Bekannt für seine emotionalen Ansagen: Kölns Trainer Steffen Baumgart. © picture alliance/dpa

Fußball-Kreisliga

Dortmunder B-Liga-Trainer hält emotionalere Ansprachen als Steffen Baumgart

Ein Dortmunder B-Ligist ist stolz auf das, was ihn ausmacht. Der Trainer hält emotionale Ansprachen, ein ehemaliger Bezirksliga-Spieler wirbelt im Mittelfeld.

Dortmund

, 16.02.2022 / Lesedauer: 4 min

In den mittlerweile 41 Jahren seines Bestehens fiel ein Dortmunder Verein allenfalls in seiner unmittelbaren Umgebung auf. Das große Orchester ist seine Sache nicht. Leise geht es aber nicht immer zu bei den sonst eher unscheinbaren Grün-Weißen. Was Steffen Baumgart, Integration, Willkommenskultur und das Dorney verbindet, wissen sie im Westen zu erzählen.

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Michael Goldmann (54) hat den Sprung über die Stadtgrenze von SuS Wilhelmshöhe zu GW Kley gemacht, weil er erstens seinem Trainer Adalbert „Adi“ Komor folgen und ihn unterstützen wollte. Und: „Es reizte mich auch, den Verein einen Schritt nach oben machen zu lassen.“ Das ist das Ziel, seitdem der Vorstand den im Schatten von SuS Oespel-Kley ruhig, aber nicht ambitioniert lebenden Klub, wieder etwas beschleunigen wollte. Aber immer mit der Ruhe! Von Plänen wie bei den investierenden West-Klubs ist hier erst gar nicht die Rede.

Was Goldmann da wünscht, liest sich eher wie eine Reminiszenz an die Anfangszeiten des Amateursports: „Wir freuen uns schon über neue Trikots. Trainingsanzüge haben wir jetzt immerhin besorgen können. Sponsoren, die uns eine gute Ausstattung gönnen, suchen wir gerade.“ Ein neuer Trikotsatz fühlt sich auch für die ausbaufähige Juniorenabteilung mit B-, E- und F-Junioren schon an wie ein sportlicher Aufstieg.

Lebt GW Kley: Michael Goldmann. © Verein

Es dürften ein wenig mehr sein im Nachwuchsbereich als drei Altersklassen. Es dürfte ein wenig mehr sein als der sechste Platz der 1. Mannschaft in der Kreisliga B – genau genommen ein Platz: „Wir wollen noch an Sandzak vorbei. Die vorderen vier Teams bilden – wie in der Englischen Premier League – einen geschlossen Favoritenkreis, mir dem wir uns weder finanziell noch in der Breite messen können.“

Infrastrukturell aber schon, denn der Platz im idyllischen Dorney erfüllt alle Wünsche an einen gepflegten Untergrund. Aber mit einem Kunstrasen lockt kein Verein mehr ambitionierte Fußballer an. Da muss es schon mehr geben. Vielleicht ist es die angenehme Willkommenskultur, die doch ein paar begabte Fußballer für GW spielen lässt. Denn der Verein lässt die Spieler in Ruhe. „Zu uns kann jeder kommen, wir schicken niemanden weg. Wer nicht so gut ist, kickt eben in der Zweiten. Auch im Nachwuchsbereich freuen wir uns über jedes Kind“, lädt Goldmann Jung und Alt ein, einen entspannten Verein kennenzulernen.

Die Entspannung aber endet manchmal dann doch hinter der Kabinentür. Goldmann redet über die Ansprachen von Coach Komor so, als müssten Spieler Angst um ihre Trommelfelle haben. „Gegenüber Adi ist Steffen Baumgart harmlos.“ Komor sei ein Erlebnis: „Ich habe noch nie solche Ansprachen gehört. Wenn Adi mit seiner Motivation fertig ist, kommen ihm selbst die Tränen.“ Die Worte des auch am Spielfeldrand enorm umtriebigen Komor kommen offenbar an. Denn die No-Name-Truppe spielt eine gute Saison. „Wir haben nur gegen die oberen Teams verloren“, berichtet Goldmann. Ein Name sticht doch hervor: der ehemalige Bezirksliga-Kicker Juri Lefarov (31).

Trainer von GW Kley: Adalbert „Adi“ Komor. © Verein

„Unser Mittelfeldstratege!“ Goldmann ist sich sicher, dass der Zehner einige Ligen höher spielen könnte. Hier hat er aber sein Rund-um-Wohlfühlpaket. Im Profifußball reden sie aktuell wieder von Wertschätzung, die es doch hier und da schafft, Geld nur zweitrangig zu machen. Da es in Kley nichts gibt, versteht jeder, warum Lefarov trotzdem hier kickt, der einen Facebook-Eintrag liest wie: „Und wieder gilt: Wenn der Lefarov sich den Ball zum Freistoß schnappt, holt die Kamera raus. Sauber Junge!“ Goldmann setzt noch einen drauf: „Wir sind wirklich sehr stolz auf ihn.“

Dem Leistungsträger geht das runter wie Öl. Das reicht aber eben nicht jedem Fußballer, um glücklich zu sein. „Wenn wir von ambitionierten Neuzugängen reden, dann sind es Jungs, die ehrgeizig sind, die C-Liga zu verlassen“, sagt der Sportlicher Leiter und muss über seine eigenen Worte lachen. „Aber jeder Schritt nach vorne ist doch auch schön“, spricht er zum Gesprächspartner, aber wohl auch ein Stück zu sich selbst. Wenn ein Neuer wie Marcel Rottmann (21, VfR Kirchlinde III) jetzt gegen Westfalia Huckarde II jetzt das 3:1 erzielt, sind sie glücklich.

Der ehemalige Bezirksliga-Kicker Juri Lefarov (31). © Verein

Rottmann hat auch einen Schritt gemacht, in die harmonische obere Tabellenhälfte der B-Liga. „Das ist doch auch was.“ Wer bescheiden ist, freut sich eben über die einfachen Dinge.

Gar nicht mal so einfache Dinge sind es dann aber, die diesen nur überschaubar ambitionierten Verein attraktiv machen. Mit dem einen Grund, dass jeder in Kley Fußball spielen könne, hat Goldmann bereits den weitaus wichtigeren Anreiz genannt. „Unser Vorsitzender Kurt Brüggemann ist sehr sozial und integrativ engagiert. Er war während der Flüchtlingskrise vor ein paar Jahren so hilfsbereit und ist es immer noch. Er initiiert tolle Projekte. Daher spielen in unserem Verein Syrer und Menschen vieler Nationalitäten.“ Selbst Vaishnav Manna aus dem fernen Mauritius fühle sich im Kreis der bunten Grün-Weißen nicht wie ein Exot.

Fußball verbindet – wenn nicht hier, wo dann? Also haben sie doch einiges zu feiern, besonders sich selbst, wenn der Verein im Sommer nachträglich zum 40-Jahr-Jubiläum lädt. „Das können wir“, sagt Michael Goldmann diesmal ganz unbescheiden. Sonst aber bleibt es dabei: „Schritt für Schritt!“ Und manchmal ist der neue Trainingsanzug oder der zweite Trikotsatz sogar mehr wert als ein Platz unter den besten Vieren. Genau das macht GW Kley zu einem Verein, der viel spannender ist als sein Image. Zu diesem Image gehört dann aber, dass er dieses Image gar nicht unbedingt haben will.

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