Westfalia Wickede. Wer es mit diesem Traditionsverein hält, dem wird angst und bange. Dabei war die Westfalia vor ein paar Jahren eine ganz heiße Nummer. Wer Typen wollte, die sich für ihren Verein in einer prickelnden Atmosphäre zerrissen, war am Fränkischen Friedhof genau richtig. Eindrucksvoll machten sie den zunächst im zugigen Wind am Flughafen fast schon unwirtlichen Platz zu einem Hexenkessel.
Städter stand für Wickede
Mittendrin Marcel Städter (heute 36), der einen Namen trug, der den Wickeder Fußball bestens charakterisierte. Er war, seit der Ex-Profi Martin Wiercimok und damalige Co-Trainer ihm den Namen gab: der „Metzger“. Marko Schott war der Trainer, der die Wickeder zunächst am alten Platz unten am Hellweg in der Bezirksliga übernommen hatte und von 2006 an in vier Jahren in die Westfalenliga führte.
Nun ja, es war nicht der Fußball, den der innovative Hannes Wolf in Aplerbeck spielen ließ. Wickede vertraute länger dem Libero mit Manndeckern. Und das funktionierte eben gut, weil der Metzger gegen den Mann kompromisslos war. „Haut schön dazwischen, roter Kopf, Blutdruck, daher passt der Name wie angegossen“, sagte Schott einst.
Ein Häuschen in Massen
Marcel Städter, und das ist für die Zeit damals gar nicht mal untypisch, langte auf dem Platz gerne hin, war aber außerhalb einer der liebsten Menschen der Welt, einer, auf den immer Verlass war. Früher arbeitete er für Mercedes, heute ist er bei Rewe als Facility Manager nachgefragter Ansprechpartner.
Mit Frau Daniela und dem kleinen Moritz hat er sich ein Häuschen in Unna-Massen erworben. Zum Fußball hat er eine gewisse Distanz aufgebaut, selbst wenn Schott nicht müde werde, seinen alten Verteidiger für seinen aktuellen Klub SV Afferde anzuwerben. „Nein, nein, ich habe zwar früh mit 30 aufgehört, aber für meinen Körper und für meine Familie war das genau die richtige Entscheidung.“
Städter lässt sich im Gespräch gerne von seiner Gattin Daniela soufflieren, die wie er mächtig Spaß an den Erinnerungen an das wilde Wickede hat. „Die Daten kennt sie besser als ich“, scherzt der Metzger, der bei Rewe nie hinter der Fleischtheke stand. Der Wickeder Junge blieb seinem Verein treu, ehe er im Herbst seiner Karriere 2015 zum VfL Schwerte wechselte. „Ich habe den Aufschwung voll mitbekommen“, erzählt er.
Und dass die Wickeder wie kaum ein anderer Klub solch eine Identifikation vorlebte, lag an solchen Eigengewächsen, deren Hauptqualitäten Wille und Kampf war. Aber tatsächlich werden diese naheliegenden Qualitäten dem Publikumsliebling, dem die Westfalia-Fans sogar Plakate widmeten, nicht alleine gerecht.
Marcel Städter hatte einen enormen Instinkt, der zu einem starken Stellungsspiel führte, einen Klasse-Kopfball und eben auch die Flexibilität, um die späte Wickeder Umstellung auf die Viererkette mitzumachen. Jetzt war er nicht mehr Manndecker, sondern Innenverteidiger.
Ihm war es egal, wie sich das Kind schimpfte, dank seiner Kompromisslosigkeit blieb er Respektsperson für die gegnerischen Stürmer. „Die hatten es nicht leicht gegen mich, weil ich austeilen konnte, aber zum Glück habe ich nie jemanden ernsthaft verletzt.“
Marcel Städter war ein Spielertyp, wie gemacht für die unvergesslichen Freitagabende, wenn die Westfalia in der Landesliga und ab 2010 in der Westfalenliga „hochfuhr“, wie Marko Schott die Intensität beschrieb, mit der Wickede unter Flutlicht selbst stärkste Gegner in die Knie zwang. Es muss im Kleinen in etwa so gewesen sein, wenn die feinen Bayern früher auf den heißen Lauterer Betzenberg mussten.
