Die Sporthallen blieben über Monate leer. © picture alliance/dpa

Amateursport

Dageblieben statt ausgetreten - zwei Dortmunder Klubs trotzen Mitgliederschwund

Der Mitgliederschwund im Corona-Jahr 2020 macht Dortmunds Sportvereinen große Sorgen. Zwei Klubs melden in diesen Tagen jedoch auch positive Zahlen. Wie ist das passiert?

Dortmund

, 25.01.2021 / Lesedauer: 5 min

Das Corona-Jahr 2020 hat einigen Klubs viele Mitglieder gekostet. Die Sportvereine machen sich Sorgen um ihre Zukunft. Zwei Dortmunder Klubs melden nun aber auch positiven Zahlen.

Petra Kober und Christian Podszuk sind Überzeugungstäter im besten Sinne. Sie ist Hockey-Jugendtrainerin bei TSC Eintracht, er stellvertretender Leiter der Basketball-Abteilung im TVE Barop. Und beide haben von einem Mitgliederschwund noch nichts zu spüren bekommen - das Gegenteil ist der Fall.

Mathias Grasediek, Geschäftsführer des Dortmunder Stadtsportbundes, erkennt darin viele Sportlerinnen und Sportler wieder: „Auch wenn die Mitgliederzahlen für das Jahr 2020 noch nicht komplett vorliegen, beobachten wir aber doch eine sehr, sehr gute Haltung bei ganz vielen Mitgliedern in Dortmunder Vereinen, die spüren, dass es gerade besonders darauf ankommt, ihrem Verein treu zu bleiben.“

Für TSC-Jugendtrainerin Petra Kober hat sich aber auch das Engagement in ihrer Abteilung ausgezahlt. „Natürlich haben wir viel Unterstützung vom Gesamtverein bekommen. Wir haben uns aber auch in unserer Abteilung zusammengetan, haben an den Möglichkeiten gefeilt, damit die Leute nicht austreten, sondern dabei bleiben.“

Hockey bei der TSC Eintracht ist im Aufwind. © Dan Laryea

Schon im ersten Lockdown habe die Hockeyabteilung, sobald kein Kontakt-Training mehr möglich war, Teams und Trainer wöchentlich mit Trainingsplänen versorgt. „Wir haben die förmlich zugeworfen mit passendem Material und gezeigt wie Hockey auch zu Hause im Garten, in der Wohnung oder auf dem Balkon geht. Mit Kleinen und Großen haben wir alles gemacht, was zusammenhält. Und das war der richtige Weg. Dass wir das Jahr in der Hockey-Abteilung mit einem Mitglieder-Plus von elf Prozent abschließen, zeigt das deutlich.“

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Das Ziel für 2020 war vor Corona formuliert worden: Die TSC-Hockeyabteilung wollte über die 300-Mitglieder-Grenze springen. „Jetzt ist uns das trotz Corona gelungen“, sagte Petra Kober. „Schon verrückt.“

Verrückt findet Christian Podszuk auch manchmal die Begeisterung vieler Dortmunder Schulen für den Basketball. „Noch im Herbst kam eine Schule auf uns zu und wollte mit uns eine Basketball-AG nach den Herbstferien beginnen. Wir haben uns auch sogar noch zusammengesetzt. Zustande gekommen ist die AG aus Vernunftsgründen zwar dann doch nicht. Aber es zeigt, wir sehr die Sportart wahrgenommen wird.“

Die Basketballer des TVE Barop sind in Dortmund eine Marke. © Stephan Schuetze

Für Podszuk zahlt sich der enge Kontakt, den die Basketballer des TVE Barop seit Jahren zu den Schulen der Stadt halten, jetzt nochmal besonders aus. Mit über 450 Aktiven steht der TVE Barop im Ranking der größten Basketballvereine in Deutschland auf Platz 15 und hat im Jahre 2020 sogar noch ein Mitgliederplus erzielt.

