
Der Dortmunder Fußballer Deniz Yelkuvan hat den Krebs mehrmals besiegt. Nun kehrte er auf den Platz zurück. © Marvin K. Hoffmann
Krebs besiegt: Fußballer Deniz Yelkuvan feiert emotionales Comeback nach langer Leidenszeit
Fußball-Kreisliga B
Der Dortmunder Fußballer Deniz Yelkuvan kämpft mehrmals erfolgreich gegen den Krebs. Nach jahrelanger Leidenszeit feiert er sein emotionales Comeback auf dem Platz. Jetzt hat er ehrgeizige Ziele.
Deniz Yelkuvan kommt etwas verspätet zum vereinbarten Interview-Termin am Dortmunder Phoenix-See. Stau in Hörde. Der 25-Jährige entschuldigt sich mehrfach, es ist ihm unangenehm. Er ärgert sich auch ein wenig, denn er will endlich seine Geschichte erzählen: Wie er den Krebs besiegte und am vergangenen Montag ein emotionales Comeback auf dem Fußballplatz in der Dortmunder Kreisliga feierte.
„Der Trainer hat mich in der 80. Minute einfach vorne reingeworfen, aber ich bin überhaupt noch nicht fit. Wenn es am Ende nur noch zum Innenverteidiger reicht oder eine Position, auf der ich nicht mehr viel laufen muss, dann ist das in Ordnung“, sagt Yelkuvan. Mit seinen fast 26 Jahren gehört er zur älteren Generation in seinem Team. „Lass die jungen Spieler das vorne ruhig mal machen. Nur Torwart ist raus, dafür bin ich zu klein“, sagt er und lacht. Dabei liegen hinter dem Spieler des Hörder SC II aus der Dortmunder Kreisliga-B alles andere als glückliche Zeiten.
Dortmunder Fußballer bekommt mit 18 Krebs-Diagnose
Mit gerade einmal 18 Jahren erhält der Dortmunder die niederschmetternde Diagnose: Krebs. Yelkuvan ist an Leukämie erkrankt, es beginnt eine Zeit der Angst und der Furcht, eine Zeit der Sorge um die eigene Zukunft und das eigene Leben. Halt hat ihm in dieser Situation seine Mannschaft gegeben. „Die standen alle hinter mir, von Beginn an. Das gibt dir Kraft“, sagt Yelkuvan. Er gewinnt, besiegt den Krebs. Drei Jahre später folgt aber der große Rückschlag, die Leukämie kehrt zurück. Eine Woche zuvor stand er noch für den Hörder SC II auf dem Platz in Wellinghofen – seine letzte Partie für eine sehr lange Zeit.
Ans Fußballspielen ist nicht länger zu denken. Für Yelkuvan geht es nur noch darum, zu überleben. Rettung bringt sein Vater, der hat schon immer eine große und wichtige Rolle in seinem Leben gespielt – das merkt man im Gespräch mit dem aufgeschlossenen BWL-Studenten auf Anhieb. „Papa“, sagt Yelkuvan, „war immer für mich da.“
Deniz Yelkuvan vom Hörder SC kämpft um sein Leben
Sein Vater ist es schließlich auch, der als Stammzellenspender in Frage kommt. Eine neuartige Therapieform macht das möglich. Für Yelkuvan bedeutet sie eine neue Chance. Noch ist der Kampf aber nicht gewonnen. Sein Immunsystem macht schlapp, er muss sogar zeitweise ins Koma versetzt werden. Eine Narbe an seinem Hals erinnert heute noch an den Luftröhrenschnitt. Yelkuvan kämpft erneut um sein Leben – wieder geht er als Sieger vom Platz.
Schnell wird ihm klar: „Ohne Fußball kann ich nicht.“ Doch sein Körper ist geschwächt. „Ich habe bei Null angefangen und musste quasi wieder Laufen lernen“, erzählt Yelkuvan. Teil der Mannschaft bleibt er trotzdem. Yelkuvan wächst in die Rolle des Betreuers hinein, wird der „verlängerte Arm“ des Trainers. Ohne seine Jungs, die in den „schweren Stunden“ immer zu ihm gehalten haben, kann Yelkuvan eben einfach nicht. Mit dieser Elf würde er durchs Feuer gehen.
