Der Lippramsdorfer Udo Platzer (M.), hier mit seinen ehemaligen Spielern Levant Mercan (l.) und Ahmed Kutucu (r.), arbeitet seit 25 Jahren bei RW Essen.

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25 Jahre bei RWE: Lippramsdorfer trainierte einen Weltmeister und baut die Jugendarbeit um

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Er trainierte einen Weltmeister und aktuelle Schalke-Profis. Seit 25 Jahren ist der Lippramsdorfer Udo Platzer bei RW Essen tätig. Seinen Spitznamen bekam er in Anlehnung an eine Trainer-Legende.

Haltern

, 16.03.2021, 09:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Jetzt bin ich schon so lange da, jetzt gehe ich da auch in Rente“, sagt der Lippramsdorfer Udo Platzer über seine Arbeit bei RW Essen. Seit 25 Jahre arbeitet er beim Deutschen Meister von 1955 im Jugendbereich, was ihm auch einen besonderen Spitznamen einbrachte. Mehrere namhafte Fußball-Profis hat er bereits trainiert, darunter ist auch ein Weltmeister von 2014. Nur einmal dachte er wirklich über einen Wechsel nach - ein ausländischer Traditionsverein lockte.

Fast die Hälfte seines Lebens ist Udo Platzer als Trainer der Essener Jugend aktiv - Tendenz steigend. Denn der 58-Jährige denkt noch längst nicht ans Aufhören. „Entscheidend ist nicht das Alter“, sagt er, „sondern wie viel Spaß man an seiner Arbeit hat“. Die, das ist im Gespräch mit dem Lippramsdorfer spürbar, hat er immer noch.

Udo Platzer kümmert sich um die Jüngsten bei RW Essen

Seit diesem Jahr hat er auch eine neue Aufgabe: „Wir haben jetzt mit einem Neuaufbau im Jugendbereich angefangen“, erzählt Platzer. Drei Jahre soll das Projekt andauern. Der Fokus bei der Neustrukturierung liegt auf den jüngsten Spielern.

Die sollen nicht wie bei anderen Top-Vereinen in der Jugendausbildung wie Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 schon mit sechs oder sieben Jahren geholt, sondern frühestens für die U11 verpflichtet werden. „Die Spieler sollen sich in Ruhe in ihren kleineren Vereinen entwickeln“, erklärt Udo Platzer die Idee der Essener.

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Spieler schon für eine U8 oder U9 aus ihrem gewohnten Umfeld zu reißen, sei nicht so gut, weshalb die Rot-Weissen nun darauf verzichten wollen. „Ich bin jetzt für die ganzen Spieler, die wir dann holen, zuständig und trainiere die U11“, erklärt er.

Für den Verein sei es wichtig, die jungen Spieler zwar schon zu beobachten und auf dem Zettel zu haben, sie aber nicht zu früh aus ihren Jugendvereinen zu holen. „Das ist eine spannende Geschichte“, sagt der gebürtige Marler über seine neue Aufgabe.

Nur ein niederländischer Traditionsverein brachte ihn zum Grübeln

Und was kommt nach dem neuen Projekt? „Danach schauen wir mal, wie es weiter geht“, sagt er und lacht. Dass er den Verein aber noch mal verlässt, ist unwahrscheinlich. Im Laufe der Jahre habe er viele Möglichkeiten gehabt, „zu anderen großen Vereinen zu gehen“, erzählt Platzer.

Dass er RW Essen trotzdem nie verlassen hat, liege daran, dass er sich sehr wohl im Verein fühlte und dies auch noch immer der Fall ist. „Nur ein einziges Mal habe ich laut darüber nachgedacht, zu gehen“, erzählt er. Das war, als er die Möglichkeit erhielt, in der Jugendabteilung von Twente Enschede zu arbeiten.

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„Aber ich habe es einfach gelassen“, sagt der Jugendtrainer. Eine Entscheidung, die er nicht bereut. Zu viel Spaß mache ihm die Arbeit bei „seinem“ Verein. Aufgrund der langen Zeit, die er nun bei den Essenern arbeitet, wurden bereits parallelen mit Alex Ferguson, dem ehemaligen Trainer von Manchester United, der bei den „Red Devils“ den Legendenstatus inne hat, gezogen.

Udo Platzer ist bekennender Liverpool-Fan

1999 wurde der erfolgreiche United-Trainer zum Ritter geschlagen, seitdem darf er sich offiziell „Sir“ nennen. Von der Queen erhielt Udo Platzer diesen besonderen Titel zwar nicht, doch in Anlehnung an Ferguson und seine lange Amtszeit in Manchester wird er in Essen ebenfalls gerne „Sir“ genannt, verrät er.