Trotz der Treue zum Basketball in Dortmund hält Podszuk gerade jetzt besonders große Anstrengungen für nötig, um seinen Sport präsent zu halten. „Der erste Lockdown hat uns gerade mal fünf Spieltage gekostet. Das fühlte sich noch an wie eine vorgezogene Off-Season. Aber jetzt fällt ja eine Saison, die eigentlich hätte weitergehen sollen, komplett aus. Das stürzt einen schon in ein Loch, weil gerade alles fehlt, wofür wir antreten. Da fällt es vielen schwer, sich für etwas aufzuraffen, weil es gar kein Ziel vor Augen gibt. Unsere nächste Saison beginnt bestenfalls im September. Das ist noch lange hin.“

Für Podszuk steht die Corona-Bilanz noch bevor: „Erst wenn die Hallen wieder auf sind, wenn wir uns das erste Mal wieder treffen, dann stellen wir fest, wer wirklich noch dabei ist. Vielleicht auch erst nach dem dritten oder vierten Training. Denn wenn man ein gefühltes Jahr nur wenig gemacht hat, dann klappt vieles vielleicht auch nicht mehr so gut wie vorher, dann tun viele Schritte auf einmal weh, gelingen Würfe nicht mehr so einfach. Dann können wir nochmal Bilanz ziehen.“

Abgänge nicht kompensiert

Die erste Mitgliederbilanz, nämlich die für das Jahr 2020, wird für Dortmund noch ein paar Wochen auf sich warten lassen. Stadtsportbund-Geschäftsführer Mathias Grasediek greift aber schon etwas vor: „Wir erwarten, dass ein Großteil der normalen Abgänge, die wir jedes Jahr haben, nicht durch Neueintritte aufgefangen werden können.“ All die potenziellen neuen Vereinsmitglieder mit guten Vorsätzen fürs neue Jahr sehe man jetzt alle am See und im Wald, aber weniger als Neumitglieder in den Vereinen.

Was er über das Jahr in Dortmunder Vereinen beobachtet hat?

- Outdoor-Sportarten haben es wohl noch etwas leichter gehabt, weil sie einfach länger ausgeübt werden konnten. Viele Wettkampfsportarten in der Halle, vor allem die mit viel Körperkontakt hatten hingegen mehr zu kämpfen.

- Andererseits stellen wir aber fest, dass gerade dort, wo es für Mannschaftsportarten besonders schwierig war, der Zusammenhalt innerhalb des Teams auch über den reinen Spielbetrieb hinaus besonders groß ist.

- Wenn keine Perspektive da ist, dann tut man sich natürlich auch unglaublich schwer mit irgendwelchen Durchhalteparolen.

Grasediek richtet den Blick aber gar nicht so sehr auf das Zahlenwerk, dessen Vorlage bevorsteht, sondern auf die nahe Zukunft. „Dass die Politik jetzt gerade nicht noch zig Lobbyisten auch aus dem Sport mit ganz verschiedenen Ideen in ihre aktuellen Entscheidungen einbindet, kann ich absolut verstehen.“

Aber es gebe auch Themen, über die man schon jetzt reden sollte. Nämlich wie es nach Corona weitergehen soll. Wie sieht der Wiedereinstieg aus? „Da wäre es schon gut, das haben wir aus den letzten Monaten gelernt, wenn politische Beschlüsse, die ab Montag gelten sollen, nicht erst am Freitag bekanntgemacht werden. Das würde auch ganz viel Druck von den Ehrenamtlichen nehmen, die ja in den meisten Fällen die sind, die die Dinge dann umsetzen müssen.“

Und noch etwas wünscht sich Grasediek: Eindeutige und verständliche Vorgaben aus der Politik. „Auch das würde die Umsetzung in den Vereine stark vereinfachen. Das sollte beim zweiten Wiedereinstieg besser werden. Denn letztlich führt Klarheit auch dazu, dass die Menschen wieder positiv nach vorne sehen.

Wir sind ja alle Sportler. Und wir sind immer positiv. Das macht uns aus. Aber trotzdem muss man diese Haltung auch unterstützen.“

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Mit seinem Wunsch nach Klarheit und Planbarkeit hat Grasediek insbesondere die vielen kleinen Vereine im Blick, die die breite Mehrzahl sind. „Da sind nur Ehrenamtliche und keine Hauptamtlichen in der Verantwortung. Und die brauchen eindeutige Regeln und zeitlichen Vorlauf, um die Dinge in ihrem Verein wieder auf den Weg zu bringen.“ Um die wenigen Großvereine in der Stadt mache er sich da weniger große Sorgen, sagt Grasediek. „Die kriegen das mit ihrem Knowhow sehr gut geregelt.“

Aber das Rückgrat der Vereinslandschaft seien nun mal die vielen kleinen Klubs mit 150 bis 500 Mitgliedern. „Das sind die, die in der Breite all die Jugendlichen binden, die eben keine Lust haben in der 6. Mannschaft eines Großvereins zu spielen, sondern in der 1. ihres Heimatklubs um die Ecke. Und diese Vereine brauchen jetzt Unterstützung, um sie zu erhalten und damit wir in Dortmund da weiterhin breit aufgestellt bleiben.“

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