Früher war alles besser. Nein, stimmt nicht. Aber früher gab es Typen, wie sie sich die heutige jüngere Generation kaum noch vorstellen kann. In loser Reihenfolge erinnern wir an ganz besondere Dortmunder Fußballer, über die alle sprachen. Und wir blicken mit ihnen auf die heutige Zeit. Nach Freistoß-Wunder Thorsten Nilkowski folgt jetzt ein Torjäger mit einem prominenten Vorbild.
Sie nannten ihn Rooney. Wer keine Vorstellung hatte, warum, musste nur Bilder der einstigen England-Legende und Sven Landherr (heute 40) nebeneinander legen. Und wem das nicht reichte, der wusste nach dem Zusehen beider Spieler auf dem Platz Bescheid. Und drittens, fügt Landherr hinzu, „waren wir beide keine Kinder von Traurigkeit. Heute mit etwas Abstand denke ich manchmal: Hätte ich doch öfter geschwiegen.“
Aber Sven Landherr, der Junge von Phönix Eving, schaffte das Kunststück, zu einer der einprägsamsten Figuren des Dortmunder Amateurfußballs zu werden, ohne - bis auf ganz wenige Einsätze - höher als Bezirksliga gespielt zu haben. Das fing bereits mit seiner Spielweise an, die ihn neben seiner optischen Ähnlichkeit zu Dortmunds Wayne Rooney machten. „Ich war eben der bullige Stürmer. Mich wollten sie mal zum Zehner machen. Das war aber zum Scheitern verurteilt“, erinnert er sich lachend.
Familienvater zweier Kinder
Sven Landherr, aktuell Experte für Bad und Küchen in einem bekannten Wittener Möbelhaus und Familienvater zweier Kinder, ist mit sich heute im Reinen, selbst wenn er heute ab und an bedauert, „nicht mehr aus mir gemacht zu haben“. Aber er stand sich mit seiner Art eben auch öfter mal selbst im Weg.
Der talentierte Nachwuchsangreifer schaffte es nach einem Kurz-Intermezzo beim BVB und beim TSC Eintracht tatsächlich trotzdem in die erste Mannschaft der Evinger in der Landesliga, obwohl er da bereits zuvor mal mit einem Juniorentrainer Theater hatte. Ihm hatte Landherr eben mal an den Kopf geknallt: „Was soll der Scheiß?“
Ein wenig in die Spur brachten ihn alte Phönix-Legenden. Legenden, die ebenfalls nur unter ihrem Spitznamen bekannt waren. „Schelle (Torsten, d. Red) Richter oder Delle (Detlev, d. Red) Schönhoff schmissen mal ihre dreckigen, natürlich im Gegensatz zu heute schwarzen, Fußballschuhe unter die Dusche. Ich war gerade aus dem Nachwuchs gekommen. Da hätte ich ihre Schuhe geputzt, hätte Schelle nicht gesagt: Das war ein Test.“

Norbert Heß, noch heute bei den Sportfreunden Nette aktiv im Vorstand, holte Landherr zum Hallenbad, wo er durch einen neuen Mitspieler den Namen Rooney erhielt. „Ich weiß nicht mal, wer es war, aber er sagte nur: Du siehst genauso aus. Rooney war gerade selbst erst im ersten Jahr beim FC Everton.“
Kurzer Einschub: Rooney wechselte zu Manchester United. Und auch Landherr sollte seine nächsten Erfolge auch in schwarz-roten Trikots feiern. Also zurück zu den Nettern. „Ehe wir in die Bezirksliga aufstiegen, war ich dann die erhoffte Tormaschine. In einem Jahr habe ich mal 46 Hütten gemacht, alleine in Nette habe ich mehr als 100 Tore erzielt.“
Bester Trainer prägte ihn
Dann kam der langjährige Trainer Bernd Krämer zu den Sportfreunden: „Ich sage noch heute, obwohl wir nach zwei guten Jahren menschlich aneinander geraten waren, dass es mein bester Trainer war. Diese Kröte habe ich Thomas Faust, einen Riesen-Trainer und Riesen-Typen, der später in Eichlinghofen mein Trainer war, neulich erst in Huckarde beim Frühstück im ‚Täglich‘ schlucken lassen. Aber als Menschen passten Fausti und ich hervorragend, beide laut, beide aber voller Liebe für den Fußball. Und Fausti hat sich ja nach unserer damaligen Zeit auch weiterentwickelt.“
