BVB-Archivar Gerd Kolbe erinnerte in unserer BVB-Serie gerade an Zeiten, als „Schalke in Dortmund frenetisch bejubelt wurde.“ Das ist schon ziemlich lange her und heutzutage wohl für die meisten Dortmunder ein absolutes No-Go. Aber einen Schalker in Dortmund zu feiern, lassen sie sich in einem Ortsteil nicht nehmen. Und wenn dieser auch noch sagt, „ich arbeite unwahrscheinlich gerne in Dortmunder Fußball“, werden selbst die heftigsten Rivalen des Gelsenkirchener Vereins mal ein Auge zudrücken.
Thomas Gerner (51) ist einfach ein Typ, dem selbst eingefleischteste Dortmunder kaum etwas übelnehmen, nicht mal seine Liebe zu Blau-Weiß. Aber im Herzen des Trainers schlägt auch ein rot-gelbes Herz. Und zwar so sehr, dass er seinen Vertrag beim Bezirksligisten Mengede 08/20 jetzt verlängerte. „Extremst wohl“ fühle er sich im Volksgarten, sagt er. Von 2015 bis 2017 hatte er sogar viele Dortmunder Herzen mit seiner Vollblut-Fußballer-Art, gepaart mit guten Sprüchen, erobert, als er die Mengeder zum ersten Mal trainiert hatte. 2020 kehrte er an seinen Wohlfühlort zurück. Ende offen! „Ich möchte hier in Mengede was aufbauen“, begründete der Coach seine Vertragsverlängerung.
Und dann wieder die Gerner-Wucht: „Ich habe Riesenlust, den Umbruch voranzutreiben. Ich ziehe den Hut vor unseren A-Junioren-Coaches Julian und Marvin Tauber, die unsere A-Junioren so stark machen, dass wir Jahr für Jahr Talente bei uns integrieren. Es wäre einfach zu schade, wenn sie woanders anheuern. Daher ist mir eine intensive Zusammenarbeit mit dem Nachwuchsbereich, aber auch mit unserer U23 absolut wichtig.“
Gerner sieht sich regelmäßig deren Spiele an, weiß dann oft schon, wer da bald in seinen Kader aufrückt. „Wir arbeiten in Mengede eng zusammen. Das gefällt mir einfach. Es gibt mit Sicherheit spektakulärere Vereine in Dortmund, aber für mich ist dieser Verein genau der richtige, denn hier haben wir Geduld für den Umbruch.“
Nach dem Rückzug von Tim Gebauer und Florian Schulz aus der Ersten dürften auch im Sommer ältere Spieler kürzertreten. „Für die jungen Spieler ist das die Chance, bei einer immer noch guten Adresse in Dortmund in den Seniorenbereich zu kommen.“
Auch für Gerner aber gilt: Sport bedeutet Wettbewerb. Und all das vorbildliche Vereinsleben hilft irgendwann nicht, wenn Erfolge ausbleiben. Der Nachwuchs legt schon einmal vor, hat gute Chancen auf den Aufstieg in die A-Junioren-Landesliga. Dieser wird im Seniorenbereich bei zwölf Zählern Rückstand wahrscheinlich nicht mehr glücken: „Wir spielen in einer sehr ausgeglichenen Liga eine ordentliche Saison, sind Sechster. Dass wir sechs, sieben Punkte haben liegenlassen, ärgert mich aber trotzdem.“ Das Ziel? „In der Rückserie die Punkte, die wir geholt haben, erneut einfahren und dazu noch die sechs, sieben. Dann sind wir unter den ersten Fünf. Und das ist okay.“
Mengede 08/20 mit jungen Wilden
Mit weiteren jungen Wilden, die sich mit dem Klub identifizieren, peilt Mengede auf längere Sicht durchaus wieder den Landesliga-Aufstieg an. „Extern verstärken wir uns nur, wenn es finanziell und charakterlich passt. Ich freue mich tatsächlich viel mehr darüber, wenn unsere Eigengewächse Schritte nach vorne machen und wir als Team irgendwann den Lohn einfahren. Mir macht die Arbeit großen Spaß.“
Spaß hat der Trainer bekanntlich auch am Hallenfußball, den die Mengeder gewohnt begeistert zelebrieren wollen. Den Stadtmeistertitel 2016 feierte Thomas Gerner im schrillen grünen Anzug. Es war der Tag, als ein Schalker in Dortmund frenetisch bejubelt wurde.
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