
© Horst Lehr
Michael Roters Leben für den Schießsport
Das Sportporträt
Michael Roters erlebte seine erfolgreichste Zeit bei den Vereinigten Sportschützen Haltern. Er erinnert sich an einen Olympiasieger, einen besonderen Schuss und eine folgenreiche Verletzung.
Michael Roters aus Gütersloh ist seit langer Zeit Mitglied der erfolgreichen Vereinigten Sportschützen Haltern (VSS). 2002 und 2004 feierte er mit seinen Teamkameraden den Gewinn der deutschen Meisterschaft. Seine größten Erfolge. Seit 2003 lebt der Gütersloher in Haltern.
"Ich bin erblich vorbelastet", sagt Roters lachend. "Mein Vater war damals mehrfacher Landesmeister der Luftgewehrschützen." Als der Sohn die Altersgrenze von 12 Jahren erreichte, folgte er seinem Vater 1976 in den Heimatverein „AV Enwedde“. Bereits drei Jahre später trat der ehrgeizige Jungschütze für die erste Senioren-Mannschaft als Jüngster an den Schießstand. Papa Roters war dermaßen stolz, dass er dem Sohnemann seine eigene, neu angeschaffte Waffe überließ.
Überraschend gutes Ergebnis
1981 probierte Roters bei einer Ortsmeisterschaft erstmals das Schießen mit der Pistole. Mit einem überraschend gutem Ergebnis: Um mit der Pistole genau zu schießen, bedarf es einer besonderen Methode der Zielführung. Doch die kannte der nun 17-jährige Jugendliche noch gar nicht. "Das war wohl ein Schlüsselerlebnis für mich", sagt Roters.
Bis 1989 schoss er parallel in beiden Disziplinen. In diesem Jahr gelang ihm auch der erste Sieg bei einer NRW-Landesmeisterschaft. 377 Ringe reichten ihm zum Sieg – und zur gleichzeitigen Qualifikation für die erste Teilnahme an einer Deutschen Meisterschaft in München.
Erster Misserfolg
Roters intensivierte sein Trainingsprogramm. Eine Woche vor dem Start stand ihm die Aufregung ins Gesicht geschrieben. "Ich war krank vor Aufregung", gesteht Roters heute ein. Am Ende wollte er einfach zu viel, sein Start ging daneben. Heute konstatiert er nüchtern: "Ich war viel zu blauäugig und bin den Wettkampf falsch angegangen."
Zurück warf ihn der Misserfolg aber nicht, weckte vielmehr seinen Ehrgeiz. "Ich wollte es besser machen." 1991 stand Roters erstmals auf dem Zettel von Bundestrainer Siegfried Arnold und startete in der Bundesliga für die "Sportschützen Varensell". Hartes Training und gute Ergebnisse brachten ihn zwischenzeitlich auf Position 39 im Ranking der Deutschen Meisterschaft. Drei Jahre danach wechselte er zum SSC Wulfen – und feierte 1995 mit dem Gewinn der Mannschaftsmeisterschaft in der Bundesliga seinen bis dahin größten Erfolg.
Weg nach Haltern
1996 – in der Übergangssaison zur neuen Bundesliga – schoss Roters im sauerländischen Lüttringhausen. Bei einem Kaderlehrgang beim Westfälischen Schützenbund (WSB) stellte Trainer Dr. Alfred Konietzky die neuen Regeln vor: "Fünf Mann, jeder 40 Schuss, im Eins-gegen-Eins“. Das neue System elektrisierte die Schützen. Jeder wollte dabei sein. Beim nächsten Kadertraining erschien dann ein gewisser Eduard Krause und stellte das Konzept der Halterner Sportschützen vor. Er machte Roters ein Angebot. Ohne lange zu überlegen, war Roters sofort dabei.

Mit dem VSS Haltern feierte Michael Roters seine größten Erfolge. 2002 und 2004 (hier auf dem Bild) feierte er den Gewinn der Deutschen Meisterschaft. © Archiv
Den offiziellen Start im Halterner VSS-Team erlebte Roters beim Wettkampf im hessischen Nieder-Florstadt. Mit Platz zwei hinter Berlin gelang den Halternern direkt die Qualifikation für die Deutsche Meisterschaft, bei der sich das Team am Ende mit der Bronzemedaille belohnte. Doch Trainer Konietzky war nicht zufrieden, suchte weiter nach Verstärkungen.
Der große Coup
Beim Worldcupfinale 2000 in München gelang ihm der große Coup: Der Trainer verpflichtete den französischen Olympiasieger Franck Dumoulin für die Halterner. Ab 2001 war Dumoulin der absolute Topstar in der Mannschaft.
Der Franzose fügte sich hervorragend in die Mannschaft ein und überraschte alle mit seiner natürlichen sowie ungezwungenen Art. "Frank war ein richtiger Teil von uns", sagt Roters. Auf dem Schiesstand überzeugte er mit absoluter Ruhe. Mit einer überdurchschnittlichen Konzentrationsfähigkeit erzielte er immer wieder Topergebnisse.