Viele Höhepunkte im Fußballer-Leben
„Wickede, Wickede!“ Im Stakkato feierte das Publikum mit den Spielern im Vereinsheim sich und den Verein. „Das war wirklich eine tolle Zeit. Wenn wir spielten, war es Freitagabend immer sehr emotional. Auch wenn es nur nach dem Abschlusstraining war, galt der Freitag als Höhepunkt des Vereinslebens für uns. Da kamen alle zusammen. Oben auf dem Fernseher lief Fußball. Am Tresen und an den Tischen haben Spieler und Vereinsmitglieder bis in die Puppen gespielt oder einfach geredet.“
Typen bei Westfalia Wickede
Die Konstante in einem Verein, der irgendwann auch Externe holen musste, um konkurrenzfähig zu bleiben, hieß Marcel Städter. „Nur mit mir wäre das aber auch nicht gegangen. Daher war es äußerst wichtig, dass wir damals Danny Baron aus Hombruch für die Position neben mir geholt hatten. Anil Konya kam ja auch, aber wir hatten auch davor neben echten Typen wie den Wickedern Marko und Christian Fröse auch Leute, die von jetzt auf gleich die Westfalia lebten. Die Tore von unserem heißblütigen Roman Schymanietz, der Einsatz von Andreas Toetz und der Esprit weiterer Talente wie Marco Dej oder Matieu Bengsch machte aus uns eine starke Mischung.“
In Wickede geht es bergab
Fast wären die Wickeder 2015 sogar in die Oberliga aufgestiegen. Im Entscheidungsspiel in Recklinghausen unterlag die Westfalia dem SV Schermbeck aber klar mit 0:3. Danach ging es stetig bergab. Zwar hielt sich Wickede, auch dank der großzügigen Regeln während Corona bis 2022 in der Westfalenliga.
Der Verein war aber nicht mehr wiederzuerkennen. „Ich glaube, dass mit dem Abgang von Klaus-Dieter Friers alles begann“, blickt Städter auf den Abschwung traurig zurück. „KD hatte alles und alle zusammengehalten. Traurig, was dann aus der Westfalia geworden ist.“

Marcel Städter erlebte das nur noch aus der Ferne mit. Ihm blieben Erinnerungen an besondere Momente: „Die Aufstiege mit den Party, aber auch der Titel in der großen Westfalenhalle“ lassen den „Metzger“ noch heute ganz sanft glücklich über die „tolle Zeit in Wickede“ denken. „In der Halle“, erinnert er sich voller Spaß“; brauchten sie mich immer in Vor- und Zwischenrunde, wenn alle im Urlaub waren. In der Endrunde aber haben sie mich draußen gelassen. Ich gebe zu: zu Recht!“
Marcel Städter mit vielen Freundschaften
Ab und an lässt er sich noch auf den Plätzen blicken. „Wickede ist natürlich mein Verein, selbst wenn ich in der Jugend mal beim VfR Sölde und beim Hörder SC, später in Schwerte war. Ich finde es aber viel schöner, dass wertvolle Freundschaften geblieben sind. Roman Schymanietz und ich sind Paten unserer Kinder.“ Wenn sie dann so zusammen sind, die Städters und die Familie Schymanietz, dann sind Begriffe wie kompromisslos und heißblütig ganz weit weg.
„Aber den Namen Metzger werde ich nicht mehr los. Den finde ich aber auch gar nicht schlimm.“ Marcel Städter ist ein glücklicher Mensch, aber als echter Wickeder bleibt der Wunsch: „Die Westfalia muss wieder auf die Beine kommen. Das ist so ein toller Verein. Aber ich kann leider nicht zaubern.“ Das muss ein Metzger auch nicht können.
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