
© Nils Foltynowicz
Spitze trotz Ausfall: Bei einem Dortmunder Landesligisten passt auch der zweite Anzug
Fußball-Landesliga
Der zweite Anzug sitzt. Bei einem Dortmunder Fußball-Landesligisten läuft es auch trotz des Ausfalls eines wichtigen Akteurs. Die Corona-Pause könnte dem Verletzten in die Karten spielen.
Der Trainer hatte vor der Saison gewarnt, kein Leistungsträger dürfe ausfallen. Sonst wären etwaige Saisonziele nicht mehr realistisch. Die erste Befürchtung trat ein, die Kausalkette aber funktioniert zur Freude des Dortmunder Landesligisten nicht. Das Team aus dem Süden ist seit Sonntag Tabellenerster – und das ohne den verletzten Kapitän.
Mustafa Yüksel (28) verfolgte den 2:1-Derbysieg seines Kirchhörder SC beim SV Brackel 06 von außen. Er sah, wie seine Mannschaft auch ohne seine motivierende Präsenz auf dem Feld einen 0:1-Rückstand zu ihren Gunsten drehte. Passt der zweite Anzug also besser als von Trainer Sascha Rammel und vielen Beobachtern erwartet? Yüksel bejaht diese Frage: „Ja, das sind gute Jungs.“ Womöglich wollte Rammel auch mit seiner Prognose den Druck von den Talenten nehmen. Sollte das die Motivation gewesen sein, läuft alles nach Plan B.
Seiner Verantwortung wird der passive Kapitän dennoch gerecht. Seine Empfehlung, Ibrahim Salli aus dem Mittelfeld auf seine Linksverteidiger-Position zurückzuziehen, ging auf. Thomas Schmitter rückte eine Position nach innen. Yüksels Rat dürfte auch dem Trainerteam gefallen haben. Denn nach dem Ausgleich in Brackel fand der KSC hinten zu der Stabilität, die ihn bereit für den obersten Tabellenplatz macht.
„Vergessen sind unsere schlechten Spiele in Horsthausen und gegen Firtinaspor“, erklärt Yüksel. Nach seiner Verletzung im Spiel gegen SW Wattenscheid sah es schon so aus, als sollten Rammels Befürchtungen eintreten. Sowohl das 2:5 bei der SpVgg Horsthausen als auch das enttäuschende 0:0 gegen Firtinaspor Herne holten den so gut gestarteten KSC auf den Boden der Tatsachen zurück. „Aber die Jungs kamen wieder“, beschreibt Yüksel den darauf folgenden Aufwärtstrend.
„Klar, wir stehen jetzt auch oben, weil wegen Corona einige Spiele anderer Klubs ausgefallen sind. Wir wollten ja schon oben mitspielen. Unser erster Tabellenstand ist dann doch zwar zwar etwas überraschend, aber eben auch ein Lohn für harte Arbeit. Wir haben uns das verdient. Und damit meine ich nicht nur die wirklich guten ganz jungen Spieler. Wir dürfen nicht vergessen, dass Simon Rudnik, Gilmar Mendes, der allerdings gerade auch passen muss, Michael Sievers und unser starker Torwart Florian Ernst schon nötige Erfahrung ins Team bringen.“
Ob nun erster oder zweiter Anzug oder beide – für Yüksel „stimmt die Mischung“. Es lohnt sich für ihn, als engagierter Zuschauer die Spiele zu verfolgen. Und das Team gibt ihm das beruhigende Gefühl, dass er seinen Genesungsprozess nicht unnötig beschleunigen muss. Seinen Beruf als Controller bewältigt er auch, ohne sein verletztes Knie benutzen zu müssen. Nach Operation wegen eines Innen -und Außenmeniskusrisses beginnt er gerade die Rehabilitation. Wie er seinen Teamkollegen empfiehlt, auch als Spitzenreiter von Spiel zu Spiel zu denken, betrachtet Yüksel seine Reha als Prozess, den er Schritt für Schritt bewältigt.
Die Verletzung zog er, der noch nie länger hatte pausieren müssen, sich allerdings schnell zu. „Im Spiel gegen Wattenscheid wollte ich schießen. Dabei habe ich mich ohne Gegnereinwirkung verletzt.“ Weil er immer gesund blieb und er erst 28 Jahre alt ist, hat er weder Fußball-Nachholbedarf noch Torschlusspanik. „Ich denke, dass ich Anfang Februar mit der Mannschaft wieder trainieren kann“, sagt er ganz gelassen.
Yüksel hadert nicht. Ob und wann es in dieser Saison noch zu einem Einsatz reicht, vermag er nicht zu prognostizieren. „Natürlich spiele ich gerne Fußball, aber ich möchte dann auch komplett auf der Höhe sein.“ Sollte er wieder eingreifen können und sein KSC dann noch oben stehen, hätte er noch mehr Comeback-Freude. „Natürlich will jeder aufsteigen, wenn wir die Chance dazu haben. Das ist ein Thema, aber kein ständig präsentes.“
Ziel und Wünsche sind ja erlaubt – auch wenn sie über die eigene Gesundheit hinausgehen. „Wir wissen aber, dass Konkurrenten wie Türkspor noch kommen werden. Auf der anderen Seite steht oben, wer konstant spielt.“ Und konstant zu spielen, ist dann ja bei Weitem kein vermessenes Ziel.
„Es gibt auch keinen Grund, jetzt in Euphorie verfallen“, sagt er dann wieder. Yüksel, der an seiner Rolle als Kapitän seine Verantwortung für sein Team und sich selbst schätzt, gibt gerne seine Erfahrungen weiter. Das trägt offenbar Früchte. Dabei lernt er auch etwas von seiner Mannschaft. Und zwar: Sie ist auch ohne ihn stark, selbst wenn sie mit ihm noch stärker wäre. Damit wäre dann auch Rammels Einschätzung nicht völlig aus der Luft gegriffen.
Kirchhörde bleibt erstmal Spitzenreiter
Die Spitzenreiter-Position wird der Kirchhörder SC in der Landesliga 3 nun noch ein paar Wochen halten. Der Spielbetrieb im Amateurfußball ruht ab dem 2. November nämlich mindestens bis Anfang Dezember. Bund und Länder einigten sich am Mittwoch auf Maßnahmen, die den Amateurfußball vorläufig aussetzen. Die Spielpause könnte auch Yüksel in die Karten spielen. Der Kapitän gewinnt so wertvolle Zeit und wird damit nicht so viele Spiele wie zunächst vermutet verpassen.
Dortmunder Jung! Seit 1995 im Dortmunder Sport als Berichterstatter im Einsatz. Wo Bälle rollen oder fliegen, fühlt er sich wohl und entwickelt ein Mitteilungsbedürfnis. Wichtig ist ihm, dass Menschen diese Sportarten betreiben. Und die sind oft spannender als der Spielverlauf.

Ist bereits seit Kindesbeinen an von Ballsportarten – insbesondere Fußball – fasziniert. Stets neugierig auf der Suche nach Geschichten, auch abseits des Ballsports. Die Liebe zum Journalismus entdeckte er über sein großes Hobby: Fotografie.
