Football-Co-Trainer: „Kenne die Offensivspieler nicht mit Namen“
Football
In einer kleinen Serie wollen wir die Aufgaben und Charaktere von Co-Trainern vorstellen. Wer sind die Coaches hinter den Übungsleitern, die eigentlich im Fokus stehen? Weiter geht es mit Football.

Wenn die Saison wieder losgeht, starten die Dortmund Giants in der Verbandsliga Staffel Ost. © Bauerfeld
Sie sorgen für die gute Stimmung im Team, sind näher dran an den Spielern und kümmern sich um volle Wasserflaschen, ein trockenes Handtuch und weitere kleinere Erledigungen. Alles nur Mythen über Co-Trainer? Was macht eigentlich ein Assistent und was sind seine Aufgaben? Wir sind der Sache auf den Grund gegangen und durchleuchten hierbei verschiedene Sportarten in diversen Ligen.
Wir machen weiter bei den Dortmund Giants, die in der American Football-Verbandsliga Gruppe Ost spielen. Das Team wird betreut von Cheftrainer Tobias Gerland, der gleichzeitig für die Offensive der Mannschaft verantwortlich ist, dem Defense-Koordinator Holger Meyring und dem Special-Teams-Koordinator Bastian Grundmann.
Bis ins Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft
Wer an die Dortmund Giants, das einzige Football-Team der Ruhrpott-Stadt denkt, der kommt an Tobias Gerland nicht vorbei. Als ein paar Enthusiasten des eiförmigen Sportgeräts aus Leder im Jahr 1979 erstmals in Dortmund zusammenkamen, durfte Gerland nicht fehlen. Wenige Monate später - im Mai 1980 - gründeten sich dann die Giants.
In den folgenden Jahren feierte der Footballer dann als Spieler die größten Erfolge mit dem Verein: 1989 Einzug ins Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft und 1987 und 1988 gelang das Erreichen des Viertelfinals. Nun - lange nach dieser Zeit - kehrt Gerland wieder in die vorderste Reihe zurück: Nachdem er bereits zwischen 2002 und 2005 als Spielertrainer die Mannschaft coachte, wird er nun in der kommenden Saison wieder die Giants trainieren.

Holger Meyring ist Defensiv-Koordinator der Dortmund Giants. © Privat
Aber das macht er gewiss nicht alleine. „Eigentlich habe ich fünf Co-Trainer. Jeder hat seinen Bereich. Der Cheftrainer ist im Football eigentlich nur ein Organisator, der ein gutes Team von Positionscoaches und Koordinatoren für spezielle Gebiete um sich hat“, sagt Gerland.
Da es schwierig ist, die Tätigkeitsbereiche aller fünf Assistenzcoaches abzubilden, beschränkt sich der Artikel auf drei Gebiete und deren Trainer: Offensive-Koordinator, Defensive-Koordinator und Special-Teams-Koordinator.
Wichtig zu wissen ist, dass beim Football jedes Team für sich funktioniert und die Spieler meist nur eine feste Position haben: Das heißt, sie werden nur im Angriff oder nur in der Defensive eingesetzt. „Natürlich kann es vorkommen, dass ein Spieler sowohl ein guter Passempfänger als auch ein guter Passverteidiger ist. Aber das ist eher selten. Meist dauert es Jahre, bis man einen Spieler auf einer Position ausgebildet hat“, sagt Defensiv-Koordinator Holger Meyring.
Aber was sind eigentlich seine Aufgaben als Co-Trainer im Football?
Neben dem Spielfeld: Vor der Saison müssen die Spieler erstmals in ihre Teams eingeteilt werden. Wer spielt wo, agieren manche Akteure mehrfach auf dem Feld? Das alles erfordert einen hohen kommunikativen Aufwand. „Wir haben meist mehrmals die Woche telefoniert - manchmal auch über Stunden“, erzählt Meyring über den Austausch.

