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Punktverluste nach Todesfall: „Kann man noch auf den siebten Onkel Rücksicht nehmen?“
Fußball
In der Kreisliga B und der Kreisliga C waren die Teams eines Dortmunder Kreisligisten nicht angetreten. Es gab im erweiterten Kreis einen Todesfall. Einer Spielverlegung wurde nicht zugestimmt.
Corona-Fälle in der Dortmunder Kreisliga? Das könnte der erste Reflex gewesen sein beim Blick auf die Spiele der beiden Mannschaften der Tamilstars Dortmund am vergangenen Wochenende. Beide wären am Sonntag beim SV Westrich I und beim SV Westrich IV angetreten, beide Partien fanden allerdings nicht statt.
Coronabedingt abgesagt wurden die Spiele aber nicht, erklärt Westrichs Trainer Tobias Ahland. Die Tamilstars kamen am Samstagnachmittag auf Westrich zu, mit der Bitte, die Spiele zu verlegen. Der Grund war ein plötzlicher Todesfall im erweiterten Kreis der Mannschaft. Das bestätigt Tamilstars-Trainer Thileepan Ethirmanasingam.
„Westrich und wir wollten das Spiel eigentlich verlegen“, sagt der Trainer. Weil der Überraschungs-Viertelfinalist der bis dato letzten Hallenfußball-Stadtmeisterschaft am Donnerstag (9. September) gegen den SC Dortmund aber ein Pokalspiel hat, wäre nur der Dienstag in Frage gekommen.
Die Tamilstars setzten sich dann laut eigener Aussage mit dem Staffelleiter Sven Schneeloch vom Fußballkreis Dortmund in Verbindung. Der habe einer Verlegung aber nicht zustimmen können. „Herr Schneeloch sagte, dass er es zwar bedauere, das Spiel aber nicht verlegt werden könnte“, so Ethirmanasingam.
„Aus Respekt“ gegenüber dem Todesfall habe sich der Verein dennoch dazu entschieden, nicht zu spielen. „Der Tod hat uns alle mitgenommen“, erklärt der Trainer. „Deshalb haben wir die Entscheidung so hingenommen.“ Ethirmanasingam gibt aber zu, dass er es schön gefunden hätte, wenn es die Möglichkeit gegeben hätte, das Spiel zu verlegen. Beide Partien wurden am Ende zugunsten der Westricher gewertet.
Staffelleiter Schneeloch erklärte die Entscheidung so: „Die Tamilstars hatten auf das Spiel verzichtet, weil sie einen Todesfall zu beklagen hatten. Theoretisch hätte man das Spiel bei Coronafällen oder so verlegen können.“ Und bei einem Todesfall? „Wenn das von irgendeinem der siebte Onkel ist, stellt sich die Frage, ob man darauf Rücksicht nimmt? Aber genauere Umstände dazu weiß ich nicht.“ Deshalb habe der Verband nicht anders entscheiden können.
Verstorben ist, das schrieb der Verein nach einer Facebook-Anfrage der Redaktion, die Mutter eines Mitspielers am Samstag. „Wir sind ein selbst gegründeter Verein, der aus ein engem Freundschaftskreis besteht, daher war es für uns gar nicht möglich die Spiele gestern anzutreten“, so die Erklärung.
Dass der Staffelleiter die genaueren Umstände nicht gewusst hätte, verneint der Verein. „Wir haben dem Staffelleiter den Spielerpass und den Spieler genannt und den Sachverhalt, auch wer verstorben ist, geschildert“, erklärte der Tamilstars-Trainer. „Sonst hätte man ja irgendwas erfinden können.“ Der Staffelleiter dagegen blieb trotz erneuter Nachfrage bei seiner Antwort. „Ich wusste, dass ein Familienmitglied eines Spielers verstorben ist, aber nicht wer“, sagte Schneeloch.
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