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Ex-BVB-U19-Trainer Benjamin Hoffmann: Das Tischtuch mit Dortmund ist nicht zerschnitten
Juniorenfußball
Der Abschied von der BVB-U19 im Sommer kam überraschend. In Mainz scheint Benjamin Hoffmann nun sein Glück gefunden zu haben. Was der Trainer über sein Aus in Dortmund denkt, hat er uns verraten.
In der vergangenen Saison führte Benjamin Hoffmann (40) die U19 von Borussia Dortmund noch zur Deutschen Meisterschaft. Mittlerweile hat Michael Skibbe seinen Platz auf der Trainerbank bei den Schwarzgelben eingenommen und Hoffmann ist weitergezogen zum FSV Mainz 05.
Wir haben mit dem ehemaligen BVB-Coach über seine ersten Monate in der neuen Heimat gesprochen, über die Unterschiede zu seinem ehemaligen Verein Borussia Dortmund und BVB-Ausnahmetalent Youssoufa Moukoko
Sie stehen mit der U19 des FSV Mainz 05 nach sieben Spieltagen vor Bayern München auf Platz eins der Bundesliga Süd/Südwest. Sind Sie zufrieden mit dem Start bei Ihrem neuen Klub?
Ja, auf jeden Fall, auch wenn wir zuletzt nur zweimal unentschieden gespielt haben. Das Nur gehört aber in Anführungszeichen, weil wir mehr als zufrieden sind.
Unter anderem hat Ihr Team gegen den Topfavoriten FC Bayern am zweiten Spieltag 1:1 gespielt.
Das war eine Topleistung von uns. Die mussten wir aber auch bringen, um überhaupt zu bestehen. Wir standen defensiv sehr gut. Zum Schluss hätten wir sogar gewinnen können. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Bayern die Doppelbelastung mit der Youth League haben und Topspieler wie Oliver Batista Meier, Joshua Zirkzee oder Leon Dajaku schon in der U23 spielen. Trotzdem sind die Bayern immer noch der Topfavorit auf den Meistertitel in unserer Bundesliga-Staffel.
Was ist mit Ihrem neuen Klub möglich?
Es geht sehr eng in der Tabelle zu. Zwischen Platz eins und Rang sechs liegen gerade einmal drei Punkte Unterschied. Wir wollen erstmal so viele Punkte wie möglich erreichen und dann gucken, was möglich ist. Letztendlich versuchen wir so lange wie Möglich um die Meisterschaft mitzuspielen aber vor allem unsere Talente weiterzuentwickeln, damit Sie den Sprung in den Profikader schaffen.
Ist es aufgrund der finanziellen Unterschiede in Mainz nötiger als in Dortmund, eigene Spieler für die Profimannschaft zu entwickeln?
Ich würde es nicht nötiger nennen. Das hört sich ein bisschen so an, als müssten wir in Mainz aus einer Not eine Tugend machen. Der Klub kauft auch gute externe Spieler. Bestes Beispiel ist doch Abdou Diallo, der für relativ kleines Geld gekauft und für teures weiterverkauft wurde. Was aber der Unterschied zu Dortmund ist...
Ja...
... dass die Durchlässigkeit für unsere Talente den Profis vielleicht etwas größer ist. Das liegt natürlich an der sportlichen Situation. In Mainz ist nicht die Qualifikation für die Champions League Pflicht. In Dortmund ist es sogar wünschenswert, die Gruppenphase der Champions League zu überstehen. Deshalb können in Mainz mehr Top-Talente als in Dortmund an das Bundesliga-Niveau herangeführt werden. Hier sind die Verantwortlichen der U17, U19, U23 und der Profis auch im ständigen Austausch. Deshalb ist der Weg der Talente zu den Entscheidungsträgern kürzer.
Wer sind denn die neuen Talente aus Mainz, die den Bundesliga-Schritt gehen könnten?
