Wie hier beim Rollstuhlbasektball der RGB51 ist der Mindestabstand nicht einzuhalten, wie auch weitergehende Vorgaben für die Nutzung der Sportgeräte. © Opitz
Behindertensport und Corona
Wie schwer ist es eigentlich für den Behindertensport in der Corona-Zeit?
Während viele Sportler und Vereine nach den Lockerungen wieder ins Training einsteigen und passende Hygienekonzepte erstellen, sieht die Situation beim Behindertensport anders aus.
Seit Mitte Juni gibt es weitere Lockerungen für den Sport unter den Vorgaben zu Coronazeiten. Doch bei aller Freude bei Verbänden, Vereinen und Sportlern ist die Skepsis noch groß – vor allem im Behindertensport. Leider ist diesem Sportsegment im Kontext von Corona wenig Beachtung geschenkt worden. Und das, obwohl der Sport mit Menschen mit Beeinträchtigungen oder auch der Rehabilitationssport neben dem Fokus auf die jeweilige Sportart vor allem wichtige soziale Aspekte innehat.
Viele Sportler gehören zu den Risikogruppen
Dazu kommt noch, dass viele Sportler zu den gefährdeten Risikogruppen gehören. Auf der anderen Seite fehlt es oftmals an passenden Coronaschutzvorgaben oder speziellen Hygienekonzepten für Menschen mit Beeinträchtigungen. Diese müssen individuell, mit großem Aufwand vonseiten der Vereine oder Verbände erarbeitet werden.
Doch oftmals lassen sich Theorie und Realität nicht vereinbaren – wie beispielsweise Sportler mit starker Sehbeeinträchtigung, die Begleitläufer benötigen oder bei schweren Behinderungsformen die notwendigen Assistenzkräfte. "Alle Hygienekonzepte gehen von Menschen ohne Behinderung aus und auch die Idee von Onlineangeboten ist hier oftmals nicht möglich oder gar schädlich", so Petra Opitz, Geschäftsführerin der Reha- und Behindertensport-Gemeinschaft Dortmund 51 (RBG 51).
Spezielle Hygienekonzepte müssen erst erstellt werden
Der Verein hat insgesamt 24 Sportgruppen für körperlich und kognitiv Beeinträchtigte, Rehasport, Lungensport und einem Parkinsonkurs. Alle Angebote ruhen seit dem 16. März und seit dem 8. Juni läuft der Testbetrieb für Parabadminton und Paratischtennis. Anfangs habe man sich mit dem Lockdown wohlgefühlt, da man zum Schutz der Schutzbedürftigen und Risikogruppe beitrage. Doch nach vier Woche kippte die Stimmung, da vor allem die sozialen Kontakte fehlten.
"Sport ist für viele Menschen mit Behinderung ein wichtiger Teil ihre Lebens und wichtig für die Teilhabe und das soziale wie emotionale Gefüge", erklärt Opitz. Dabei betont Opitz, dass der Bereich der Digitalisierung nicht für alle zugänglich ist. Neben der Zugänglichkeit und Handhabe von Onlineangeboten, habe man mit der Kassenärztlichen Vereinigung klären müssen, ob man Onlinekurse überhaupt anbieten darf.
Man muss sich individuell auf die Sportler einstellen
So sei dies für Menschen mit Herzerkrankungen verboten und bei Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung müsse die Anleitung und Begleitung gesichert sein – was mit dem Kontaktverbot schwer zu vereinbaren sei. "Man muss immer individuell auf jeden Sportler und seine aktuelle Gefühlslage eingehen. Und das ist online schwierig", hält Opitz fest. Aktuell erstellt die RGB 51nach und nach für alle 24 Sportgruppen in sechs Sporthallen separate Hygienekonzepte.
Es bliebe aber das Problem der Spezifika der Sportler nach den aktuellen Auflagen: Ein Rollstuhlsportler kann ohne Hilfe nicht vom Alltags- in den Sportrolli wechseln, einige Sportler benötigen "offizielle Begleitungen" oder "Familienunterstützende Dienste", gelegentlich muss ein Katheder gewechselt werden, ein Assistenzhund folgt oder die Menschen dürfen erst gar nicht das Wohnheim verlassen. Somit bleibt der Blick auf die Lockerungen ein kritischer.
"Die Gesundheit der Sportler steht über allem"
Ähnlich sieht dies bei den "Special Olympics" als Verband der Sportler mit geistiger und mehrfacher Beeinträchtigung aus. "Wir haben versucht, möglichst viele Infos in Leichter Sprache weiterzuleiten und haben oftmals die Rückmeldungen bekommen, dass vor allem die sozialen Kontakte fehlen und man sich isoliert fühle", erklärt Marc Becker, Special Olympics. Insgesamt 40 Veranstaltungen musste der Verband absagen und hat versucht mit Onlineangeboten, wie Fitnesskursen oder Yoga, den Kontakt zu den Sportlern zu halten.
Ein Bild aus Vor-Corona-Zeiten: Tennis-Athletentraining mit dem French-Open Gewinner im Doppel, Andreas Mies, und Sophie Rensmann. © SPINDELNDREIER
Nun man plane neben einem erstmaligen Sommerferienprogramm bereits für den Herbst ein Radsport- und ein Tennisevent in Dortmund. Gerade Tennis stellt hier eine positive Ausnahme dar. Denn mittlerweile findet bei der TSC Eintracht wieder Training statt. "Meine Freunde in der Mannschaft fehlen mir sehr! Ich hoffe, dass es bald wieder normal weitergeht", so Sophie Rensmann von der TSC und 2019 bei den Special Olympics Weltspielen Bronzemedaillengewinnerin im Tennis.
Sie hat sich mit Workouts und Radtouren sowie Onlinetraining fit gehalten und arbeitet nun seit Mitte Mai auf die Wettbewerbe im Herbst hin. Es bleibt aber abzuwarten, ob die Lockerungen und die entsprechenden Spezifika im Behindertensport Bestand haben. "Die Gesundheit der Sportler steht über allem", so Becker.
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