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Die Saison wird gewertet, auch wenn ein Team nicht die Hälfte der Spiele absolviert hat
Fußball
Seit der aktuellen Spielzeit gibt es die 50-Prozent-Regel im Amateur-Fußball. Aber was bedeutet sie eigentlich? Nicht alle Fußballer wissen es.
Das Gespräch mit Alexander Enke ist exemplarisch für viele der vergangenen Wochen. „Ich hoffe einfach, dass wir eine komplette Hinrunde hinbekommen, damit die Saison gewertet wird“, sagt der Trainer des Fußball-Landesligisten Hombrucher SV. „Aber warum müssen wir denn dafür eine komplette Hinrunde spielen?“, frage ich ihn. „Weil ansonsten die neue 50-Prozent-Regel nicht greift“, antwortet er. „Ich glaube nicht, dass jeder eine Hinrunde komplett gespielt haben muss, damit wir Auf-und Absteiger haben“, entgegne ich.
Die 50-Prozent-Regel ist Teil der Spielordnung, in der zu lesen ist, dass 50 Prozent der Spiele absolviert werden müssen, damit eine Saison anhand der Quotientenregel gewertet werden kann. Die Regel wurde aufgrund der vergangenen Spielzeit installiert. Die wurde aufgrund der Corona-Pandemie abgebrochen und die Verbände wussten nicht, wie sie die Auf- und Absteiger bestimmen sollten.
Schließlich gab es keine Absteiger. Die Meister und die Halbzeitmeister stiegen auf. Um die Ligen aufzufüllen, durften auch noch Tabellendritte hoch, oder Mannschaften, die weder Erster waren noch Halbzeitmeister. Es war ein großes Durcheinander. Die 50-Prozentregel soll das in der Zukunft verhindern.
Aber was sagt sie jetzt aus? Das, was Alexander Enke glaubt, dass eine komplette Hinrunde her muss, damit eine Wertung stattfinden kann? Oder meine Variante, dass einfach 50 Prozent aller angesetzten Spiele absolviert sein müssen, egal, wie viele Partien eine Mannschaft überhaupt gespielt haben?
Manfred Schnieders klärt wie immer auf
Und wie häufig in letzter Zeit, musste Manfred Schieders kontaktiert werden, wenn es um Verbandsfragen geht. Der Vize-Präsident des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen (FLVW) ist das Sprachrohr des FLVW. Sein Telefon muss er täglich mehr als einmal aufladen, wie er der Redaktion in einem Interview verraten hat.
„Die Antwort ist einfach. Es ist keine komplett gespielte Hinrunde zwingend, damit die Saison gewertet wird. Die absolvierten Partien aller Mannschaften bis zum 30. Juni müssen einfach nur 50 Prozent aller Spiele ergeben. Damit ermitteln wir mit der Quotientenregel die Auf- und Absteiger. Es ist also egal, wie häufig eine einzelne Mannschaft gespielt hat“, klärt er auf.
Schnieders erklärt auch, warum es keine komplette Hinrunde sein muss. „Ansonsten könnten Vereine doch eine ganze Saison platzen lassen. Liegen sie vielleicht einen Spieltag vor Ende auf einem Abstiegsplatz und es fehlt noch ein Spiel, damit das Team die Hinrunde komplett hat, dann...“ Er hört auf zu reden und sagt weiter, dass er seine Vereine doch kenne.
Kein Ton zum umgekehrten Fall
Zu dem umgekehrten Fall möchte er sich nicht äußern. Also dieses mögliche Szenario: 50 Prozent aller Spiele sind schon erreicht. Die komplette Spielzeit wird aber nicht geschafft. Ein Team liegt zwei Spieltage vor Saisonende aufgrund des Quotientenregel auf Platz eins und kann nur noch eingeholt werden, wenn es zweimal verliert. Auch in diesem Fall könnte man sagen, wir kennen doch die Vereine. Schnieders schweigt aber.
Und Alexander Enke. Der ist überrascht, als er von den Ausführungen Schnieders hört. „Dass die Regel so ausgelegt wird, hätte ich nie gedacht. Aber jetzt weiß ich Bescheid.“ Und nicht nur er. Auch viele andere Fußballer, die die 50-Prozent-Regel anders verstanden hatten.