Franck Dumoulin (v.) war der Topstar des VSS Haltern. © Foto: Horst Lehr
Doch Dumoulin war nicht immer nur ernst, manchmal spielte er auch den Spaßvogel – in Situationen, in denen es eigentlich ernst war. 2005 verblüffte er alle Halterner Schützen im Wettbewerb gegen Braunschweig. "Gegen den amtierenden Olympiasieger Mickail Nestrujen lag Franck bereits mit 3 Ringen zurück und konnte diesen Rückstand auch mit weiteren Schüssen nicht ausgleichen", sagt Roters noch heute mit einem Staunen im Gesicht. "Alle sahen schon die erste Niederlage des Tages, da zog unser verrückter Franzose plötzlich seine Schuhe aus und schoss sich barfuß mit zwölf weiteren Volltreffern doch noch zum Sieg." Mit dieser Aktion hatte er seinen Gegner völlig verunsichert. "Franck sagte uns: 'Wenn nichts mehr geht, verändert irgendwas'", erinnert sich Roters.
Mehr Siege als Niederlagen
In seinen neun Jahren bei der Halterner Mannschaft hat Roters praktisch auf allen Positionen geschossen. Er war ein echter Teamplayer, ließ auch anderen Schützen den Vortritt und hielt als Betreuer die Moral hoch. Er kam auf insgesamt 44 Einsätze. 25 Siege stehen 19 Niederlagen gegenüber. Das entsprach seiner persönlichen Vorgabe. "Ich wollte mehr Siege einfahren, als Niederlagen hinnehmen." Dabei gelangen ihm Siege gegen den deutschen Meister und Olympiateilnehmer Gernot Eder und den World Cup Sieger Arthur Geworgian. "So was vergisst du nie wieder", sagt er freudestrahlend.
2003 hatte Roters vielleicht seine schwierigste Phase zu überstehen. Nach einer Verletzung musste er auf einen Linksanschlag zwangsumstellen. Doch das brachte den mittlerweile erfahrenen Schützen nicht aus der Spur: Er kaufte sich eine neue Waffe, modifizierte seine Grifftechnik und schoss erfolgreich weiter.
Ein besonderer Schuss
Tausende Male schoss Roters auf die Zielscheiben. Doch ein Schuss blieb ihm besonders in Erinnerung. Es war sein schwerster. Beim Wettkampf gegen Andreas Bruns vom Essener SV brauchte Roters noch drei klare Volltreffer für den Sieg. Die ersten beiden Schüsse saßen auch prompt, doch beim letzten Schuss hatte er plötzlich kein klares Zielbild mehr vor Augen. Mehrfach setzte Roters ab, ihm trat kalter Schweiß auf die Stirn. In seinem Kopf focht er einen mentalen Kampf gegen sich selbst aus. "Ich wollte einfach nur noch weg vom Stand und habe einfach abgezogen“, sagt Roters. Und zu aller Freude: Es war der Siegtreffer.
Seine schmerzlichste Erfahrung neben seiner Verletzung machte der Schütze 2001, als die Mannschaft nach drei Vizetiteln erneut auf die Meisterschaft verzichten musste. "Da habe ich bittere Tränen vergossen“, erinnert er sich.
Überraschendes Karriereende
Mittlerweile ist für Michael Roters Schluss. Nach 38 Jahren im Sport kam für ihn das Ende selbst überraschend. Bei der Landesmeisterschaft in Dortmund 2014 stand er am Schießstand, da kam ihm eine Frage in den Sinn: "Was machst du hier eigentlich?" Roters schoss seine Serie zu Ende – und ging. Er hörte auf. Von hier auf da.
38 Jahre stand Roters vor Zielscheiben. Eine lange Zeit. "Meine schönsten Jahre waren die bei den Halternern Schützen", sagt er. Für ihn steht fest: "Schießen war und ist für mich ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich würde es wieder so machen." Sein Schießkoffer steht noch immer bereit zum Einsatz. Und wer weiß? Vielleicht packt ihn irgendwann wieder die Lust. Von hier auf da.

Michael Roters (l.) war immer gerne Teil der Halterner Schießmannschaft. © Archiv
Seit Jahren freier Mitarbeiter der Redaktion Haltern am See. Er fotografiert und berichtet über das lokale Geschehen und betreut die Serie „Das Sportporträt“. Darüber hinaus berichtet er in Wort und Bild über aktuelle sportliche Großereignisse im Outdoorbereich , wie Reitturniere, Laufveranstaltungen, Radrennen und Kartsport.
