Beim TC Eintracht gibt es seit Oktober des vergangenen Jahres eine ganz normale Trainingsgruppe, die doch besonders ist. Eins ihrer Mitglieder fährt bald zu den Olympischen Spielen.

Dortmund

, 27.09.2018, 11:57 Uhr / Lesedauer: 3 min

Eine ganze normale Trainingsgruppe an einem ganz normalen Samstagvormittag. Sieben Spieler sind da, dazu stehen noch ein Trainer und ein Betreuer auf dem Platz. Es herrscht, nennen wir es mal, gelassene Konzentration. Gerade werden Bälle von der Grundlinie übers Netz gespielt. Es ist wie bei jedem Tennistraining: Die meisten Bälle kommen an, einige landen eher in der Nähe des Nachbarplatzes. So weit, so gewöhnlich.

Eine ganz normale Trainingsgruppe, die sich da auf der Anlage an der Strobelallee getroffen hat, ist es dann aber doch nicht. Das verrät schon der Name – hier trainiert das Special Team des TC Eintracht. Seit Oktober des vergangenen Jahres hat der Tennisklub eine Trainingsgruppe eigens für Spieler und Spielerinnen mit geistiger Behinderung eingerichtet.

Die Gruppe war von langer Hand geplant

Von langer Hand geplant war die Einführung der Gruppe eher nicht. Sie ist vielmehr eher spontan entstanden. Das hat viel mit Sophie Rensmann zu tun. Die 21-Jährige ist auch ein Teil der Gruppe. Rensmann spielt seit 15 Jahren Tennis, trainiert hat sie bis Oktober vergangenen Jahres aber im ganz normalen Gruppenbetrieb oder in Einzelstunden. Das funktionierte, war aber nicht ideal.

„Irgendwann haben wir gemerkt, dass wir mehr machen, sie besser fördern können“, erinnert sich Eintrachts Trainer Olaf Kirchner. Wie recht er hatte, zeigte sich, als Rensmann im vergangenen Jahr zum ersten Mal an einem Turnier für geistig behinderte Menschen teilgenommen hat. Bei den NRW-Landesmeisterschaften in Neuss wurde sie aufgrund ihrer Vorkenntnisse gleich in die spielstärkste Klasse eingeteilt, dort belegte sie auf Anhieb den vierten Platz. Es war die Initialzündung für die Gründung des Special Teams beim TCE. „Sophie war nach dem Turnier wie ausgewechselt“, erinnert sich Kirchner, „es hat Spaß gemacht zu sehen, mit welcher Begeisterung sie bei der Sache war“.

Trainingsgruppe für Spieler mit geistiger Behinderung

Solch eine Erfahrung machte schnell Lust auf mehr. Gemeinsam mit Dr. Fritz Rensmann, dem Vater von Sophie und einem passionierten Tennisspieler, machte sich Kirchner an den Aufbau einer Trainingsgruppe für Spieler mit geistiger Behinderung. Ein Kennenlerntag für Interessierte wurde organisiert, die Resonanz übertraf die Erwartung der Organisatoren. Wichtiger aber noch: Alle Spieler, die beim ersten Mal dabei waren, fanden sich auch eine Woche später, zur ersten regulären Trainingsstunde wieder ein. Und auch zur nächsten und übernächsten.

Selbst am Vormittag des Heiligabends im Dezember haben sie ihr Training nicht ausfallen lassen. „Uns ist in den ersten Einheiten sehr schnell klar geworden: Ja, was wir uns vorgenommen haben, das funktioniert“, berichtet Rensmann.

Dr. Fritz Rensmann ist Behindertenvertreter des TC Eintracht

Er ist bei den Trainingsstunden als Betreuer dabei, ist mittlerweile auch Behindertenvertreter des TCE und stellte auch fest: „Beim gemeinschaftlichen Training in der Gruppe werden die Spieler noch besser. Unsere Zielrichtung ist es, ihnen durch die Teilnahme an speziellen sportlichen Wettbewerben besondere Gemeinschafts- und Erfolgserlebnisse zu ermöglichen.“ Obwohl die Anforderungen, die beim Tennis generell an die Spieler gestellt werden, nicht die geringsten sind.

Trainer Olaf Kirchner mit seinem Special Team (v.l.): Emilie Fischer, Sophie Rensmann, Franziska Perplies und Alexander Ilic.

Trainer Olaf Kirchner mit seinem Special Team (v.l.): Emilie Fischer, Sophie Rensmann, Franziska Perplies und Alexander Ilic. © Dan Laryea

Die Mischung aus Kondition und Konzentration fordert einiges. „Das ist schon eine besondere Herausforderung für Spieler mit Handicap“, sagt Rensmann. Darauf muss Olaf Kirchner bei seinen Trainingsstunden Rücksicht nehmen. „Generell unterscheidet sich das Training unseres Special Teams nicht so sehr von dem anderer Gruppen“, erklärt der Cheftrainer, „allerdings müssen wir bei den Übungen das Tempo anpassen und mehr Wiederholungen einplanen“. Generell hat der Trainer festgestellt: „Die Spieler und Spielerinnen sind mit sehr viel Herz bei der Sache, es geht sehr engagiert und emotional zu.“

Unterstützung für die neue Gruppe gab es auch für den Verein. „Die Resonanz der Klubmitglieder war extrem positiv“, freut sich Kirchner, „selbst wenn es bei der einen oder anderen Trainingsstunde mal etwas lauter als gewöhnlich ist oder die Bälle durch die Gegend fliegen. Unsere Trainingsgruppe ist mittlerweile ein ganz normaler Teil unseres Klubs.“ Und Rensmann ergänzt: „Der Klub war von Beginn an offen für die Idee. Wir haben eine Menge Unterstützung erhalten.“

TC Eintracht veranstaltet ein eigenes Turnier

Und so kann der TCE in diesem Jahr auf der eigenen Anlage das erste eigene Turnier für Menschen mit Behinderung ausrichten. Der erste Wilo Cup soll am 13. und 14, Oktober auf der Anlage an der Strobelallee stattfinden. Es wird die komplette deutsche Special-Olympics-Nationalmannschaft erwartet.

Das Turnier, an dem Sophie Rensmann im vergangenen Jahr teilgenommen hat, ist nicht das einzige geblieben. Im Mai spielte sie bei den nationalen Special Olympics in Kiel mit – den Spielen für Menschen mit geistiger Behinderung. Beim ersten großen bundesweiten Turnier belegte sie den dritten Platz. Möglichkeiten, eine weitere Medaille zu gewinnen, hat sie nun im März. Nach Neuss und Kiel kommt Abu Dhabi als nächster Turnierort dazu.

Tennis spielen in Abu Dhabi

Dort werden die Special Olympics, die Weltsommerspiele für Menschen mit geistiger Behinderung, ausgetragen. Für die hat sich Rensmann – natürlich – qualifiziert. Sportler aus 170 Ländern werden an diesem Großereignis, bei dem Wettbewerbe in 25 Sportarten ausgetragen werden, teilnehmen. „Wir sind mächtig stolz darauf, dass Sophie dort mitspielen kann“, freut sich Trainer Olaf Kirchner.

Doch nur mitspielen, das wird ihr nicht gerecht. Als Rensmann damals in Kiel ihre Bronzemedaille in Empfang genommen hat, kündigte sie an „Das ist nicht die letzte Medaille, die ich gewinnen will.“ Sie hat schon einiges geschafft, was sie sich vorgenommen hat.