Das heißt aber: Landherr hatte die Sportftfreunde nach einigen Jahren verlassen und entschied sich für das Eichlinghofer Schwarz-Rot. „Das war ein Verein genau nach meinem Geschmack. Denn neben Toreschießen war auch Biertrinken eine meiner Lieblingsdisziplinen.“
Und wer den Dortmunder Rooney da im Vereinsheim singend und lachend erlebte, änderte seine vorgefertigte Meinung schnell: „Du bist ja nett und witzig und gar kein Asi, hörte ich immer wieder. Wie der echte Rooney galt ich eben auch privat als Raubein, obwohl sich meine, naja schon aggressive, Art nur auf dem Platz bemerkbar machte. Ich kannte die üblichen Schimpfworte, aber persönlich verletzend war ich nie.“
Bleibende Erinnerungen
Nun gut! Landherr blieb in Eichlinghofen nur kurz trotz Mittelfußbruchs. „Aber ich finde es tatsächlich schön, dass ich da einen positiven bleibenden Eindruck hinterlassen habe. Noch heute freuen sich Eichlinghofer, wenn sie mich sehen, und sagen: Du warst ein echter Typ. Das erinnert mich daran, dass ich einfach hätte länger bleiben sollen.“
Landherr stieg dann sogar noch mit dem schwarz-roten VfL Hörde in die Bezirksliga auf. „Denen haben wir dann auch das Feiern beigebracht.“ Landherr aber räumt ein, danach nirgendwo mehr richtig Fuß gefasst zu haben. „Hätte ich gedacht wie heute und hätte ich mich so manchmal diplomatischer verhalten, hätte ich bestimmt höher als Bezirksliga gespielt und wäre auch länger dabei geblieben. Ich habe ja auch mal bei meinem damaligen Arbeitgeber DSW21 in der Betriebsmannschaft gespielt, aber so richtig dabei geblieben bin ich nicht. Ich hatte in der C-Liga dann sogar Angst um meine Knochen.“

Sein Sohn, mittlerweile elf Jahre alt, der gerade von TuRa Asseln zu den Dortmunder Löwen wechselte, könnte in „Rooney“ ein Umdenken hervorrufen. „Ich habe früher in Nette schon den Juniorentrainer gemacht, jetzt auch bei meinem Jungen ausgeholfen.“
Aber dann kommt doch ein wenig der bullige Stürmer vom alten Schlag durch: „Weiße Schuhe lasse ich mir bei den Kindern noch gefallen. Aber mit den ganzen bunten Tretern kann ich nichts anfangen. Spaß am Fußball habe ich schon noch.“ Die jüngsten Erfolge eines seiner Herzensvereine, der Sportfreunde Nette, verfolgte er schon.
„Ab und an gehe ich auch wieder mal zum Platz. Wenn sie in der A-Liga spielen, wird das ja interessant. Und Hut ab: Es ist viel schwieriger, aus den B-Ligen mit einigen Übermannschaften aufzusteigen, als jetzt drinzubleiben.“
„Rooney“ wird Namen nicht los
Was im Dortmunder Fußball passiert, bekommt er schon mit. „Ich bin Fan eurer Livestreams“, gibt er dem Reporter mit auf den Weg. „Und wenn ich jetzt so nachdenke, sehe ich das alles gar nicht mal so wehmütig. Vielleicht findet sich ja ein Verein im Seniorenbereich, der mir eine Chance gibt.“
Ein Verein, der schnell feststellen wird, dass Dortmunds Rooney ein ganz netter, verdammt ehrlicher Fußball-Liebhaber ist. Solch einen Typen könnte auch Dortmunds Fußball von heute mit Sicherheit gut vertragen. Und alle werden ihn auch heute „Rooney“ nennen. „Den Namen werde ich nicht mehr los.“
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