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Ehemalige Bundesliga-Fußballerin wechselt in die Kreisliga A – zu den Männern
Amateurfußball
43 Spiele absolvierte er als Fußballerin in der 2. Bundesliga, vier Spiele kamen in der 1. Liga dazu. Nun wechselt er in die Kreisliga A – der Männer. Dazwischen lag eine Geschlechts-Transition.
Dieser Wechsel sorgt für Aufsehen: Einst eine erfolgreiche Fußballerin bei den Frauen wechselt er nun in die Kreisliga der Herren. Der Fußballer freut sich darauf, endlich den „eigenen Traum vom Männerfußball leben zu dürfen“.
Nicu Burgheim wechselt zum Fußball-A-Kreisligisten SJC Hövelriege im Kreis Paderborn. So gut, so gewöhnlich. Doch so gewöhnlich dieser Transfer auf den ersten Blick aussieht, so ungewöhnlich sind die Hintergründe. Denn Nicu Burgheim spielte bereits in der 1. und 2. Bundesliga – der Frauen. Zuvor war er unter dem Namen Romina Burgheim als Fußballspielerin aktiv, ehe er sich entschloss, sich einer geschlechtsangleichenden Operation zu unterziehen.
Nicu Burgheims Karriere endete jäh
Im November 2016, zu diesem Zeitpunkt spielte er in der 2. Bundesliga für Arminia Bielefeld, löste der damals 29-Jährige seinen Vertrag nach Differenzen mit Trainer Markus Wuckel auf. Nicu Burgheims Karriere endete jäh – zu diesem Zeitpunkt hatte er längst beschlossen, seine Laufbahn im Sommer 2017 zu beenden. Seine Entscheidung der Geschlechtsangleichung war da längst gefallen.
Seit 2018 unterzog sich der Fußballer mehreren Operationen, auch jetzt warten noch zwei weitere. „Die letzte womöglich in zwei Monaten“, sagt er. Also komme nun der ideale Zeitpunkt, sich endlich wieder einer Fußball-Mannschaft anzuschließen.
Schon öfter habe er den Gedanken gehabt, wieder zu kicken. „Fußball ist meine große Leidenschaft“, verrät er. Ein erster Comeback-Versuch misslang aufgrund einer Sprunggelenksverletzung, der zweite aufgrund der Corona-Pandemie.
Auch aufgrund der vielen Operationen, der sich Nicu Burgheim unterziehen musste, sei das Comeback bislang nicht geglückt. Nun ist es aber so weit: Der letzte operative Eingriff ist in Sichtweite. „Jetzt möchte ich es noch einmal probieren.“
Den eigenen „Traum vom Männerfußball“ leben
Trotz der langen Pause hat der heute 33-Jährige ein paar Ansprüche für seinen persönlichen Restart. Auch wenn er schon Alte Herren kicken könnte, wollte er unbedingt in einer richtigen Seniorenmannschaft der Herren spielen. „Ich wollte meinen eigenen Traum vom Männerfußball leben. Und auf gewisse Weise sehe ich mich als A-Jugendlicher, der auf dem Sprung in die Senioren ist - nur mit reichlich Erfahrung im Gepäck.“

Im ersten Fußballerleben spielte Nicu Burgheim bei den Frauen, nun geht es für ihn bei den Männern zur Sache. Nach fast fünf Jahren Pause möchte er sein Comeback geben. © Privat
Als ehemalige Zweitligafußballerin bringt Burgheim ein gewisses Talent mit. „Die B-Liga möchte ich mir damit nicht antun.“ Sein passioniertes Ziel wäre eine Bezirksliga-Mannschaft gewesen. Dass es zu Beginn schwierig sein könnte nach fast fünf Jahren Fußball-Pause, in der Bezirksliga Fuß zu fassen, sei ihm aber klar gewesen.
Deshalb suchte er zusätzlich ein Team mit einer ambitionierten Reserve-Mannschaft, die in der Kreisliga A kickt. Dort hätte er sich dann für höhere Aufgaben empfehlen können. Richtig fündig wurde Nicu Burgheim im Raum Bielefeld aber nicht. „Über eine ehemalige Mitspielerin beim DSC kam dann der Kontakt zum SJC Hövelriege zustande“, erzählt er. Dort trainierte er schließlich im Kreisliga-C-Team mit – „und es hat mir gefallen“.
Nicu Burgheim möchte erst mal fit werden
Der Trainer aus der ersten Mannschaft des Vereins, Erol Bayram, war sehr an einer Zusammenarbeit interessiert. Und Nicu Burgheim habe es sich ebenfalls gut vorstellen können, für den A-Kreisligisten aufzulaufen. So landete die ehemalige Bundesligaspielerin in einem A-Kreisliga-Team der Herren.
Druck möchte sich der Fußballer nicht machen. Sein erstes Ziel sei es, körperlich fit zu werden. Früher in den Frauen-Mannschaften sei seine Schnelligkeit eine seiner Stärken gewesen. „Bei den Männern kann ich mich darauf nicht mehr so verlassen“, so der 1,67 Meter große Burgheim. Die körperlichen Unterschiede seien nicht zu leugnen.
Seine Technik ist laut seiner Aussage und der des Trainers aber noch immer auf einem hohen Niveau. „Er kann eine gute Rolle bei uns spielen“, ist sich Trainer Bayram sicher. „Nicu ist ein toller und schlauer Spieler. Wir alle sind gespannt, wie es für ihn ist.“

Nicu Burgheim (r.) war damals auch im Einsatz gegen den aktuellen Deutschen Meister der Frauen, den VfL Wolfsburg. © imago/Christian Schroedter
Seine Stärken sieht Nicu Burgheim in der Offensive. Am wohlsten fühle er sich auf der klassischen Zehnerposition, aber auch als hängende Spitze oder „falsche Neun“ könne er agieren. Bei Bielefeld oder beim Herforder SV spielte er auch mal auf den Außen, „da habe ich mich aber nicht so wohl gefühlt“. Er sei ein „Freigeist, der ein bisschen Narrenfreiheit“ auf dem Platz brauche, erzählt er lächelnd im Gespräch. „Dort glaube ich, mein Potenzial am besten abrufen zu können.“
„Es freuen sich alle, dass ich nun dabei bin“
Bislang hat Nicu Burgheim nur die Kreisliga-C-Mannschaft des SJC Hövelriege kennenlernen dürfen, eine Trainingseinheit in der ersten Mannschaft kam aufgrund der Corona-Pandemie noch nicht zustande, genauso wenig ein Zusammentreffen bei der Weihnachtsfeier, die ausfallen musste.
Negative Reaktionen habe es aber nicht gegeben, ganz im Gegenteil. „Wie mir der Trainer sagte, freuen sich aber alle riesig, dass ich nun dabei bin.“ Das bestätigt Bayram: „Für seine Ausgangssituation ist der SJC eine gute Entscheidung.“

Nicu Burgheim will seinen "eigenen Traum vom Männerfußball" leben. © Privat
Mit dem offenen Umgang seiner Transition möchte Nicu Burgheim Sichtbarkeit vorleben. „Mir ist bislang niemand begegnet, der den gleichen Weg gegangen ist“, sagt er. Nicu Burgheim ist ein Vorbild – für Männer wie Frauen.
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