
© Oliver Schaper
Mit nur 29 Jahren: Bekannter Amateurfußball-Sohn Dortmunds leitet bereits einen ganzen Verein
Amateurfußball in Dortmund
Es ist eine reine Fußball-Familie. Seinen Vater kennt man einfach im Dortmunder Amateurfußball und er macht sich nun auch seinen Namen. Als Vorsitzender eines Klubs mit nur 29 Jahren.
Eine Fußballerfamilie, wie sie im Buche steht: Fast jeder in Dortmund kennt wenigstens einen von ihnen, wenn nicht alle. Ihr Markenzeichen: Sie spielten sehr hoch, fühlen sich in verschiedenen Funktionen sehr wohl und sicher. Keinesfalls sicher vor ihnen sind Gläser: Vor ihrer hohen Umwurfquote warnen sie alle gleichermaßen, bevor sie ins Gespräch gehen. Heißt: Wo sie arbeiten, ist Spaß garantiert. Ein ganz junger Spross dieser einzigartigen Dynastie ist jetzt schon mit 29 Jahren Präsident. Das aber auch mit dem nötigen Ernst.
Marcel überholt alle
Wer auf die Seiten des TuS Freiheit Deusen stößt, staunt mit Sicherheit, wenn er da liest, wer seit Ende 2020 der Vorsitzende ist: Marcel Eigenwillig! Vater Frank, „der Eiger“, witzelt bereits: „Marcel ist der Rudi Zorn von Deusen!“ Rudi Zorn, das ist der gefühlt „ewige Vorsitzende“ des FC Brünninghausen, wo Frank mal Trainer und Sportlicher Leiter war. Marcel kickte auch für mal für den FCB. Franks Onkel und Marcels Großonkel ist Eckehard („Ecki“) Eigenwillig, der ehemalige Zweitligaprofi, der einer der bekanntesten Trainer Dortmunds wurde.
Und jetzt überholt Marcel alle: „Wie das in so kleinen Vereinen nun mal so ist, bist du schnell in solch einem Amt“, wiegelt Marcel Eigenwillig zunächst ab. Er schiebt dann aber gute Gründe und ehrbare Ziele nach: „Das ist mein Heimat- und Herzensverein, ich bin immer Deusener Junge geblieben und lebe jetzt hier in unserem gallischen Dorf im Hafengebiet mit meiner Verlobten in einer Eigentumswohnung.“
Dass junge Männer oder Frauen Vereine führen, mag hier und da der Fall sein. Meistens sind es dann auch Klubs, die sich einem jungen Stammklientel widmen: die Fußballer von Grashüpfer Olpkebach, South Dortmund Soccers oder in Schwerte die Holzpfosten, die in erster Linie durch Futsal bekannt sind.
TuS Deusen ist ein verwurzelter Breitensportverein
Ein 29 Jahre alter Mann, der einen Breitensportklub leitet, überrascht dann eher. Er ist aber ein Mann, der sich eben klar zu seiner Heimat bekennt. „Und da einer meiner besten Freunde, Tobias Walther, hier im Verein bereits sehr rührig an einer guten Nachwuchsarbeit gebastelt hatte, wollte ich als Spieler unserer Ersten auch den Seniorenbereich wieder voranbringen.
Das ist aber nur ein Grund, warum ich es gemacht habe.“ Eigenwillig berichtet, dieser Zweig sei in den vergangenen Jahren im Verein etwas stiefmütterlich weggekommen. „Wir sind ein in Deusen verwurzelter Breitensportverein mit vielen Abteilungen, die uns alle gleich lieb und wichtig sind. Dazu sollte aber auch der Seniorenfußball zählen.“ Gesagt, getan: Marcel Eigenwillig erhielt das Mandat der Mitglieder, loszulegen.
