
© Stephan Schuetze
Keine Passkontrolle mehr: Warum in Dortmund fast jeder unter falschem Namen spielen kann
Fußball-Kreisliga
Der FC Brambauer II regte sich beim C-Liga-Spiel in Kemminghausen darüber auf, dass es keine Passkontrolle gegeben habe. Tatsächlich wurde die in Dortmund schon vor zwei Jahren abgeschafft.
Dass es auf dem Sportplatz in Kemminghausen zu einer Schlägerei kam, ist schlimm genug. Was sie ausgelöst hat, darüber streitet in den kommenden Wochen vermutlich das Sportgericht. Doch die Stimmung war schon vor dem Spiel schlecht. Der Grund laut Brambauer: Es gab keine Passkontrolle.
Passmappe stirbt aus
Dabei gibt es die in Dortmund schon seit zwei Jahren nicht mehr. Die alte Passmappe mit den vergilbten Seiten und den Passfotos, auf denen Männer noch aussehen wie Kinder, stirbt aus. „Die Passmappen werden im gesamten Verband abgeschafft“, sagt Volker Schneeloch vom Kreisfußball-Ausschuss in Dortmund.
Der Kreis Dortmund ist laut Schneeloch in Nordrhein-Westfalen sogar als Vorreiter unterwegs. „Die Passmappen werden im gesamten Verband durch die Spielrechtsprüfung mit hinterlegten Fotos in den Spielerlisten im DFBnet ersetzt. Zusätzlich haben wir in Dortmund analog zur Oberliga bereits die Abschaffung der Passkontrolle eingeführt“, sagt Schneeloch.
Betrug Tür und Tor geöffnet
Der Grund: „Wir wollten den Vereinen einen sehr großen Anreiz bieten, alle Bilder ins DFBnet hochzuladen“, sagt Schneeloch. Über 90 Prozent der Spieler seien dem Aufruf gefolgt, sagt Schneeloch. Das wären bei 340.000 aktiven Fußballern im gesamten FLVW-Gebiet 34.000 ohne Passfoto. Das heißt 34.000 potenzielle Pässe für Spieler ohne eigenen Pass. Heruntergebrochene Zahlen für den Kreis Dortmund waren zunächst nicht zu bekommen, aber die Dimension dürfte klar sein.
Schneeloch glaubt allerdings, dass die aktuelle Regelung keine großen Nachteile hat: „Welcher Schiedsrichter konnte denn bei der alten Passkontrolle binnen Sekunden Ausrüstung, Rückennummer, Geburtsdatum und Aussehen kontrollieren?“, fragt er und beantwortet die Frage selbst: „Da waren nicht viele dabei.“ In der Oberliga sei Passkontrolle ebenfalls abgeschafft worden.
„Betrug Tür und Tor geöffnet“
Doch ist die Oberliga mit einem Spiel in der C-Liga vergleichbar? Wenn Brünninghausens Oberliga-Spieler Arif Et plötzlich Locken hat, fällt das den interessierten Beobachtern auf. Aber in der C-Liga? „Da täuschen Sie sich mal nicht“, sagt Schneeloch, „man kennt sich salopp gesagt von der Kneipentour.“
Jörg Franke pfeift seit Jahren im Dortmunder Raum und ist bei der Dortmunder Schiedsrichtervereinigung für die Öffentlichkeitsarbeit mit zuständig. Ihm ist die Regelung ein Dorn im Auge: „Durch die Abschaffung der Passkontrolle ist dem Betrug Tür und Tor geöffnet.“ Das bestätigt auch Frank-Bernd Meyer, der Vorsitzende des Dortmunder Kreissportgerichts: „Seit die Passkontrolle abgeschafft wurde, sind die Einsprüche und die Betrugsfälle gestiegen.“
Von Kreis zu Kreis unterschiedlich
Beim Westdeutschen Fußball-Verband ist die Passkontrolle vielleicht auch deshalb noch nicht flächendeckend vom Tisch: „Davon ist mir nichts bekannt“, sagt Reinhold Spohn vom Verbandsfußballausschuss auf Nachfrage, „das wird von Kreis zu Kreis unterschiedlich gehandhabt. Lediglich wenn alle Vereine ihre Passbilder hochgeladen haben, kann die Kontrolle entfallen.“
Doch wie in Kemminghausen wird offenbar häufig gar keine mehr durchgeführt. Schiedsrichter könnten zwar mithilfe einer App wie früher die hochgeladenen Passfotos kontrollieren oder auf das Vorzeigen der Personalausweise bestehen: „Diese Möglichkeit gibt es laut Satzung“, sagt Schneeloch, gibt aber gleichzeitig zu: „Jeder weiß, dass überall getrickst wird. Da hat sich nichts dran geändert.“ Und so wird häufig auch nicht genau draufgeguckt.
Kein Versicherungsschutz
Jörg Franke appelliert deshalb auch aus Versicherungsgründen an die Spieler: „Jeder Akteur sollte sich darüber im Klaren sein, dass er keinen Versicherungsschutz genießt, wenn er auf einem falschem Pass spielt.“ Volker Schneeloch sagt: „Wir haben dieses Thema durchaus auf dem Schirm. Aber leider wird immer gelogen und betrogen.“
Eine schnelle Änderung stellt er jedoch nicht in Aussicht.