
© Dan Laryea
Der Wahnsinn von Mühlhausen: Söldes Tim Delker kann nicht nur eine Kuh totschießen
Fußball-Bezirksliga
Nach 45 Minuten war die Niederlage des VfR Sölde beim SSV Mühlhausen-Uelzen eigentlich schon besiegelt. Der Aufstiegsmitfavorit führte mit 3:0. Doch dann kam Söldes Stürmer Tim Delker.
45 Minuten lang sah es nach einem entspannten Sonntagnachmittag für den SSV Mühlhausen aus. Der Tabellenzweite und Aufstiegsmitfavorit dominierte zumindest ergebnistechnisch gegen den VfR Sölde und führte durch zwei Treffer von Mansoir Yousofi (13., 31.) sowie David Bernsdorf (40.) bereits mit 3:0. Und wohl kaum jemand hätte zu diesem Zeitpunkt nur noch einen Pfifferling auf die Mannschaft von Trainer Marco Nagel gesetzt.
„Wir haben Mühlhausen mehr oder wenig selbst zu den Toren eingeladen“, sagte Nagel nach aufreibenden 90 Minuten. War zumindest die 1:0-Führung noch nach einem sehenswerten SSV-Spielzug entstanden, lieferten die Sölder in der Folge ordentlich Unterstützung für die weiteren Gegentreffer.
Marco Nagel hält kurze Halbzeitansprache
Er habe seine Halbzeitansprache relativ kurz gehalten, sagte Nagel nach der Partie. „Ich habe meiner Mannschaft gesagt, dass sie von 15 bis 15.45 Uhr gar nicht da gewesen sei. Und dass wir die Angst ablegen sollen.“ Und er erinnerte sein Team noch einmal daran, was er am Tag zuvor in der Zeitung gelesen hatte.
„Vonseiten Mühlhausen sind da Aussagen in die Richtung gefallen, dass sie die drei Punkte schon im Sack hätten“, so Nagel. „Das hat uns natürlich angestachelt.“ Der Coach, der erst vor anderthalb Wochen das Amt von Sebastian Grundmann übernommen hatte, stellte von 4-2-3-1 auf ein offensiveres 4-4-2 um und brachte Tim Delker für Hendrik Hain. „Uns war klar: Entweder lassen wir uns hier abschlachten, oder wir kommen noch mal zurück.“
Tim Delker ruft sein Potenzial gegen Mühlhausen ab
Der VfR kam noch einmal zurück. Vor allem dank des eingewechsteln Tim Delker. „Tim ist ein Spieler, der großes Potenzial hat, auch sehr gut trainiert, es aber bislang nicht auf den Platz bringen konnte“, sagte Nagel. Er habe ihm in der Pause erklärt, „dass er das das zeigen soll, zu was er im Stande ist. Denn Tim ist einer, der eigentlich eine Kuh totschießen kann.“

Tim Delker war mit seinem Dreierpack der Mann des Tages. © Stephan Schuetze
Was Nagel da etwas martialisch beschrieb, zeigte der 22 Jahre alte Stümer des VfR Sölde dann tatsächlich in den zweiten 45 Minuten. Ausgestattet mit einem explosiven Antritt, einer großen Dynamik und einem guten Torabschluss drehte Delker die Partie fast im Alleingang.
Schneller Anschlusstreffer direkt nach der Pause
Bereits fünf Minuten nach Wiederanpfiff erzielte er den wichtigen Anschlusstreffer zum 1:3. „Da hatten wie wieder die Hoffnung, hier doch noch etwas mitnehmen zu können“, sagte der Mann des Tages über seinen ersten Saisonstreffer. In der 67. Minute war sie dann sogar greifbar, nachdem Innenverteidiger Boris Mihajlovic mit einem Lupfer aus 20 Metern auf 2:3 verkürzt hatte.
Beim VfR gab es in der Folge kein Halten mehr, die Mannschaft drängte zunächst auf den Ausgleich, den der überragende Tim Delker mit einem überlegten Schuss ins lange Eck besorgte (82.). Drei Minuten später versetzte der 22-Jährige die Sölder dann in einen kollektiven Freudentaumel. Aus halbrechter Position, auf Höhe des 16-Meter-Raums, zirkelte Delker den Ball passgenau in den Winkel zum 4:3.
Torabschluss statt Flanke
„Ich wollte eigentlich eine Flanke schlagen, habe aber dann gesehen, dass der Torwart einen Schritt nach vorne gemacht hat“, sagte er. Er versuchte es mit dem Abschluss, SSV-Keeper Robin Mersewinkel-Risse blieb ohne Chance. „Wir hoffen, dass der Knoten bei ihm jetzt endgültig geplatzt ist“, sagte sein Trainer Marco Nagel.
Auch Delker wünscht sich, „dass der Ball bei mir jetzt endlich ins Rollen kommt“. Zumal er die ersten drei, vier Wochen nach seinem Wechsel aus Unna nach Dortmund „Anlaufschwierigkeiten“ gehabt habe, so Delker.
Nagel: „Wir waren heute dran“
Dass Delker sein Potenzial jetzt dauerhaft abruft, dürfte auch den Vorstellungen von Marco Nagel entsprechen. Für den Trainer des VfR Sölde war es übrigens der erste Sieg in seiner noch kurzen Amtszeit. „Aber ich habe der Mannschaft schon vor dem Spiel gesagt, dass wir heute dran sind. Mein erstes Spiel gegen Hannibal habe ich verloren, im Pokal gegen Germania hat es - auch wenn wir im Elfmeterschießen ausgeschieden sind - zu einem Unentschieden gereicht. Da war jetzt einfach ein Sieg dran.“
Viel wichtiger sei der dieser Sieg aber ohnehin für den Verein gewesen. Man könne jetzt etwas ruhiger arbeiten, sagte Nagel. In der Tabelle kletterte der VfR mit nun zwölf Punkten auf Platz sechs. Einziger Wermutstropfen: Miguel Simoes dos Santos verletzte sich in einem Zweikampf schwer am Knöchel und droht für die kommenden Wochen auszufallen.