Fundament aus talentierten Spielern ausbauen
„Eine meiner Hauptaufgabe sehe ich darin, externe Sponsoren zu akquirieren. Alle Unterstützung kommt bislang aus unserem Verein selbst.“ Die erste Mannschaft soll langfristig aus der B- und in die A-Kreisliga aufsteigen. Momentan besteht sie zu einem Teil aus der ehemaligen Reserve des TuS Rahm. „Wir wollen dieses Fundament um talentierte Jungs aus der Umgebung ausbauen.“ Aber Eigenwillig junior stellt klar: „Ich weiß, es gibt die Diskussion um das liebe Geld immer wieder. Bei uns stellt sich diese nicht, denn für die Spieler gibt es bei uns keins.“
Sollte der neue „Präsident“, wie ihn sein Vater ehrfürchtig, aber mit einem Augenzwinkern nennt, Gönner finden, sollen diese wissen, dass ihr Geld in die Pflege der Anlage fließt: „Wir haben hier seit 2018 einen wunderschönen Kunstrasenplatz, tolle Kabinen, ein schönes Vereinsheim. All das soll aber in einem gepflegten und ausgebauten Umfeld erstrahlen. Ich denke zum Beispiel, dass unser Kassenhäuschen völlig aus der Zeit gefallen ist.“
Und auch für das, was auf dem Platz geschieht, hat der „Nachwuchs-Präsi“ klare Ziele: „Tobias Walthers hervorragende Arbeit, die uns in vielen Altersklassen mehrere Teams und gute Trainer brachte, wollen wir mit einer gewachsenen A-Junioren-Mannschaft krönen.“ Sie solle der Unterbau eines Teams werden, das nach Jahren der Versenkung wieder Zuschauer anlockt.
„Wir waren nach dem Aufstieg 2012 in die A-Liga später sogar in die C-Liga abgeschmiert, bekrabbeln uns jetzt wieder. Aus unseren guten Zeiten wissen wir: Sollten wir schönen Fußball spielen, entdeckt das Dorf uns wieder. Dann kommen auch mal 500 Zuschauer.“ Das ist das Idealbild des jungen Vorsitzenden: dass Deusen, sein Dorf, einen attraktiven und aktiven Treffpunkt hat.
Gerne nähme er auch die Tennisspieler des TC Rot-Weiß Deusen mit ins Boot. „Solche Gedankenspiele führen wir natürlich nur aus, wenn die Mitglieder beider Vereine überhaupt offen dafür sind. Aber ich fände das erstrebenswert.“

Marcel Eigenwillig © Verein
Der Verein aber hat bereits einen Fundus an Besonderheiten: „Wir sind mit voller Begeisterung mit unserem Account bergelf auf Instagram unterwegs. Und ganz traditionell haben wir auch unsere Nationalhymne. Welche wohl?“ Achselzucken beim Gegenüber. Und Eigenwillig junior nähert sich wieder dem für seine Familie so typischen herzlichen Humor an: „Freiheit von Marius Müller-Westernhagen natürlich. Du bringst mich aber jetzt dazu, zu hinterfragen, woher die Freiheit in unserem Namen kommt“, schiebt er nach. Die Freiheit, als Jung-Vorstand noch nicht alles zu wissen, nimmt sich Marcel Eigenwillig.
Es kommt zum Duell zwischen Papa und Sohn
Und am Sonntag kann sich Papa Frank überzeugen, ob Sohn Marcel wirklich schon nach wenigen Monaten im Amt wie der „alte Hase“ Rudi Zorn handelt. Um 15.15 Uhr gastiert Trainer Frank Eigenwillig mit RW Barop zum Testspiel beim Deusen-Präsidenten Marcel Eigenwillig. Er selbst kann wegen einer schwierigen Oberschenkelverletzung nicht spielen. Klar, dass sonst der Vorsitzende Marcel Trainer Alan Michna beauftragt hätte, den Spieler Marcel aufzustellen.
„Natürlich nicht“, geht er auf Nummer sicher, falls jemand den Eigenwillig-Humor auf Anhieb nicht versteht. Eines darf sich der Vater bewusst sein: „Getränke gibt es nur aus Plastikflaschen. Das ist aber auch Selbstschutz. Das Eigenwillig Umschmeiß-Gen haben wir alle“, scherzt Marcel jetzt offensichtlicher.
Glasklar daher, dass er in Sachen Getränkebehälter auf Nummer sicher geht und keine Gläser anbietet. Dann aber auch hier schiebt der Sohn präsidial nach: „Nein, unseren Gästen kredenzen wir, wenn gewünscht, auch Getränke aus Gläsern.“ Ein Hoch auf die humorvolle, vielfältige Fußballerfamilie Eigenwillig. Diese Geschichte endet daher mit einem Geräusch: „Klirr!“
Dortmunder Jung! Seit 1995 im Dortmunder Sport als Berichterstatter im Einsatz. Wo Bälle rollen oder fliegen, fühlt er sich wohl und entwickelt ein Mitteilungsbedürfnis. Wichtig ist ihm, dass Menschen diese Sportarten betreiben. Und die sind oft spannender als der Spielverlauf.
