hin, dass man sich zwischenzeitlich auf den Senkel gehen könne, da oben in den Bergen. Doch viel mehr wird es darum gehen, die einsetzende Müdigkeit zu bekämpfen. Und damit, „habe ich so gar keine Erfahrung“, gibt Schulte-Lünzum zu. Nichtmal als Jugendlicher habe er eine Nacht durchgemacht. Einmal, erinnert er sich, sei er um halb sechs aus Münster mit dem Zug gekommen, das sei aber auch das Maximum gewesen. So ginge es in den Alpen darum, „bei jeder Umdrehung Energie zu sparen“, erklärt er.

Die körperlichen Anstrengungen seien für den trainierten Mountainbikefahrer gar nicht so sehr das Problem, sagt Bernd Brucher, sein Mentaltrainer aus Dortmund. „Er muss im Kopf wach bleiben, um präsent zu sein“, ergänzt er. Auch wenn sich Schulte-Lünzum vor dem Start nicht noch einmal bei ihm erkundigt hätte, macht sich der Mental-Coach keine Sorgen: „Er hat das schon ganz gut drauf und ist gut eingestellt.“

Zur Unterstützung während der Fahrt steigt Schulte-Lünzum auf ein E-Mountainbike um. Erst ein oder zwei Mal sei er mit dem neuen Fahrrad gefahren. „Auch wenn es ein komisches Gefühl ist, ist es ohne gar nicht möglich“, erklärt der 26-Jährige. Den Akku kann er dann an den Versorgungsstationen wechseln. Hier warten nicht nur die Betreuer auf die beiden Fahrer, sondern auch unter anderem Kuchen und Pizza. Doch viel wichtiger: „Nach fünf oder sechs Stunden Fahrt kann man die Sitzposition wechseln“, sagt er. Dort könne er auch mal für zehn Minuten die Augen schließen.

Ein bisschen Sorge

Warum er sich diese ganzen Strapazen auf sich nimmt? „Ich hab einfach Bock auf ein Abenteuer“, sagt er. Doch ein bisschen verrückt müsse man schon sein, um an die Grenzen des eigenen Durchhaltevermögens zu gehen. Sein Vater Werner nennt es „kalkuliert verrückt“. Doch als erfahrener Mountainbiker versteht er es: „Das ist schon ein tolles Ziel zum Ende der Saison.“ Auch wenn er zugibt, sich schon ein bisschen Sorgen zu machen, „obwohl man das ja als Elternteil bei jedem Rennen macht“, sagt er. Und so sitzt er, wenn sein Sohn Markus am Montagmorgen wenige Stunde vor dem Sonnenaufgang mit seinem E-Mountainbike die ersten Meter auf die Alpen zufährt, zu Hause auf der Couch und verfolgt die Fahrt im Internet. „Auch ich werde sicher wenig schlafen“, sagt er.

www.focustransalp36.com

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