Punktabzüge und Ausschluss sollen Pflicht werden Reform bei Strafen für Gewalt im Fußball

Punktabzüge und tausende Euro Geldstrafe werden Pflicht: Strafen bei Gewaltvorfällen
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Fußballvereine, deren Spieler oder Zuschauer im Rahmen eines Spiels Gewalt anwenden, müssen zur neuen Saison mit deutlich empfindlicheren Strafen rechnen. Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) zieht die Zügel an.

Eine entsprechende Änderung der Rechts- und Verfahrensordnung (RuVo) befindet sich aktuell zur Beratung beim Westdeutschen Fußballverband (WDFV). Stimmen dort mindestens zwei der drei Landesverbände für die Änderung, greift sie in ganz NRW zur Saison 2023/2024.

Die Stimme des FLVW ist der Initiative sicher – schließlich hat sie Andree Kruphölter, Vizepräsident Amateurfußball beim FLVW, zu Jahresbeginn höchstpersönlich auf den Weg gebracht.

FLVW reicht Änderung ein

Die Änderung der RuVo ermöglicht den Sportgerichten ein anderes, deutlich verschärftes Strafmaß bei Fällen von physischer Gewalt. „Wir als Verband wollen nicht damit leben“, sagt Kruphölter zu solchen Vorkommnissen.

„Wir haben den Änderungsvorschlag Anfang des Jahres vorgebracht, nicht um Einzelfälle zu betrachten, sondern um einer Entwicklung entgegenzuwirken, die sich im Lagebild des Amateurfußballs ganz konkret durch Zahlen belegen lässt.“ Auch weitere diverse Aktionen der Gewaltprävention habe der FLVW bereits gegen die ansteigende Gewalt im Amateurfußball gestartet.

Der von Kruphölter vorgelegte Änderungsvorschlag wäre eine drastische Verschärfung, wie sie viele Beobachter des Amateurfußballs fordern – zuletzt etwa in Dortmund, als zum wiederholten Male der SC Osmanlispor mit einem Spielabbruch auffiel.

Die Neuerung beträfe den Paragraphen 9a der RuVo. Der regelt Strafen gegen Vereine in einzelnen Fällen. Der Entwurf des neuen Paragraphen liegt dieser Redaktion vor.

Punktabzüge werden Pflicht

Besonders sticht dabei Absatz zwei ins Auge. Der besagt, dass im Falle eines mangelnden Schutzes der Schiedsrichter oder des Herbeiführens eines Spielabbruches, bei dem mindestens zwei Spieler oder Offizielle den Unparteiischen tätlich angreifen, der verantwortlichen Mannschaft automatisch ein bis sechs Punkte abzuerkennen sind.

Bedeutet: Schon im ersten Fall eines Spielabbruchs wegen physischer Gewalt, die von mehr als einer Person ausgeht, ist ein Punktabzug für das schuldige Team Pflicht. Zwischen schweren und besonders schweren Fällen zu unterscheiden, könne man den Sportgerichten nicht zumuten, sagt Kruphölter. Punktabzüge sind deshalb obligatorisch.

Solche Szenen wie beim Spielabbruch zwischen RW Germania und dem SC Osmanlispor will der FLVW künftig drastischer bestrafen.
Das Spiel zwischen Osmanlispor Dortmund und RW Germania wurde abgebrochen. © Andreas Seiffert

„Im Wiederholungsfall im selben Spieljahr erfolgt der Ausschluss der verantwortlichen Mannschaft vom Spielbetrieb bis zum Ende des Spieljahres“, heißt es in der Änderungsvorlage.

„Bei den Unbelehrbaren wird die Mannschaft aus dem Spielbetrieb genommen für die Saison. So knallhart soll es sein“, sagt FLVW-Vizepräsident Kruphölter zu solchen Wiederholungsfällen. Er betont aber auch, dass man „den einzelnen Affekttäter“ dagegen nie ganz einfangen könne. Deshalb sind zwei Täter eine Voraussetzung, um die verschärften Strafen verhängen zu können.

FLVW führt Kollektivstrafe ein

Dazu setzt der FLVW künftig auf die sogenannte Kollektivstrafe. Die regelt er in Absatz 5. Demnach sind Vereine „für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen,

Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger, Zuschauer und weiterer Personen, die im Auftrag des Vereins eine Funktion während des Spiels ausüben, verantwortlich“, heißt es in der Änderungsvorlage. Egal, von wem also künftig ein Fehlverhalten ausgeht, es haftet der Verein.

Auch finanziell stößt der FLVW in neue Gefilde vor. Vereinen drohen bald Geldstrafen, die ihnen deutlich mehr wehtun als bisher. Die Maximalstrafen für einen nicht ausreichenden Ordnungsdienst (bis zu 2500 Euro), unsportliches Verhalten (bis zu 5000 Euro), mangelnden Schutzes der Schiedsrichter oder des Gegners, des Herbeiführens eines Spielabbruches oder Bestechung (jeweils bis zu 7500 Euro) lesen sich schmerzhaft.

Andree Kruphölter ist Vizepräsident des Fußball- und Leichtathletik-Verbands Westfalen (FLVW).
Andree Kruphölter ist Vizepräsident des Fußball- und Leichtathletik-Verbands Westfalen (FLVW). © FLVW

In den Fällen Bestechung und Spielabbruch ist auch der Versuch strafbar, wie aus dem Änderungsantrag hervorgeht. Bei Regionalligisten – sie bewegen sich im Zuständigkeitsbereich des WDFV – ist sogar das Vierfache der Geldstrafen möglich.

Auf die Fußballkreise sollen durch die neuen Sanktionsmöglichkeiten keine Mehrarbeit zukommen. „Die Zuständigkeit der Sportgerichte bleiben unberührt“, sagt Andree Kruphölter. Heißt: Sie entscheiden in Eigenregie.

Verbale Gewalt ausgeklammert

Kruphölters Vorstoß klammert verbale Gewalt zunächst aus. „Die Verrohrung von Sprache und Respektlosigkeit sind allgemeine Probleme. Da kommen wir schwerer ran“, sagt Kruphölter.

Die Motivation für die eingereichte Änderungsvorlage ist in ihr selbst festgehalten. Unter anderem steht dort geschrieben, dass der neue Paragraph 9a „hinreichend bestimmte Tatbestände für Vereinsvergehen“ enthalte, „welche bislang in der Rechts- und Verfahrensordnung nicht vorgesehen waren“.

„Klares Zeichen gegen Gewalt“

Die Einführung sei „ein klares Zeichen gegen Gewalt im Fußball“. „Die hohen Strafandrohungen nehmen die Mannschaften und Vereine in die Pflicht. Sie müssen ihre Mitspieler aktiv davon abhalten, schwere Straftaten zu begehen“, steht dort geschrieben. „Mein Ziel ist es, dass die Regeln zur neuen Saison greifen“, sagt Andree Kruphölter.

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