
© Stephan Schütze
Erste Trainingseinheit nach sieben Monaten: „Die Kiste Bier für nachher steht bereit“
Fußball-Bezirksliga
Das allererste Training in beinah voller Besetzung seit langer, langer Zeit. Wir waren vor Ort und haben geschaut, wie ein Dortmunder Bezirksligist es handhabt.
Klänge aus einer anderen Zeit! Menschen treffen sich. Sie sprechen nicht über Inzidenzzahlen, Paragraphen und auch nicht das Wetter. 12 Grad Ende Mai, es schüttet. „Du hast neue Pöhler.“ „Nein, das sind die alten.“ „Komm, wir machen einen Kreis.“ Fußballer reden, wie Fußballer reden. „Die Kiste Bier für nachher steht bereit.“
Hier im Odemsloh passiert das, was seit fast acht Monaten nicht möglich war: Die Bezirksliga-Kicker von RW Germania trainieren wieder. Auch Timo Bieniak ist da: „Frohes Neues!“, grüßt der Torwart jeden einzelnen bestens gelaunt. Sie lachen wieder zusammen. „Frohes Neues“ Ende Mai! Natürlich wissen alle nicht nur wegen der Liste, in die sich alle artig eintragen, und wegen der Masken, die fast schon nicht mehr wegzudenken zu sein scheinen, dass dies ein besonderer Moment ist.
Trotz der Wiedersehensfreude zum ersten Training geben sich die Spieler nur die Faust – keine Umarmungen. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei“, mahnen Politiker ja immer wieder.
„Schön, euch zu sehen“
Der Vorsitzende Klaus Panitz blickt dennoch glücklich ins Schmuddelwetter. „Warte ab. Der Alex Schwarz ist in seiner Ansprache in der Regel kurz und prägnant, fast schon nüchtern.“ Und es dauert nicht lange, da begrüßt der spielende Coach seine Jungs mit einem in der Tat trockenen „Schön, euch zu sehen!“
Wäre Schwarz mit seiner stets verbindlichen Art und seinen aussagekräftigen Augen – sie signalisieren ziemlich große Freude – Friese oder Hamburger, hätte wahrscheinlich auch ein „Moin“ genügt. Und alle hätten gewusst, wie es ihr Coach meint. Also war „schön, euch zu sehen“ wohl schon ein Gefühlsausbruch.
Auf dem anderen Feld weg vom Eingang trainieren Junioren. Es geht schon wieder zur Sache. Schwarz hingegen mahnt seine Älteren dann doch in seiner Ansprache zur Vorsicht: „Achtet auf die Abstände.“
Panitz, bestens ausgestattet mit einer Germania-Maske, deutet nun auf den zweiten Trainer, Dennis Rensmann. „Er ist emotionaler, sorgt für Stimmung.“ Ob eine Laufeinheit zum Trainingsauftakt vonnöten sei, schließlich hätten die Jungs ja nicht viel anderes machen können als laufen, fragen wir Rensmann.
„Ob sie sich wirklich bewegt haben, werden wir ja gleich sehen.“ Er mustert seine Spieler ironisch kritisch. Aber er gibt Entwarnung: „Wir steigern das langsam. Wir wollen ja keine Muskelverletzungen.“
Bevor die ersten Spieler einen Spontankreis bilden, geht es dann doch kurz um die Schuhe. Alle tragen blitzblanke Treter in verschiedenen Farben, je jünger, je bunter. Schwarz berichtet, seine schwarzen Schuhe habe er vor zwei Monaten gekauft – in der nicht erfüllten Hoffnung auf ein früheres Abflauen der für die Trainingserlaubnis relevanten eingangs erwähnten Inzidenzzahlen. Jetzt also glänzt der Coach mit seinen Schuhen. Auch Rensmanns „Schwarze“ leuchten: „Nein, nein, neu sind die nicht. In denen bin ich damals mit Arminia Marten aufgestiegen.“ Das war übrigens 2010.
Erstes Zusammentreffen mit den neuen Teamkollegen
Nach den lockeren Kreisen und dem kurzen Willkommen bitten die Trainer die Jungs dann doch, ein paar Runden zu laufen. Etwas schüchtern laufen Joeys Schaut, Adam Ben Achour und Mick Werkmeister im Trio mit. Sie treffen nach ihrem Wechsel von Urania Lütgendortmunds A-Junioren zum ersten Mal auf ihre neuen Kollegen.
Bei der ersten coronakonformen Passübung mischen sie dann mit wie die anderen Neuen Richard Kuske, Safa Obi und William Najdi. Nur Dawid Magiera dreht verletzungsbedingt einsam seine Runden. „Wir haben was vorbereitet. Jetzt müssen wir die Übung wegen Dawid etwas umstellen, aber egal“, sagt Rensmann. Ein, zwei kurze Nachfragen, dann läuft der Ball schon wieder flüssig.
Das Zweikampfverhalten ist noch kein Thema. Irgendeiner nimmt doch den Begriff „Coronaschutzverordnung“ in den Mund. Dann fällt ein neuer Modebegriff von Sportlern aus den vergangenen Monaten: „Challenge!“ In einem netten Kopfballspiel ist das Ziel, ein umgedrehtes kleines Tor zu treffen. Wer verliert, macht Liegestütze. Ein paar Paare Schuhe mögen neu sein, die Sprüche bleiben die alten: „Runter!“
Alexander Schwarz erklärt: „Wir machen heute noch nicht viel.“ Das Wenige aber bedeutet den meisten Spieler aber sogar schon enorm viel.
Dortmunder Jung! Seit 1995 im Dortmunder Sport als Berichterstatter im Einsatz. Wo Bälle rollen oder fliegen, fühlt er sich wohl und entwickelt ein Mitteilungsbedürfnis. Wichtig ist ihm, dass Menschen diese Sportarten betreiben. Und die sind oft spannender als der Spielverlauf.