Ein Spitzname, mit dem er durchaus leben kann, „obwohl ich bekennender Liverpool-Fan bin“, so Platzer. Die Rivalität zwischen Manchester United und dem FC Liverpool ist eine der bekanntesten in England.

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Aber wie begann überhaupt seine lange Trainerkarriere? Lange hatte Udo Platzer selbst auf dem Platz gestanden, dann sei er irgendwie in die Trainer-Laufbahn gerutscht. Erste Schritte als Übungsleiter ging er beim TSV Marl-Hüls, ehe es weiter zur Spielvereinigung Marl ging.

Daraufhin folgte schon sein Wechsel zum Traditionsverein. „Ich hatte einen guten Bekannten, der Jugendtrainer bei RW Essen war“, erzählt er. Zu dem habe er immer guten Kontakt gehabt und eines Tages sei er dann von ihm gefragt worden, ob er sich nicht vorstellen könne, bei Essen anzuheuern.

Der Seniorenfußball reizt Udo Platzer nicht wirklich

„RW Essen war natürlich auch damals schon ein Begriff für mich“, erzählt er. Platzer sagte zu und blieb seitdem. „Ich bin hängengeblieben“, sagt der Lippramsdorfer.

Seitdem trainierte er nur Jugendmannschaften - mit einer einzigen Ausnahme. „Ich habe mal kurz den SC Marl-Hamm übernommen, da war ich eingesprungen“, so Platzer.

Grundsätzlich reizt ihn der Seniorenfußball aber nicht so sehr wie der ambitionierte Jugendfußball bei RW Essen. „Der Senioren- und der Jugendbereich sind zwei Welten“, sagt er.

Die Arbeit mit Jugendspielern ist für Platzer interessanter

„Wenn man bei so einem Verein wie Essen im Jugendbereich arbeitet, ist alles professioneller und ich selbst denke auch professionell.“ Daher habe es für ihn nie Sinn gemacht, eine Seniorenmannschaft in den unteren Ligen dauerhaft zu übernehmen.

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„In den unteren Ligen sind alle berufstätig, spielen Fußball als Hobby und es fehlt auch mal der ein oder andere“, erklärt er, betont aber auch, dass das keine Kritik am Amateurfußball im Seniorenbereich sein soll.

Im Jugendbereich bei Essen gebe es hingegen ein „absolut professionelles Denken, was auch die Spieler wollen, denn die möchten sich ja weiterentwickeln und weiter nach oben kommen“, so Udo Platzer. Das sei für ihn schlichtweg interessanter.

Özil, Kutucu, Mercan - sie alle wurden von Udo Platzer trainiert

Im Laufe der Jahre arbeitete er auch schon mit dem ein oder anderen heutigen Fußball-Profi zusammen. „Da waren schon sehr viele Spieler dabei“, sagt er. Beispielsweise die beiden aktuellen Schalke-Spieler Levent Mercan und der von den Gelsenkirchenern an Heracles Almelo verliehene Ahmed Kutucu spielten unter ihm für die Essener.

Auch der Osnabrücker Moritz Nicolas gehörte schon zu seinen Schützlingen. Der wohl bekannteste Name der von Platzer trainierten Spieler ist aber Mesut Özil, der 2014 mit der Deutschen Nationalmannschaft in Brasilien den WM-Titel holte und seit Ende Januar 2021 für Fenerbahçe Istanbul spielt.

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„Es ist eine tolle Sache, wenn man bei Sky Spiele der ersten oder zweiten Bundesliga guckt und dann seine Jungs sieht“, sagt Udo Platzer über seine ehemaligen Jugendspieler.

Bis er seine aktuellen U11-Schützlinge auf der großen Fußball-Bühne sehen könnte, wird es noch einige Jahre dauern. Ob er dann selbst noch als Trainer bei den Essenern aktiv ist, das weiß er noch nicht.

20 Jahre trainierte er die U15, nie stieg er aus der Bundesliga ab

„Ich wurde schon öfter gefragt, wie lange ich das noch machen will“, erzählt er, „aber das kann ich noch nicht beantworten“. So lange er noch Lust auf den Job habe, werde er weitermachen.

Natürlich sei die Arbeit als Jugendtrainer bei einem so großen Verein wie RW Essen auch stressig. 20 Jahre lang trainierte er die U15-Mannschaft, die in der U15-Bundesliga West, der höchsten Spielklasse, spielt.

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„Wir sind nie abgestiegen“, sagt er stolz. Nach den letzten Spielen der Saison sei er natürlich immer auch erschöpft gewesen, „aber dann macht man drei Wochen Urlaub und schon ist das Brennen für den Job wieder da“, erklärt er. Auch nach 25 Jahren.

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