„Ich habe eigentlich schon immer bei Hörde gespielt, auch in der zweiten Mannschaft. Deswegen fühle ich mich so zu diesem Team hingezogen, das sind alles meine Freunde“, sagt er. Irgendwann reicht ihm die Rolle des passiven Zuschauers aber nicht mehr. „Ich habe mir so oft gewünscht, die Schuhe anzuziehen und hätte schon gerne in manchen Situationen auf dem Platz eingegriffen. Da wird man verrückt als Vollblutfußballer, der nur am Rand stehen darf“, meint Yelkuvan – und kämpft sich zurück.
Dortmunder Fußballer Deniz Yelkuvan nach Krebs-Diagnose: „Ich will wieder pöhlen“
„Ich bin jetzt schon ein bisschen länger gesund. Das erste, woran ich wieder gedacht habe, war, dass ich wieder zocken, dass ich wieder pöhlen will“, sagt Yelkuvan, der seit seinem vierten Lebensjahr vor das runde Leder tritt. Er absolviert Trainingseinheiten alleine auf dem Platz, geht ins Fitnessstudio. Nach dem ersten Workout „tat mir fünf Tage lang alles weh“, erzählt er und lacht wieder.

Die zweite Mannschaft vom Hörder SC hat immer zu ihm gehalten: Nach drei Jahren feiert Deniz Yelkuvan (unten) sein Comeback. © Yelkuvan
Vergangene Woche nimmt er dann zum ersten Mal wieder am Mannschaftstraining teil. Leibchen drüber, ein bisschen kicken. Es läuft besser, als erwartet. „Der Trainer hat mich dann gefragt, ob es fürs Wochenende reicht. Ich sagte: ‚Klar, zehn Minuten packe ich‘“, so Yelkuvan. Gegen Spitzenreiter Berghofen im letzten Saisonspiel der Kreisliga-B ist es schließlich so weit: Nach über drei Jahren und einer noch längeren Leidenszeit feiert der „Dortmunder Vollblutfußballer“ (O-Ton Yelkuvan) sein emotionales Comeback.
Comeback beim Hörder SC II: Video zeigt emotionale Einwechslung von Deniz Yelkuvan
Ein Video von seiner Einwechslung zeigt, wie er sich durch das Gesicht wischt, nachdem er endlich wieder auf dem Rasen steht. Tränen? Möglich. Wenn, dann aber Tränen des Glücks, der Freude. „Ich habe alles Revue passieren lassen und mich einfach gefreut, dass ich es geschafft habe. Ich habe gespürt, dass harte Arbeit belohnt wird – das war ein unglaubliches Gefühl“, sagt Yelkuvan. Seine Freundin und sein Papa waren dabei, auch ein paar Bekannte. Menschen, die ihm an dunklen Tagen Licht geschenkt haben. Menschen, die ihm bei seinem Kampf zurück ins Leben und auf den Platz unterstützt haben.
Für Yelkuvan ist dieser Erfolg nun aber nur eine Etappe. Er will noch mehr und verfolgt ein ehrgeiziges Ziel. Bis zum Vorbereitungsstart Anfang Juli will er topfit sein. „Ich muss natürlich trotzdem gucken, dass ich es nicht übertreibe. Step-by-Step ist angesagt. Ich will gucken, wie viel noch geht und bin auf jeden Fall heiß auf die neue Saison“, sagt er und verspricht: „Ich will jetzt voll angreifen“.
Alle sechs Wochen muss er dennoch weiterhin zur Kontrolle in die Ambulanz. Je länger er gesund ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass er es auch bleibt. Yelkuvan bleibt Optimist: „Hin und wieder gibt es natürlich Situationen, in denen du Angst hast, dass die Krankheit zurückkommt. Ich versuche aber, nach vorne zu gucken. Dabei helfen mir meine Freundin, meine Freunde und Familie, die Uni – und natürlich der Fußball.“
Jahrgang 1993, Dortmunder Junge und Amateurhandballer mit großer Liebe für den Fußball und den Ruhrpott. Studium der Journalistik an der TU Dortmund, nach kurzer Zwischenstation beim Westfälischen Anzeiger in Hamm wieder seit 2020 zurück bei den Ruhr Nachrichten. Schreibt über Thekenmannschaften bis hin zur Champions League.