Niklas Tauer und Merveille Papela haben jetzt schon einen Profivertrag bekommen. Das ist natürlich ein gutes Zeichen für die jungen Spieler.
Sie waren ja jahrelang mit dem BVB in der Bundesliga West unterwegs. Wo liegen die Unterschiede im Vergleich zur Bundesliga Süd/Südwest?
Schwer zu beantworten. Dafür bin ich erst zu kurz in Mainz und habe nicht die Erfahrungswerte, um mir jetzt schon ein Urteil erlauben zu können. Was ich aber sagen kann, ist, dass die Wege hier zu den Partien viel weiter sind. Wir sitzen manchmal sechs oder sieben Stunden im Bus für 90 Minuten. Wir reisen einen Tag früher an und übernachten im Hotel. Und einen Unterschied habe ich noch ausgemacht.
Welchen?
Im Süden geht es nicht immer nur um das Ergebnis. Zum Beispiel Ulm oder Greuther Fürth, die beide unten stehen, stellen sich nicht einfach hinten rein und spielen auf Konter. Hier haben die Vereine ihre klare Philosophie und ihre Prioritäten. Es geht viel mehr um das Spielerische.
Wie nah sind Sie noch an der U19 des BVB dran?
Ich verfolge das Geschehen natürlich. Genauso wie ich das Geschehen in der Bundesliga Nord/Nordost verfolge und sehe, was Union Berlin in der Bundesliga Nord gerade macht. Das ist mein Job. Ich hatte aber schon einmal die Chance, ein BVB-Spiel live zu gucken. Das war gegen Bayer Leverkusen. Da hatte ich dann die Möglichkeit, auch vielen alten Bekannten Hallo zu sagen.
Es klingt, als hätten Sie den Absprung aus Dortmund gut hinbekommen.
Mainz hat es mir hier einfach sehr leicht gemacht. Ich fühle mich in Mainz sehr wohl. Ich wurde sehr gut aufgenommen. Trotzdem habe ich natürlich noch Kontakt nach Dortmund.
Benjamin Hoffmann
Wie beurteilen Sie den Start und den aktuellen Platz vier des BVB-U19?
Die Leistungen kann ich nicht beurteilen, dafür bin ich zu weit weg. Im Spiel gegen Bayer Leverkusen war das Team aber sehr dominant. Die Mannschaft wird sich finden und die sich gesteckten Ziele erreichen. Davon bin ich überzeugt.
Kommt es vielleicht zum Duell zwischen Mainz und dem BVB, wenn es um die Deutsche Meisterschaft geht?
Dafür müssten wir uns erstmal für das Halbfinale qualifizieren. Wir müssen also Meister in unserer Bundesliga-Staffel werden. Das wird schon schwer genug. Aber klar, ich würde mich natürlich freuen, irgendwann gegen den BVB zu spielen.
Wie beurteilen Sie es, dass Youssoufa Moukoko als 14-Jähriger schon 15 Tore für die U19 des BVB geschossen hat?
Der Junge hat in den zwei Jahren U17 schon bewiesen, wie gut er ist. Mich wundert es also nicht, dass er gerade wieder so aufdreht. Jeder, der ihn live gesehen hat, weiß, wie gut er ist. Mich freut es einfach, dass er seine Leistungen bestätigt. Ich wünsche mir auch, dass er verletzungsfrei bleibt. Dann wird der BVB noch viel Freude an ihm haben.
Es war ja ein turbulenter Sommer für Sie. Sie sind erst Deutscher Meister mit der U19 geworden, wurden dann von Michael Skibbe abgelöst und sollten sich als Sportlicher Leiter um die jüngeren Jahrgänge beim BVB kümmern. Sie sind aber nach Mainz als Trainer gewechselt. Rückblickend: Ist alles korrekt abgelaufen?
Absolut, es ist alles okay abgelaufen. Beide Seiten können sich weiter in die Augen schauen und es ist kein Tischtuch zerschnitten.