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Ordner, Boykotte, Schulungen: Fußballkreis geht in die Offensive
Fußball: Attacken auf Schiedsrichter
Die Spuckattacke auf einen Schiedsrichter schlägt weiter hohe Wellen. Der Fußballkreis Recklinghausen schreibt alle Vereine an und droht mit Sanktionen. Eine Absage der nächsten Spieltage ist aber vom Tisch.
Das Schreiben wird zwar nicht vom Postboten ausgehändigt, es geht den Vereinen im Fußballkreis per E-Mail zu. Von einem Brandbrief zu reden, ist in diesem Fall aber allemal zutreffend: Der Fußballkreis schlägt Alarm.
Grund sind „Entgleisungen von Spielern und Mannschaftsverantwortlichen gegenüber Schiedsrichtern“, die es mittlerweile Woche für Woche gebe. Bedrohungen und Beleidigungen seien auf den Plätzen im Kreis an der Tagesordnung, auch körperliche Gewalt nehme zu, heißt es in dem Schreiben. „Das Fass zum Überlaufen hat die Spuckattacke gegenüber einem unserer Schiedsrichter am letzten Wochenende gebracht.“
Wollers Wutrede: Kreis soll Spiele absetzen
Im Gespräch mit unserer Sportredaktion hatte Harald Woller, Vorsitzender der Kreisschiedsrichter, bereits am Dienstag zu einer Art Wutrede angesetzt. Im Anschluss ließ der Recklinghäuser offenbar auch Taten folgen. Bei einer Vorstandssitzung des Fußballkreises regte Woller an, die kommenden Spiele auf Kreisebene abzusagen. Um ein klares Signal an die Vereine und für die Schiedsrichter im Kreis zu setzen.
„Wir haben uns am Ende dagegen entschieden. Damit würden wir alle Vereine bestrafen. Auch die, die sich nicht zu Schulden kommen lassen“, sagt Andreas Mermann, Vorsitzender im Kreisfußballausschuss.
Was nicht bedeutet, dass es im Kreisvorstand für die Lage der Schiris kein Verständnis gibt. Im Gegenteil. Mermann kommt selbst aus dem Schiedsrichterwesen, der Lüdinghäuser arbeitet im Kreis und beim Verband in der Ausbildung und ist als Beobachter engagiert. „Respektlosigkeiten gegenüber Schiedsrichtern sind nichts Neues. Aber im Moment bekommt die Sache eine neue Tonlage. Was die jüngsten Spuckattacken angeht, da fehlen mir die Worte“, sagt Mermann. „Und offen gestanden: Mir langt‘s.“
Die sind in der Pflicht, sagt der KFA-Vorsitzende
Der KFA-Vorsitzende nimmt die Vereine in die Pflicht. „Die kennen ihre Spieler und damit auch die Problemfälle und potenziellen Gefährder. Die Vereine müssen jetzt mit diesen Leuten den Dialog suchen.“ Ob dieser Wunsch Gehör findet? Gut möglich, dass der eine oder andere Vereinsverantwortliche am Rechner das Schreiben des Fußballkreises umstandslos in den Papierkorb befördert. Aber das könnte sich als Fehler erweisen.
Denn der Kreis kündigt an, angesichts der jüngsten Ausfälle auf den Plätzen nicht mehr nur zuschauen zu wollen, wie das Kreissportgericht die Scherben zusammenkehrt. „Die aktuelle Situation erfordert, über weitere Sanktionsmaßnahmen zu entscheiden“, heißt es in dem Schreiben.
Für die Klubs könnte es ungemütlich werden – und teuer. Die Maßnahmen:
- Vereine sollen verpflichtet werden, Ordner zu stellen, um Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen zu schützen, unabhängig von der Spielklasse.
- Bei auffälligen Mannschaften werden keine Schiedsrichter mehr angesetzt.
- Vereine, die keine Schiedsrichter stellen, sollen schärfer sanktioniert werden.
- Seniorenmannschaften sowie A- und B-Jugend auffälliger Klubs werden zu Regelschulungen vorgeladen (auf eigene Kosten).
Auch die Schiedsrichter will der Fußballkreis ins Boot holen. Mermann kündigt an, auch alle Unparteiischen anzuschreiben. „Wir werden in Zukunft genauer hinschauen. Nicht nur bei schweren Vergehen und Spielabbrüchen. Wenn es irgendwelche Vorkommnisse oder Respektlosigkeiten gibt, sollen sich die Schiedsrichter an mich wenden.“
Spucken soll juristisches Nachspiel haben
Dabei gehe es nicht darum, Unparteiischen einen roten Teppich auszurollen. „Aber dass sie vernünftig begrüßt werden oder ihnen die Kabine gezeigt wird, das kann man wohl erwarten.“
Inzwischen hat der Vorstand des Fußballkreises auch Kontakt zu Schiedsrichter Lukas Sabi aufgenommen, am Sonntag Opfer der Spuckattacke beim C-Kreisliga-Spiel FC 96 Recklinghausen III gegen SV Hullern. Andreas Mermann: „Wir haben ihn gebeten, auch privatrechtlich gegen den Spieler vorzugehen. So etwas muss Konsequenzen haben.“
Hat schon als Schüler über die Spvgg. Erkenschwick geschrieben und ist dem Sport im Vest seitdem als Beobachter eng verbunden. Was gibt es Schöneres, als über Menschen in Bewegung, mit oder ohne Ball, zu berichten? Nicht viel.