Bastian Grundmann ist Special-Teams-Koordinator und zudem zuständig für die Defensive Line. © Josephine-Viviane Schupp
Auch Bastian Grundmann, der für die Special Teams und für die Defensive Line bei den Giants verantwortlich ist, kann das bestätigen. „Man stimmt sich ab, wer wann eingesetzt wird. Manche Spieler brauchen größere Ruhepausen, manche schaffen es nicht in die Startelf und wollen sich dann über die Special Teams beweisen und Spielzeit erarbeiten. Daher versuchen wir dann, den Akteuren andere Möglichkeiten aufzuzeigen.“
Im Training: Eine Saison und damit auch die die diversen Übungseinheiten sind in verschiedene Phasen eingeteilt: Vor Beginn des Spielbetriebs werden Grundlagen in der Athletik geschaffen. „Dort legen wir viel Wert auf die Fitness“, erklärt Cheftrainer Gerland. Danach trainiert erstmal jede Gruppe für sich: „Es werden pro Einsatzbereich und Position spezielle Inhalte trainiert. Dabei geht es um taktische Vorgaben und technische Feinheiten“, beschreibt der Cheftrainer.
Erst wenn jede Gruppe für sich ihre Abläufe beherrscht, kommen alle zusammen. Die Offensive läuft ihre Systeme gegen die Defensive, die Special Teams spielen Situationen durch. „Wichtig ist, dass die Spieler möglichst viele Situationen im Training schon mal erlebt haben, damit sie dann im Spiel selbst darauf reagieren können. Wir versuchen im Training, die Entscheidungsfindung zu verbessern“, beschreibt Grundmann, der auch Schiedsrichter ist.
Spannend ist auch die Größe eines Footballteams. Meist tummeln sich zwischen 30 und 60 Spieler in einer Mannschaft. Da am Anfang einer Saison jeder Koordinator nur mit seiner speziellen Einheit trainiert, kann es da schon mal zu lustigen Situationen kommen: „Zu Beginn kenne ich meist die Offensivspieler nicht mit Namen, sondern meist nur anhand ihrer äußerlichen Merkmale - beispielsweise, der Spieler mit dem lila Helm. Erst während der Saison lerne ich dann das ganze Team kennen“, erzählt Meyring.
Im Spiel: Während des Spiels ist jeder Coach für seinen Bereich zuständig. Nicht wie beim Fußball, wo der Cheftrainer alles im Blick hat und letztlich taktische Entscheidungen trifft oder Auswechslungen anordnet. „Wenn meine Jungs gerade runter vom Feld sind und dann beispielsweise die Defensiveinheit spielt, werten wir erstmal die letzten Angriffe aus. Da habe ich gar keine Gelegenheit, Holger in seine Strategie reinzureden“, erklärt Gerland, der neben dem Cheftrainerposten auch die Position des Offensiv-Koordinators innehat.
Mit etwas mehr Humor beschreibt Meyring die Situation während einer Partie: „Der Chefcoach kann mir gerne reinreden. Aber die Frage ist, ob ich dann im nächsten Spiel noch da bin.“ Natürlich teile man Beobachtungen oder wenn etwas Spezielles auffällt, aber eigentlich sei jede Einheit separat zu sehen, da ist sich das Trainergespann einig.
Profil: Wer beim American Football die Rolle eines Trainers übernehmen möchte, der sollte idealerweise vorher selbst gespielt haben. Zwar meint Bastian Grundmann, dass man auch hospitieren und sich auf diesem Wege das Wissen aneignen könne, aber: „Das ist sehr, sehr schwer. Am besten hat man auf der Position, die man trainiert, selbst auf dem Feld gestanden. Dann kann man die Bewegungsabläufe und taktischen Feinheiten besser nachvollziehen und erklären.“

Tobias Gerland (oberste Reihe ganz links) trainierte in den vergangenen Jahren vor allem Jugendteams. © Privat
Für Holger Meyring ist wichtig, dass man vor allem authentisch ist. „Man sollte eine realistische Einschätzung von dem haben, was man dem Team zutrauen kann. Es bringt nichts, NFL-Spielzüge einzustudieren, wenn man die Spieler nicht dafür hat. Daher ist der Bezug zum Team enorm wichtig.“
Bislang betreute das Trainergespann Gerland, Meyring und Grundmann die Giants nur bei einem Testspiel gegen eine niederländische Mannschaft aus Arnheim. Die Saison in der Verbandsliga, in der das Team abgestiegen ist, hat wegen der Corona-Krise noch nicht begonnen.
Wiederaufstieg als Ziel
Als Ziel für die Saison, wann auch immer startet, gilt der Wiederaufstieg. „Die vergangene Spielzeit ist sehr ärgerlich verlaufen. Einige Spieler waren lange verletzt, zudem haben wir einige Spiele knapp verloren. Der Fokus muss sein, die Spieler weiterzuentwickeln und wieder zurück in die Oberliga zu kommen“, beschreibt Bastian Grundmann.
In die Oberliga will auch Cheftrainer Tobias Gerland mit dem Team. Schließlich ist der aus früheren Zeiten ganz anderes gewohnt, als die Giants noch regelmäßig in der Bundesliga spielten.